FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

vertrieb & praxis I debatte| edouard carmignac & edward bonham car ter 228 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 Foto: © Guy Bell W ährend andere Fondshäuser sich im Finanzzentrum der City of London und um Canary Wharf herum drängeln, setzt sich Jupiter Asset Management ab. Das Haus bevorzugt das touristische Herz der Stadt und zog in das neue „Zig Zag Building“ – eine trendige, verschachtelte Architektur mit geschwun- gener Glasfassade. Schräg gegenüber liegt die Westminster Cathedral, ein paar Ecken weiter residiert die Queen im Bucking- ham Palace. Jupiter hatte gemeinsam mit dem französischen Haus Carmignac in seinen Hauptsitz geladen: Jupiters Vize- Verwaltungsratspräsident Edward Bon- ham Carter diskutiert mit Edouard Carmi- gnac über die Zukunft der Fondsindustrie. Die Diskussion in Auszügen. Kritiker bezweifeln die Leistung, die aktive Fondsmanager liefern – gera- de im Vergleich zu börsengehandelten Indexfonds. Was entgegnen die Invest- ment-Veteranen dieser Kritik? Edward Bonham Carter: Die Diskussion um aktives oder passives Investment wird sich fortsetzen. Der Anteil an ETFs hat beachtliche Ausmaße erreicht und wird weiter wachsen. Demgegenüber erweisen sich viele aktive Ma- nager als Indexschmuser, wenn man ihre Port- folios genauer analysiert. Sie weichen nur in geringem Maße von der Sektorgewichtung ih- res Vergleichsmaßstabs ab. Das wird sich für diese Manager als echtes Problem entpuppen, zumal die Gebühren das Fünffache oder mehr eines ETFs betragen. Die Diskussion um aktives versus passives Anlegen wirft außer- dem eine philosophische Frage auf: Wer setzt eigentlich die Preise am Markt, wenn der An- teil passiver Produkte weiter zunimmt? ETFs verfolgen per Definition eine Momentum- Strategie. Aber es bedarf einer gewissen Basis an wirklich aktiven Produkten, um einen funktionierenden Markt zu erhalten. Wann ist diese Schwelle überschritten? Ich vermute, dass wir ab 40 Prozent Passivanteil seltsame Effekte an den Börsen erleben werden. Edouard Carmignac: Passive Instrumente könnten gewiss Marktstörungen hervorrufen. Aber was das Wachstum der ETFs angeht, bin ich pessimistischer. Ich betrachte sie als typi- sches Phänomen eines Bullenmarktes. Sie sind Kinder des Aufschwungs an den Börsen der vergangenen Jahre. Wenn die Entwick- lung wieder richtig holprig wird oder die Stimmung gar in einen Bärenmarkt dreht, dann werden ETFs ihren Reiz verlieren. Während Jupiter den Fokus auf eine eingehende Aktien- und Kreditanalyse legt und darauf Anlagestrategien auf- baut, blickt Carmignac eher auf globale volkswirtschaftliche Entwicklungen. Welcher Ansatz ist überlegen? Bonham Carter: Es gibt verschiedene Wege zum Gipfel. Ich denke, kein Manager wird behaupten können, den allein selig machen- den Weg gefunden zu haben. Jedes Haus muss für sich entscheiden, wo es seinen Vor- teil sieht. Das wird für die Branche eine große Herausforderung. Es gibt Phasen, da sind manche Stile außer Mode, etwa Value. Doch nach langem Warten schlägt ihre Stunde, während andere längst die Geduld verlo- ren haben. Daher ermuntern wir in unse- rem Haus, verschiedene Stile zu pflegen. Carmignac: Aus meiner Sicht braucht man sowohl die makroökonomische Per- spektive als auch die Einzeltitelanalyse. Fondsmanager dürfen nicht den Kontakt zu den Unternehmen verlieren und dazu, was in der realen Welt los ist. Für eine Gesellschaft unserer Größe ist es aber na- hezu unmöglich, den ganzen Globus per Bottom-up-Analyse abzudecken. Daher versuchen wir, langfristige Trends zu identifizieren und ihr Potenzial auszu- schöpfen. Ein Beispiel sind die Folgen der demografischen Entwicklung. Steigende Kosten und die Konkurrenz durch ETFs schmälern die stattlichen Margen imAsset Management. Exper- ten erwarten eine Konsolidierung. Be- sonders mittelgroße Häuser stehen unter Druck, oder? Bonham Carter: Das Spannende an der Fondsindustrie ist, dass die Größe eines Anbieters nicht direkt mit der Profitabilität zusammenhängt. Selbst wenn ein Haus ein Billionenvermögen verwaltet: Das heißt noch lange nicht, dass die Fonds auch einträglicher sind – für den Anbieter geschweige denn die Kunden. Größe und Ertrag bedingen einander nicht, anders als etwa in der Autoindustrie. Dort stehen Stückkosten und Produktions- volumen in unmittelbarem Zusammenhang. Wer mehr Autos produziert, verdient durch die Skaleneffekte mehr Geld. In unserer Bran- che geht es vielmehr um Talent. Unser Haus versucht daher, ein Umfeld zu schaffen, in dem die besten Talente arbeiten möchten. Carmignac: Dem stimme ich zu. Und man muss den Leuten zugestehen, dass sie zeit- weise auch mal falschliegen … Bonham Carter: Ja, lieber Edouard. Aber die Frage ist: Wie lange? (lacht) Zwei Investmentprofis und langjährige Leiter namhafter Fondshäuser treffen aufeinander: Edward Bonham Carter, Vize-Verwaltungsratschef von Jupiter Asset Management , diskutiert mit Edouard Carmignac , Gründer und Chef von Carmignac Gestion , über den Nutzen aktiver Manager, den besten Investmentstil und die Folgen der Digitalisierung. „Viele Fondsmanager erweisen » Wir werden deutlich mehr Direktkunden haben müssen. Anleger werden viel stärker unse- re Investmentexpertise konsultieren und selbst über den Kauf oder Verkauf unserer Produkte entscheiden. « Edouard Carmignac, Carmignac Gestion

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