FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

K aum ein Tag vergeht, ohne dass ein Kre- ditinstitut verkündet, Geschäfts- stellen schließen zu wollen. Regel- mäßig erregen solche Pläne den Unmut von Kunden und Mitarbeitern., und auch die Politik ist nicht immer einverstanden. So or- ganisierten Ortsbürgermeister aus der Region Hof im vergangenen Jahr Unterschriftenaktio- nen und Demos, um gegen die Schließung von neun Geschäftsstellen der Sparkasse Hochfranken zu protestieren. Genutzt hat es nichts – die Filialen machten dicht. In anderen Städten wiederum unterstützt die Politik sogar die Sparpläne. So trägt Regensburgs Ober- bürgermeister JoachimWolbergs die Entschei- dung der örtlichen Sparkasse mit, ein Drittel der Filialen aufzulösen. „Wenn die Filialen nicht mehr schlagkräftig sind, macht es wenig Sinn, sie zu erhalten. Das ist ja ungefähr so unsinnig, wie wenn jedes Dorf meint, es bräuchte eine eigene Polizeiinspektion. Das bringt nichts“, zitierte ihn die örtliche Presse. Kein Ende in Sicht Ob mit oder ohne Wider- spruch: Der Trend zur Schlie- ßung von Filialen ist nicht mehr aufzuhalten. Dies belegt auch die aktuelle Statistik der Deutschen Bundesbank (siehe Grafik). Die Zahl der sogenannten Bankstel- len – also die Hauptquartiere der Kreditinstitute mit ihren dazuge- hörigen Zweigstellen – ist seit dem Jahr 2007 um mehr als 6.000 auf rund 36.000 gesunken. Das bedeutet einen Rückgang um rund 15 Prozent. Die Zukunft malt ein noch düsteres Bild. So will die Deutsche Bank bis 2018 rund 220 ihrer Filialen dichtmachen, und innerhalb der Sparkassenorganisation stehen rund 550 an- gekündigte Auflösungen an. Auch die Kunden des genossenschaftlichen Sektors wird es hart treffen. „In den nächsten drei Jahren werden zehn bis zwanzig Prozent aller Bankstellen wegfallen“, erklärt Uwe Fröhlich, Chef des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, die derzeit noch über rund 12.700 Filialen verfügen. Für die gesamte Branche prognostizie- ren die Analysten der DZ Bank, dass die Zahl der Geschäfts- stellen bis zum Jahr 2030 unter 20.000 sinkt. Das be- deutet, dass über 16.000 Bankfi- l i a l en auf- gegeben und mehr als 100.000 Mitarbeiter zumindest ihre ange- stammte Arbeitsstätte verlieren wür- den. Laut den Experten der genossenschaftli- chen Zentralbank sprechen insbesondere zwei Gründe für den Aderlass: Zum einen können reine Onlinefinanzdienstleister viel kosten- günstiger agieren, zum anderen nimmt die Rentabilität der gesamten Branche vor allem aufgrund der sinkenden Zinsmarge ab. Nicht zuletzt mindern auch die Kosten für die Umsetzung der gestiegenen regulatorischen Anforderungen den ohnehin schon spärlichen Gewinn. Kritik von der Gewerkschaft Der betriebswirtschaftliche Sinn von Filial- schließungen erschließt sich jedoch nicht jedem auf den ersten Blick. Insbesondere von Gewerkschaftsseite hagelt es Kritik. „Es ist ein Fehler, wenn Banken ihr Filialnetz zu sehr ausdünnen. Jedes Mal gehen Kundenbezie- hungen auf Dauer verloren, man schwächt die Basis, das eigene Geschäftsvolumen auszu- weiten“, sagt Mark Roach, Gewerkschafts- sekretär bei Verdi. „Viele Banken und Spar- kassen sitzen einem Irrtum auf, der ihnen von interessierten Beratern eingeredet wird. Die Verantwortlichen verweisen immer auf die – zugegeben beträchtlichen – Kosten des Filial- systems und blenden dabei aus, dass die Fi- lialen Grundlage für die enge Kun- denbeziehung und damit Voraus- setzung für sehr viel lukrati- vere Konditionen sind.“ Nicht alle Filialen sind von der Ratio- nalisierungswel- le in gleichem Maße betroffen. Vor allem kleinere Einheiten mit ma- ximal vier bis fünf An- gestellten sind gefährdet. Ganz schlechte Karten haben die „Minis“. „Im Filialnetz der Zukunft bereiten vor allem die Kleinstfilialen mit ein bis zwei Mitarbeitern, die sich häufig in klei- nen Ortschaften im ländlichen Raum befinden, Probleme. Dort sehen wir den demografischen Wan- del ganz deutlich“, so der Privatkunden- 244 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 bank & fonds I filialsterben Die Zahl der Bankfilialen schrumpft seit Jahren, und dieser Prozess hält an. Die Wertpapierberatung wird darunter jedoch kaum leiden. Abschied auf Raten Leerstand in der Dorfmitte Entwicklung der Zahl der Bankstellen (Summe aus Zentralen und Zweigstellen) in Deutschland In vier der vergangenen sechs Jahre wurden jeweils mehr als 1.000 Bank- filialen geschlossen. Quelle: Deutsche Bundesbank, Bankstellenstatistik 2015 -1.500 -1.200 -900 -600 -300 0 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 3 523 Bank- stellen- schlie- ßungen 1.287 Schließungen 5 2015: 36.005 Bank- stellen 2007: 42.110 Bank- stellen Im Sinkflug: Die Zahl der sogenannten Bankstel- len (Zentralen und Zweigstel- len) geht in Deutschland kontinuierlich zurück.* * Quelle: Deutsche Bundesbank (Monatsbericht Februar 2016), Bankstellenstatistik 2015

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