FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

280 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 lebenspolicen-spezial I neue garantiemodelle Foto: © DeshaCAM | Fotolia, Ifa-Institut; David Rohnert_bilDRand F ür die Assekuranz geht es um viel. Derzeit ist fraglich, ob die Versicherer weiterhin der privilegierte Partner der Kunden in der Altersvorsorge bleiben. Daher kämpft die Branche an allen Fronten: Kosten werden gesenkt, die Verkaufsunterlagen und Standinformationen verständlicher gemacht, die Transparenz erhöht und – Produkte ent- wickelt, die dem aktuellen Marktumfeld entsprechen. Das Problem der Versicherer: Die in der Vergangenheit abgegebenen Garantien sind bekanntlich höher als das aktuelle Zinsniveau – und sie gelten selbst für die neu eingezahl- ten Prämien dieser Verträge. Das macht es für die Anbieter zunehmend schwierig, die zuge- sagten Garantien in der Kapitalanlage zu ver- dienen. Außerdem kosten die Garantien die Versicherer im Rahmen der neuen EU-Richt- linie Solvency II viel Eigenkapital. „Die Her- ausforderung im Regulierungsumfeld von Solvency II ist nämlich, dass die Werthaltig- keit der abgegebenen Garantien unmittelbar transparent wird“, erklärt Aktuar Alexander Kling, der als Partner am Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa) in Ulm in die Produktentwicklung zahlreicher Lebensversi- cherer eingebunden ist. Hinzu kommt, dass Garantien klassischer Produkte von Jahr zu Jahr und nicht nur end- fällig gelten. Der Versicherer muss den Ga- rantiezins dem Vertrag des Kunden also jedes Jahr gutschreiben. Wirtschafte ein Anbieter in einigen Jahren besonders gut und rechne dem Kunden durch die Überschussbeteiligung mehr als den Garantiezins an, würde dieser dafür in gewissem Sinne bestraft, so Kling. Denn das Volumen, für das die Verzinsungs- anforderung gilt, steige durch die Überschüs- se. „Diese Eigenschaften erhöhen das Risiko des Versicherers und führen dadurch zu sehr hohen Eigenkapitalanforderungen“, sagt er. „Demnach ist es verhältnismäßig riskant und teuer, klassische Garantien abzugeben.“ Umbau wird weitergehen Darum haben die Versicherer schon vor einigen Jahren begonnen, neuartige Garantie- modelle anzubieten. Darin gönnen sie sich während der Laufzeit mehr Frei- heiten, und durch die Ersparnis an Garantiekosten ist eine höhere Über- schussbeteiligung möglich. Wie vielschichtig das Angebot bei einem einzigen Versicherer mittler- weile sein kann, zeigt sich am Bei- spiel des Marktführers. „Wir bieten mittlerweile mehrere moderne For- men der Rentenversicherung an“, sagt Andreas Lindner, verantwortlich für die Kapitalanlagen der Allianz Leben. Vor einigen Jahren führte sein Arbeit- geber „Index Select“ ein, ein Vorsor- gekonzept, bei dem die Kunden jedes Jahr neu entscheiden, ob ihre Über- schussbeteiligung mit begrenztem Risiko in Aktien des Euro Stoxx 50 investiert werden soll. „Seit drei Jah- ren bieten wir mit sehr gutem Erfolg das Vorsorgekonzept ‚Perspektive‘ an“, sagt Lindner. „Die eingezahlten Sparbeiträge werden im Sicherungs- vermögen angelegt und sind zum Rentenbeginn garantiert. Auf eine ga- rantierte Verzinsung wird jedoch verzichtet, was uns größere Freiheiten bei der Kapitalan- lage eröffnet. Dafür ist die Überschussbeteili- gung um 0,3 Prozentpunkte höher als bei der Klassik-Variante.“ Vergangenes Jahr führte die Allianz zudem „Komfort Dynamik“ ein. Hier wird das Kapital je fast zur Hälfte im Siche- rungsvermögen und in einer „Dynamik-Kom- ponente“ angelegt. „Mit diesem Produkt können wir kapitalmarktaffinen Kunden eine Aktienquote von 30 bis 35 Prozent anbieten“, so Lindner. Auch die Neuentwicklungen der anderen Branchenteilnehmer stoßen auf Interesse. „37 Prozent des Neugeschäfts entfallen mittlerwei- le auf Produkte, die auf modifizierte Garantien setzen, also andere Garantieformen als die der bekannten klassischen Lebens- und Renten- versicherungen“, sagt Alexander Erdland, Prä- sident des Branchenverbandes GDV. 2014 lag der Anteil der Produkte mit alternativen Ga- rantien noch bei 31 Prozent, 2013 nur bei 24 Prozent. Erdland: „Der Umbau ist in vollem Gange und wird sicher weitergehen.“ Die „Klassische“ ist tot, es lebe die „Neue Klassik“, sagen die Versicherer. Ihre neuen Tarife mit alternativen Garantien lassen sich kaum miteinander vergleichen. Neue Klassik Bei klassischen Lebensversicherungen treten im übertragenen Sinne alle Anbieter mit dem gleichen Orchester an – nur der Dirigent macht den Unterschied. Bei der „Neuen Klassik“ kommen dagegen völlig unterschiedliche Instrumente zum Einsatz.

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