FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

steuer & recht I antje tillmann | cdu 300 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 Foto: © Tim Flavor I hren ersten politischen Erfolg hatte Antje Tillmann imAlter von 14 Jahren. Damals besuchte sie ein staatlich anerkanntes kirchliches Gymnasium in Nordrhein-West- falen. Als die Landesregierung beschloss, die Zuschüsse für freie Schulen zu kürzen, grün- dete Tillmann an ihrem Gymnasium die „Schüler Union“ – und verhinderte schließlich die Kürzung der Gelder. Heute blickt die Po- litikerin, die seit 2014 finanzpolitische Spre- cherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, auf einige Erfolge zurück. Besonders stolz ist sie auf die Schuldenbremse, zu deren Einführung im Jahr 2009 sie als Verhand- lungsführerin der Fraktion beigetragen hat. Eigentlich wollte die studierte Finanz- wissenschaftlerin das Steuerbüro ihres Vaters übernehmen – doch es kam anders. Im Gespräch mit FONDS professionell erklärt die CDU-Politikerin, warum das beste Protokoll Anleger nicht vor Fehlern schützen kann, was sie von einer Finanz- beratung auf Honorarbasis hält und wes- halb sie Fondsgesellschaften nicht stärker beaufsichtigen würde. Frau Tillmann, Mifid II tritt am 3. Januar 2018 in Kraft. Inzwischen steht auch fest, dass die EU-Mit- gliedsstaaten das Regelwerk bis zum 3. Juli 2017 in nationales Recht gie- ßen müssen. Der Finanzbranche bleibt dann nur ein halbes Jahr Zeit, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen. Darf die deutsche Branche hoffen, dass die Umsetzung etwas schneller geht? Antje Tillmann: Danach sieht es im Moment nicht aus. Bislang liegt uns kein genauer Ter- minplan vor, aber voraussichtlich wird es in der zweiten Jahreshälfte 2016 zur Beratung kommen. Einen Abschluss erwarte ich im er- sten Quartal 2017. Allerdings sehe ich bei den politischen Themen keine Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem letzten Jahr. So wird es meines Erachtens bei der Abschaffung des Beratungsprotokolls blei- ben. Das war in der vorangegangenen Diskus- sion ja durchaus ein Knackpunkt, und es freut mich, wenn es uns gelingt, das Beratungspro- tokoll durch eine Geeignetheitserklärung zu ersetzen. Auch insgesamt glaube ich nicht, dass die Beratung große Überraschungen bringen wird. Die Abschaffung des Beratungsproto- kolls hielten Sie für einen echten Erfolg? Ich halte es zunächst einmal für einen Erfolg, dass wir das Beratungsprotokoll überhaupt eingeführt haben. Immerhin musste damit zum ersten Mal schriftlich festgehalten wer- den, was in einer Anlageberatung passiert. Nun war das Beratungsprotokoll natürlich sehr aufwendig, daher waren viele Finanzbe- rater und auch viele Anleger damit nicht sehr zufrieden. Die Geeignetheitsprüfung scheint mir jetzt dasselbe Ziel zu erreichen wie das aktuelle Protokoll, nur auf einem anderen Weg. Man muss eben nicht mehr jeden Schritt der Beratung dokumentieren, sondern nur festhalten, aus welchen Gründen für einen Kunden ein bestimmtes Produkt gewählt wur- de. Das ist eine Weiterentwicklung der Doku- mentation, die wir in Deutschland sowieso schon hatten. Die Geeignetheitserklärung ist einfacher und übersichtlicher. Daher weine ich dem Beratungsprotokoll keineswegs nach. Zumal die Geeignetheitsprüfung europa- weit zur Pflicht wird. Ja, das unterscheidet die Erklärung natürlich positiv vom deutschen Beratungsprotokoll. Ein europäisches Dokument ist wichtig. An- leger halten sich bei der Wahl ihrer Finanz- produkte ja nicht immer an Landesgrenzen. Manche Politiker sprechen sich dafür aus, schriftliche Protokolle durch Ton- aufnahmen zu ersetzen. Sie auch? Na ja, viele Beratungsgespräche beginnen sicher mit: „Wie geht es Ihnen?“, „Danke, gut. Wie geht es Ihnen?“ und so weiter. Daher hätten Mitschnitte vermutlich oft einen viel größeren Umfang als notwen- dig. Das birgt wiederum die Gefahr, dass sich der Kunde die Aufnahme gar nicht bis zum Schluss anhört. Wenn er aber auf ein bis zwei Seiten knapp und präzise lesen kann, warum ihm welches Produkt empfohlen wurde, ist das aus meiner Sicht sinnvoller. Wären Tonaufnahmen im Falle eines Gerichtsprozesses überhaupt als Be- weismittel zugelassen? Das müssen die Gerichte entscheiden. Entscheidend dürfte sein, ob sie mit dem Ein- verständnis des Kunden erstellt worden sind. Bei Aufzeichnungen tun sich außerdem Fra- gen des Datenschutzes auf. In einem Bera- tungsgespräch sagen Anleger oft private Din- ge, die sie sicher nicht auf dem Band haben möchten. Hinzu kommt, dass Tonaufzeich- nungen sehr aufwendig und teuer wären. Ich plädiere dafür, dass man es mit der neuen Ge- eignetheitserklärung probiert und beobachtet, wie es läuft. Bei einer telefonischen Order von Anlageprodukten werden Mitschnitte sowieso Pflicht. Wir können also schauen, welche Vor- und Nachteile sie bringen. Sollte sich heraus- stellen, dass Tonaufnahmen Vorzüge bieten, Antje Tillmann ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion erklärt, warum sie mit den Regulierungsmaßnahmen, die bisher umgesetzt worden sind, recht zufrieden ist. Und weshalb sie Fondsgesellschaften nicht noch stärker unter Aufsicht stellen möchte. „Wir haben die Fondsbran » Wir werden die um zwölf Monate verlängerte Frist für die Umsetzung von Mifid II voraussichtlich voll ausschöpfen. « Antje Tillmann, CDU

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