FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

markt & strategie I jeffrey gundlach | doubleline capital Foto: © Axel Köster M anch einer hält ihn einfach nur für einen genialen Investor, an- dere sehen in ihm eher den bö- sen Buben der Wall Street, der sich gern durch möglichst markante Aussagen her- vortut. Und obwohl Jeffrey Gundlach eigentlich weit entfernt vom New Yorker Financial District agiert – seine von ihm gegründete Firma Doubleline Capital residiert im 18. Stock eines Büroturms in Downtown Los Angeles –, bewegen seine Worte durchaus die Gemüter der Börsen- akteure, nicht nur in den USA. Gundlach sieht die Börsen an einem Wendepunkt, in dessen Folge es immer schwerer wird, mit herkömmlichen Anlagen noch Geld zu verdienen, ganz gleich ob mit Aktien, Renten oder Rohstoffen. Deshalb ist er in seinem eigenen Hedgefonds unterm Strich auf der Shortseite unterwegs und rät auch anderen Anlegern, sich in Sicher- heit zu bringen. Herr Gundlach, als wir zuletzt vor vier Jahren miteinander gesprochen haben, waren Sie davon überzeugt, dass mit An- leihen in den darauf folgenden Jahren kaum Geld zu ver- dienen sein würde. Eine Fehlein- schätzung ange- sichts der Tatsa- che, dass man- cher Bondinve- stor seither durchaus gut verdient hat? Jeffrey Gundlach: Das würde ich keineswegs so se- hen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Juli 2012 als Tiefpunkt des Zinszyklus in den USA in die Geschichte eingehen wird. Damals standen die Zinsen für 30-jäh- rige US-Treasuries bei knapp 1,4 Pro- zent. Es ist zwar richtig, dass wir im Juli dieses Jahres mit einemWert von 1,3 Prozent noch einmal niedrigere Zinsen für 30-jährige Laufzeiten erlebt haben. Aber alle anderen Laufzeiten inklusive Fed Funds und Li- bor lagen höher als vorher und nie mehr so niedrig wie im Ju- li 2012. Die Folge war ein extrem schlechtes Jahr 2013 für Bonds, übrigens das erste negative Jahr seit 1994. Und die aktuelle Situati- on von Ende Juli dieses Jahres ähnelt extrem stark jener von Mitte 2012. Das ist der Grund, wes- halb wir zum ersten Mal so extrem pessimistisch für Anleihen sind wie vor gut vier Jahren. Was bringt Sie zu dieser Erkenntnis? Immerhin sagen viele Prognosen, dass die Zinsen noch sehr lange sehr niedrig bleiben können. Es gibt sogar Marktteilnehmer, die auch heute noch behaupten, dass die Zinsen nie mehr werden steigen können. Das ist kompletter Unsinn, und es ist genau diese einseitige Ausrichtung an den Märkten, die mich beunruhigt. Die Bondpreise wer- den nicht mehr durch ihren echten in- trinsischen Wert bestimmt, sondern folgen eher so etwas wie einer „Greater Fool“- Theorie, nach der die Investoren nur des- halb kaufen, weil sie annehmen, einen noch Dümmeren finden zu können, der ihnen ihre Papiere wieder zu einem höhe- ren Preis abkauft. Niemand kauft doch heute noch eine deutsche Bundesanleihe, um sie zehn Jahre lang zu halten. Im Gegenteil, man kauft solche Papiere aus ganz anderen Grün- den. Etwa um damit ein gutes Geschäft zu machen, wenn die Renditen eventuell noch stärker negativ werden. Oder weil man an- nimmt, damit weniger zu verlieren als mit an- deren Investments. Vielleicht auch, weil man sich vor stärkeren Rückgängen an den Aktien- märkten in Sicherheit bringen will. Ich bin davon überzeugt, dass die US-Rentenmärkte heute insgesamt extrem unattraktiv sind, wenn auch vielleicht noch nicht so sehr wie in Deutschland oder in Japan. Aber insgesamt stehen wir vor einem ernsten Wendepunkt in der Zinsentwicklung. Was genau meinen Sie mit einem „erns- ten Wendepunkt“? Wenn wie vor Kurzem sogar schon ein Sen- der wie CNBC, der sonst immer geunkt hat, Bonds seien nur etwas für Ängstliche und Verrückte, weil nur mit Aktien das große Geld verdient werde, zum ersten Mal dazu über- geht, Anleiheninvestments als besonders aus- sichtsreich zu empfehlen, dann ist das schon » Die aktuelle Situation ähnelt extrem stark jener von Mitte 2012. Das ist der Grund, weshalb wir zum ersten Mal so extrem pessimistisch für Anleihen sind wie vor gut vier Jahren. « Jeffrey Gundlach, Doubleline Capital Wenn ein langfristig überaus erfolgreicher Fondsmanager wie Jeffrey Gundlach , CEO von Doubleline Capital , die Devise „Verkaufen Sie alles!“ ausgibt, dann sorgt das für Aufsehen an den Kapitalmärkten. FONDS professionell hat den Kunstliebhaber in seinem Büro in Los Angeles besucht, um zu erfahren, warum er so pessimistisch ist. 120 „Mein Rat an Anleger derzeit:

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=