FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

308 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 steuer & recht I geschlossene fonds Foto: © beeboys | Fotolia A uch im neunten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise sind Deutschlands Ge- richte intensiv mit Fällen beschäftigt, in denen es um geschlossene Fonds geht. Tat- sächlich weitet sich Kreis der Klagskonstella- tionen sogar noch aus. Nachdem in den ersten Krisenjahren vor allem Anleger gegen ihre Berater kämpften, zogen die Auseinanderset- zungen zuletzt immer weitere Kreise. Manche Investoren haben inzwischen auch Treuhänder und Mittelverwendungskontrolleure ins Visier genommen, während einige Emissionshäuser ihre Anleger auf Rückerstattung von Fonds- auszahlungen verklagten. Mittlerweile sind so gut wie alle in das Geschäft mit geschlosse- nen Fonds involvierten Parteien in Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Und in diesem Kampf „jeder gegen jeden“ kam es in den vergangenen Monaten zu einigen brisanten Gerichtsentscheidungen. I. Irreführende Fondswerbung Michael Lange verdiente in den Boomjah- ren der Schiffsfonds Millionen, in jüngerer Zeit verdienen seine Anwälte gut. Knapp 300 Mal sei er geklagt worden, sagt Lange gegen- über FONDS professionell, die meisten Fälle habe er aber spätestens in der zweiten Instanz gewonnen. Ein Fall, in dem der Schiffsver- trieb vor Kurzem beim Bundesgerichtshof (BGH) abblitzte, hat nun aber besonderes Ge- wicht, weil es auch um die Werbeschreiben der Vertriebsgesellschaft ging. Der Fall: Die Investorin hat bei Lange zwei Schiffsfonds er- worben und 2014 wegen angeblicher Fehlbe- ratung geklagt. Die Informationsschreiben hät- ten falsche Angaben über die Vertriebskosten und die Fungibilität der Fondsanteile enthal- ten. Außerdem habe sie die Fondsprospekte nicht erhalten. Die Vertriebsgesellschaft hielt dem entgegen, dass die Vertriebsunterlagen naturgemäß werblichen Charakter haben und alle wesentlichen Details den Prospekten zu entnehmen seien. Das LG München gab den- noch der Investorin recht, weil die Rund- schreiben „unzutreffende und irreführende Aussagen“ beinhalteten. Diese hätten zwar ganz offensichtlich einen werblichen Charak- ter, bei dem die Investmentvorteile plakativ in den Vordergrund gestellt wurden. „Jedoch be- deutet dies keinen Freibrief dahingehend, dass im Rahmen einer werbenden Anpreisung un- zutreffende und irreführende Aussagen ge- macht werden dürfen“ , heißt es im Urteil. Die zweite Instanz hat Langes Berufung ohne Verhandlung abgelehnt und in dem Be- schluss festgehalten, dass die Werbeschreiben nicht korrekt waren. Dagegen beschwerte sich Lange beim BGH, scheiterte zuletzt aber auch dort. Lange glaubt: „Aus dem Beschluss des BGH lassen sich keine Schlüsse für andere Verfahren ziehen. Vielmehr ist aus den zahl- reichen und inzwischen rechtskräftigen Urtei- len zu unseren Gunsten abzuleiten, dass die gegen uns erhobenen Vorwürfe unbegründet sind.“ Er verweist auf jüngste Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamburg und Düssel- dorf, die der BGH-Entscheidung und dem dazugehörigen OLG-Beschluss nicht gefolgt seien. Allerdings ist den Urteilen zu entneh- men, dass dies geschah, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar beziehungsweise die Infor- mationsschreiben in den einzelnen Fällen nicht identisch sind. Laut Lange ist das beim BGH aufgelaufene Verfahren das einzige, in dem er rechtskräftig zur Schadensersatz- zahlung verurteilt wurde. Fest steht, dass sich Anleger in Zukunft in ähnlichen Fällen auf diese Entscheidung stützen können. II. Ausschüttung oder Darlehen Seit Jahren muss sich der BGH auch mit Schiffsfonds beschäftigen, die von den Inves- toren Auszahlungen zurückfordern. Die Frage lautet: Darf der Initiator das Geld zurückver- langen, wenn im Fondsprospekt die Ausschüt- tungen als „Darlehen“ tituliert wurden? Im Falle von Dr.-Peters-Fonds entschied der BGH vor drei Jahren für die Anleger. Als Fol- ge davon schlitterten damals allerdings 20 Schiffe in die Insolvenz. Nun entschied der BGH erneut zu einer Ausschüttungsrückforderung. Diesmal traf es den Fondsinitiator Hansa Treuhand, der nach den Urteilen gegen Dr. Peters noch erklärt hatte: „Das BGH-Urteil hat auf unsere Fonds keine Auswirkungen, da wir eine Regelung im Gesellschaftervertrag haben, die sagt, dass Liquiditätsausschüttungen als Darlehen ge- währt werden. Bei uns ist das also dezidiert geregelt, so wie vom BGH gewünscht.“ Daran durfte allerdings gezweifelt werden, weil der BGH in seiner Entscheidung auf die Existenz eines richtigen Darlehensverhältnisses mit Regeln zur Rückzahlung des Darlehens ab- stellte. Das fehlt auch in den Fonds von Hansa Wütende Anleger schlecht laufender Fonds rennen zu Gericht und suchen Aus- gleich. Dabei gewinnen sie häufig, auch wenn sie vom Initiator geklagt werden. Jeder gegen jeden Mittlerweile kämpfen alle in geschlossene Fonds involvierten Parteien in Rechtsstreitigkeiten gegeneinander. Emissions- häuser verklagen ihre Anleger, und Investoren gehen gegen Treuhänder und Mittelverwendungskontrolleure vor.

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