FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

260 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 bank & fonds I etfs im retail-banking Foto: © grimaldello | Fotolia B örsengehandelte Indexfonds sind ein Instrument, das vor allem institutionel- le Investoren nutzen. Davon sind die meisten Finanzprofis überzeugt, und diese Annahme ist nach wie vor richtig. Aber die Gewichte verschieben sich gerade deutlich. Jahrelang war zu hören, in Deutschland käme nur jeder zehnte ETF-Euro von Privatanle- gern. Egal ob auf Podiumsdiskussionen, in Gesprächsrunden oder Marktanalysen, stets wurde die Größenordnung von zehn Prozent genannt. Doch diese Zeiten sind vorbei. Bei iShares stammen schon 40 Prozent der Assets aus dem Vertriebskanal „Wealth & Retail“, in dem das Geschäft mit Banken, Ver- mögensverwaltern, Honorarberatern und den sogenannten Selbstentscheidern gebündelt ist, den Kunden also, die ihre Geldanlage selbst in die Hand nehmen. „Gemessen an den Mittelzuflüssen kommt bereits die Hälfte des Neugeldes von dieser Kundengruppe“, sagt Peter Scharl, iShares-Vertriebsleiter für Deutschland, Österreich und Osteuropa. „Unser Wealth- und Retail-Geschäft legt derzeit um 20 bis 25 Prozent pro Jahr zu – das ist eine echte Wachstumsstory.“ ETFs spielen längst nicht mehr nur in den Depots der Direktbankkunden eine Rolle, sie sind auch in immer mehr Asset-Allocation-Lösungen für Anleger zu finden, die weiterhin auf eine Finanzberatung Wert legen. Langsam, aber sicher erobern die Indexfolger auch die klassischen Großbanken: Die Commerzbank hat gerade eine Free-Buy- Aktion für ETFs gestartet, die auch in der Filiale gilt. Und selbst einige Sparkassen bie- ten schon eine Vermögensverwaltung oder Sparpläne auf ETF-Basis an. Die ETF-Sparpläne waren es wohl auch, die den Indexfonds bei den Privatanlegern zum Durchbruch verholfen haben – allen vor- an bei den Direktbanken und Onlinebrokern. Seit etwa sechs Jahren bieten die Institute auf ausgewählte ETFs kostenlose Sparpläne an. Inzwischen gewinnt das Thema deutlich an Fahrt, zeigt eine Auswertung der Branchen- publikation „Extra Magazin“, die regelmäßig die Daten von sechs großen Direktbanken in Deutschland auswertet. Demnach ist die Zahl der ETF-Sparpläne allein in den zwei Jahren bis März 2016 von unter 100.000 auf über 230.000 gestiegen. Das Anlagevolumen in ETFs hat sich in dieser Zeit fast verdoppelt und liegt nun bei 7,8 Milliarden Euro – nur bei den sechs untersuchten Instituten. Eine Umfrage von FONDS professionell unter Direktbanken bestätigt diesen Trend: Bei der Consorsbank ist der Anteil der ETFs am gesamten Fondsbestand von Ende 2013 bis Ende 2015 demnach von 15 auf 21 Prozent gestiegen, bei der Comdirect von 20 auf fast 30 Prozent. Die DAB Bank berichtet im Privatkundensegment von einer ähnlichen Größenordnung. Im Neugeschäft liegt der An- teil noch deutlich höher: Inzwischen entfallen bei der DAB fast zwei Drittel aller Sparplan- ausführungen auf ETFs (siehe Grafik). Attraktive Angebote „Die Anleger haben die günstige Kosten- struktur und damit den Renditevorteil von ETFs erkannt“, sagt Jan Enno Einfeld, Be- reichsleiter Investing bei Comdirect. Ähn- liches berichtet Tom Engel, Bereichsleiter Investmentprodukte bei der Targobank. „Wir beobachten, dass die Bedeutung von ETFs ge- nerell zunimmt. Auch unsere Kunden achten im beratungsfreien Geschäft verstärkt auf niedrige Kosten für Anlageprodukte.“ Gregor Berneiser, Senior Director Marketing und Produktmanagement beim Sparkassen-Broker, erwartet, dass die Beliebtheit der passiven Anlageprodukte in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird. Kostenlose ETF-Sparpläne sind für Privatanleger sicherlich attraktiv, für die Banken klingen sie zunächst jedoch nach einem schlechten Geschäft: Das Depot bieten sie oft gebührenfrei an, für ETFs fließen keine Bestandsprovisionen – und wenn die Bank dem Kunden nicht einmal ein Orderentgelt in Rech- nung stellt, wie soll sie mit den Sparplä- nen dann Geld verdienen? Des Rätsels Lösung: Die ETF-Anbieter zahlen den Onlinebrokern einen Ausgleich für die Indexfonds waren lange Zeit vor allem in Direktbankdepots zu finden. Doch das ändert sich gerade: Die Commerzbank bietet sie nun am Schalter an – kostenlos. ETFs erobern die Fläche Immer mehr Bankkunden nutzen die Apps der Institute nicht nur für Überweisungen, sondern auch für Wertpapier- geschäfte. Da sind einfache, transparente Produkte gefragt. Dieser Trend spielt den ETF-Anbietern in die Hände. Beliebte Indexfolger Anteil der ETF-Sparpläne an allen Sparplänen Die Einführung kostenloser ETF-Sparpläne ab dem Jahr 2010 hat das Geschäft der Onlinebroker mit diesen Produkten befeuert. *Sparplanausführungen, Stand: 4/2016 | **Sparplanvolumen, Stand: 12/2015 Quelle: Anbieter 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % Consorsbank** Comdirect* DAB Bank* 64 % 40 % 13 %

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