FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

J eder längerfristig erfolgreiche Fondsma- nager hat ein System. Sei es, dass er aus den Bilanzdaten eines Unternehmens dessen Wachstumsaussichten einschätzen kann, oder er hat ein Talent dafür, unterbewer- tete Aktien zu erkennen. Meist ist es auch ein Mix von Faktoren, die für oder gegen ein Investment sprechen, sicher ist, dass kein An- satz über jeden beliebigen Zeitraum hinweg erfolgreich ist. Damit steht fest, dass auch Starmanager beziehungsweise ihre Kunden Durststrecken durchleiden müssen. Auch da- für gibt es unterschiedlichste Gründe. Einmal kann es dazu kommen – etwa während der zweiten Hälfte der 90er-Jahre – dass Vermö- gensverwalter, die auf Value-Aktien setzen, Jahre lang underperformen, weil die Masse der Anleger lieber Wachstumsaktien kauft. Ein anderes Mal geraten langfristig erfolgrei- che Manager unter Druck, weil die von ihnen favorisierten Titel aufgrund mehrjähriger Out- performance letztlich überbewertet sind und eine Korrektur stattfindet. Ein häufiger Pro- blemfall ist das aufgrund großer Erfolge angewachsene Fondsvolumen. Wer etliche Milliarden jonglieren muss, hat in schwierigen Marktphasen einfach zu wenig Bewegungs- spielraum. All das kollidiert mit der abnehmenden Ge- duld der Investoren. Private, noch mehr aber institutionelle Anleger beobachten eine rela- tive Schwäche eines Fonds nicht lange. Da es für sie unmöglich ist festzustellen, ob es sich bei einer Ertragsschwäche um eine vorüber- gehendes Phänomen oder eine grundsätzliches Problem handelt, verkaufen viele ihre Fonds vergleichsweise rasch. Das wiederum setzt den Fondsmanager zusätzlich unter Druck: Er muss nun wegen der Rückflüsse Positionen auflösen, auch wenn seine Strategie das gar nicht vorsehen würde. Und schon entsteht eine Negativspirale, die einstigen Börsenstars Kritik und Mittelabflüsse beschert. Und ge- schützt ist ausnahmslos niemand gegen eine solche Entwicklung, auch die prominentesten Vermögensverwalter nicht. Dass auch er mit seinen Anlageentschei- dungen eines Tages in eine Sackgasse geraten könnte, hätte über eineinhalb Jahrzehnte hin- weg wohl niemand gedacht. Seit 1994 ma- nagte Klaus Kaldemorgen einen der größten international anlegenden Aktienfonds, den DWS Vermögensbildungsfonds I. 15 Jahre lang steuerte der studierte Volkswirt das DWS-Flaggschiff, das in seinen besten Zei- ten 7,5 Milliarden Euro schwer war, auch bei stürmischem Börsenwetter sicher. Wie kaum ein anderer schaffte es Kaldemorgen etwa vor dem Platzen der Technologieblase, Gewinne mitzunehmen und rechtzeitig abzuspringen. Auch durch die Finanzkrise 2008 navigierte er seinen Fonds überdurch- schnittlich gut. Doch kurze Zeit später begann er zu strau- cheln. 2010 lieferte Kaldemorgen neun Pro- zent Rendite, der Vergleichsindex MSCI World aber 20 Prozent. 2011 liegt das Port- folio sogar elf Prozent im Minus. Der Top- Manager selbst bekennt sich offen zu seinen Missgriffen. Er habe sich auf die Fundamen- talanalyse verlassen, sagt er damals. Diese könne eben auch nicht alles prognostizieren – augenscheinlich hatte Kaldemorgen eine zu konzentrierte Sicht der Welt. So hatte Kaldemorgen 2010 US-Aktien im DWS Vermögensbildungsfonds I stark unterge- wichtet. Der US-Dollar-Anteil war geringer als im Vergleichsindex. In der Folge profitierte der Fonds von der Stärke der amerikanischen Währung nur mäßig. Zudem hatte er zu viele schlecht laufende Euro-Titel im Portfolio, bau- te einen hohen Liquiditätspuffer in Euro auf. Aber der Euro verlor gegenüber dem Dollar. Neuer Fonds, neues Glück Als das DWS-Flaggschiff das dritte Jahr in Folge ein Minus einfuhr und Anleger bereits Milliarden abgezogen hatten, gab Kaldemor- gen seinen Fonds ab. Kurz darauf startete er noch einmal ganz neu durch. 2013 wurde der DWS Concept Kaldemorgen aufgelegt, der seit Kurzem Deutsche Concept Kaldemorgen heißt. Diesen Fonds managt sein Namens- geber bis heute mit Erfolg. Während Kaldemorgen bei seiner Gesell- schaft mit neuer Strategie offenbar wieder ein glücklicher und vor allem auch erfolgreicher Fondsmanager geworden ist, hat sich eine andere Branchengröße hoffnungslos mit sei- ner Firma zerstritten: Bill Gross. Der Bond- König hinterließ einen Notizzettel auf seinem Schreibtisch, auf den er mitten in der Nacht 70 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 markt & strategie I aktives fondsmanagement Foto: © sezer66 | Fotolia Talentierte aktive Manager sammeln dank herausragender Erträge oft rasch viel Geld ein, früher oder später erlebt aber jeder seine persönliche Durststrecke. Die Last des Erfolgs Kein Fondslenker schafft es, mit seinem Ansatz ununterbrochen nur Erfolge zu feiern. Die Geduld der Anleger ist schnell verbraucht, lange Zeit gefeierte Starmanager verlieren dann ebenso rasch ihr Publikum.

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