FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

290 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 fonds & versicherung I fondspolicen Foto: © djama | Fotolia V or Gericht und auf hoher See weiß niemand ganz genau, was ihn erwartet. So ist es auch, wenn die Europäische Kommission und der deutsche Gesetzgeber neue Vorschriften für Finanzprodukte einfüh- ren, konkrete Vorgaben zu deren Umsetzung dann aber auf sich warten lassen. Genau dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass im Markt für Fondspolicen derzeit viel Bewe- gung herrscht – und viel Unsicherheit auf Seiten der Versicherer und Fondsgesellschaf- ten. Doch es nicht der einzige. Der erste Stein des Anstoßes ist die Verord- nung über „Packaged Retail and Insurance- based Investment Products“ (PRIIP). Bislang ist geplant, dass die Verordnung der EU-Kom- mission am 31. Dezember 2016 in den Mit- gliedsstaaten in Kraft tritt. Der Bundestag hat sie am 14. April 2016 mit dem ersten Finanz- marktnovellierungsgesetz beschlossen. Bleibt es beim vorgesehen PRIIP-Start, wird die Zeit für die Umsetzung in deutsches Recht knapp. Die Branchenverbände fordern zwar eine Ver- schiebung, in Sicht ist sie aber nicht. Zusam- men mit den Änderungen des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Ba- sisrentenverträgen (AltZertG) kommt es zu einem echten Wirrwarr an Rechtsvorgaben für Fonds, staatlich geförderte und nicht geförder- te Fondspolicen. Neues KID, neues Risiko „PRIIP wird für strukturierte Wertpapiere, Fonds und Versicherungen mit Kapitalanla- gecharakter gelten“, erklärt Oliver Renner, Rechtsanwalt in der Kanzlei Wüterich Breucker in Stuttgart; damit also auch für fondsgebundene Lebens- und Rentenversi- cherungen. Für diese Anlageprodukte sieht die Verordnung neue „Wesentliche Anlegerinfor- mationen“ (Key Information Document, KID) vor. „Ein zentraler Punkt in den veränderten KIDs wird der Summary Risk Indicator (SRI) sein“, erklärt Renner. Der Indikator wird auf Basis einer mathematischen Simulation ermit- telt und ordnet die Finanzprodukte in sieben Risikostufen ein. Mit Inkrafttreten von PRIIP wird der SRI den bisherigen Risikoindikator, den Synthetic Risk and Reward Indicator (SRRI), ersetzen. Bis dahin ist die Sache noch ganz einfach. Verwirrung stiftet aber der Zeitplan, der für Versicherer und Fondsgesellschaften weit auseinanderklafft. So hat Brüssel den Fondsgesellschaften für die Umstellung auf das neue KID eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2019 eingeräumt. „Im Grunde ist das natürlich gut“, sagt Dirk Fischer, Geschäftsführer des Frankfurter Fondsinitiators Patriarch Multi-Manager. Der Knackpunkt ist jedoch, dass die Ver- sicherer die Risikoeinstufung von Fonds auf Basis des SRI bereits vor dem 31. Dezember 2016 benötigen, um die KIDs für ihre Fondspolicen zu erarbeiten. Da stellt sich die Frage, woher sie diese nehmen sollen. „Das ist schwer zu beantworten“, sagt Fischer. Derzeit seien die Gesellschaften stark damit beschäftigt, sich auf die Ände- rungen einzustellen, die die EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II für sie mit sich bringt. Daher sei es nicht gerade realis- tisch, dass sie parallel auch noch die Risi- koberechnung für all ihre Fonds auf die SRI-Methode umstellen. Der deutsche Fondsverband BVI hält das allerdings für die beste Variante. „Es wäre gut, die Risiko- einstufung für OGAW- und PRIIP-KIDs vor Ablauf der Übergangsfrist anzugleichen“, erklärt der BVI auf Anfrage. Keine technischen Standards Für sehr wahrscheinlich halten viele Fonds- gesellschaften dies aber nicht. „Bisher haben wir ja nicht einmal alle Details, die zur Be- rechnung der Risikostufe nach dem SRI-Mo- dell nötig sind“, heißt es etwa bei der Deut- schen Asset Management (Deutsche AM). Denn: Mit der Ausarbeitung der technischen Standards, ohne die die Anbieter die die Berechnung des SRI für das neue KID gar nicht vornehmen können, lassen sich die euro- päischen Aufseher Zeit. Werden bis Ende 2016 aber nicht sämtliche Fonds-KIDs auf die Risikoangabe nach der SRI-Berechnung umgestellt, so würde dies ab Anfang Januar zu einer Art Parallelexistenz führen. Denn dann müsste die Risikostufe für Fonds, die auch in Policen der Versicherer stecken, immer zweimal ermittelt werden – nach dem SRRI und dem SRI. Damit wieder- Die Europäische Kommission und die Bundesregierung sehen für Fondspolicen neue Rechtsvorschriften vor, die völlig verwirrend sind – und zum Teil absurd. Überblick dringend gesucht Der richtige Weg durch einen Irrgarten ist nur von oben zu sehen. Bei all den rechtlichen Änderungen, die der europäische Regulierer und der deutsche Gesetzgeber planen, blickt in Sachen Fondspolicen derzeit niemand durch.

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