FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

250 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 bank & fonds I solaris-bank Foto: © guruXOX | Fotolia W er sich vor gut 20 Jahren zum Bank- kaufmann ausbilden ließ, erntete im Freundeskreis anerkennende Blicke, denn mit diesem Schritt schienen ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Gehalt bis zur Rente garantiert. Bei einem Kreditinstitut an- gestellt zu sein galt damals noch als „sichere Bank“. Mittlerweile haben sich die Zeiten ge- ändert. Die traditionellen Geldhäuser kommen mit immer weniger Mitarbeitern aus, vielen gilt das Bankwesen gar als Stahlbranche des 21. Jahrhunderts. So prognostiziert die Citibank in ihrer Studie „Digital Disrup- tion“, dass die Zahl der Bankangestellten in Europa von heute 2,9 Millionen auf 1,8 Millionen im Jahr 2025 sinken wird. Mehr als ein Drittel der heute existierenden Stel- len würden somit wegfallen. Die Arbeit der wegrationalisierten Mitarbeiter übernehmen dann oft Start-ups aus dem Bereich der Finanztechnologie, die Fintechs. Da hierzulande jedoch nicht jedermann einfach so das Bankgeschäft betreiben darf, sind viele der jungen Wilden noch auf die traditionellen Geldhäuser angewiesen. In- stitute wie die Hamburger Sutor-Bank oder die BIW Bank aus Willich bei Düsseldorf arbeiten bereits mit den Fintechs zusammen und stellen Newcomern wie Auxmoney und Fashioncheque ihre Bafin-Lizenz zur Verfü- gung. Neben dem traditionellen Banking mit Zahlungsverkehr und dem Anlage- und Kre- ditgeschäft erschließen sich die Geldhäuser somit ein zusätzliches Geschäftsfeld. Mit der Solaris-Bank tritt jetzt ein Anbieter an, der den nächsten Evolutionsschritt auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung macht: Die Bank setzt ausschließlich auf die neue Technik – und will ganz ohne das bankübliche Brot-und- Butter-Geschäft auskommen. Keine richtige Bank Das neu gegründete Kreditinstitut möchte eigentlich gar keine richtige Bank sein. Es be- treibt keine einzige Filiale. Privatkunden kön- nen dort weder ein Konto eröffnen noch Geld anlegen. Auch Geldautomaten oder Konto- auszugsdrucker sucht man vergeblich. Solaris bezeichnet sich selbst als „Techunternehmen mit Banklizenz“. Die Bank bietet ausschließ- lich Leistungen für Fintechs und digitale Unternehmen an. „Einerseits können wir der regulatorische und technische Rückhalt für Fintechs sein, die zur Umsetzung ihres Ge- schäftsmodells einen Banking-Partner benö- tigen. Andererseits ermöglichen wir etablier- ten Digitalunternehmen wie beispielsweise Internetmarktplätzen, ihre Geschäftsmodelle durch Finanzservices zu erweitern“, sagt Solaris-Vorstand Marko Wenthin. Auf Neudeutsch heißt das Geschäftsmodell „Banking as a Platform“. Das Ganze funktio- niert quasi nach dem Baukastenprinzip: Über eine einzelne Schnittstelle, die sogenannte API, erhalten Partner Zugang zur Plattform, auf der sie dann je nach den Bedürfnissen ih- res Geschäftsmodells die benötigten Banking- Komponenten auswählen. „Auf der Plattform können die Fintechs beispielsweise auf Konten- und Zahlungsverkehrslösungen, Working-Capital-Finanzierungen sowie Onlinekredite zurückgreifen“, so Wenthin. Compliance- und Treuhandlösungen gehö- ren auch zumAngebot. Services, die Sola- ris nicht im eigenen Angebot hat, will man über Dritte anbieten, dazu zählen beispiels- weise Identitätsprüfungen oder Kreditkar- ten. „Die deutsche Digitalwirtschaft wird bislang von traditionellen Banken nicht ausreichend unterstützt, weil diese nicht immer mit der Entwicklung von Zalando und Co. Schritt halten können. Dadurch geht potenzielles Geschäft verloren“, sagt Wenthin. Sein Unternehmen arbeite hin- gegen auf Augenhöhe mit den digitalen Kunden. „Das fängt mit den Programmier- Die neu gegründete Solaris-Bank bietet ihre Dienste ausschließlich Fintechs und digitalen Unternehmen an. „Normale“ Kunden sucht man dort vergebens. Vollständig digital Die Solaris-Bank setzt auf vollständige Automatisierung. Geldautomaten betreibt das Berliner Institut freilich nicht – die sind nicht digital genug. Auch Kreditkarten will die Bank nur über externe Dienstleister anbieten. Digitale Hoffnung Von 2015 bis 2019 sagen Experten der Internetwirtschaft in Deutschland ein jährliches Wachstum von rund zwölf Prozent voraus. Quelle: Eco-Verband der Internetwirtschaft, Arthur D. Little 2015, Monitoring-Report Wirtschaft Digital (BMWi) 0 20 40 60 80 100 120 2019e 2018e 2017e 2016e 2015e 2014 2013 2012 Mrd. Euro Umsatz der deutschen Internetwirtschaft 49,3 Mrd. Euro 114 Mrd. Euro

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