FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

128 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 markt & strategie I mittelzu- und -abflüsse Foto: © Fidelity E s war das Comeback des Jahres: Im Ja- nuar noch als ungeliebte Anlageform verpönt, avancierten Schwellenländer- Investments im Jahresverlauf zu den derzeiti- gen Lieblingen unter den Anlegern. So errech- nete etwa das Fondsanalysehaus EPFR, dass Schwellenländern allein in der zweiten Au- gustwoche weltweit 5,1 Milliarden US-Dollar zuflossen. Und auch die Fondsprofis halten wieder große Stücke auf Emerging Markets, wie die monatliche Fondsmanagerumfrage der Bank of America Merrill Lynch zeigt. Denn Schwellenländeraktien waren bei den Fondsmanagern im August mit 13 Prozent übergewichtet. Das ist der höchste Wert seit September 2014. Weniger optimistisch sind die Manager hingegen für Europa eingestellt, 22 Prozent der 211 Umfrageteilnehmer be- trachten nämlich ein mögliches Auseinander- brechen der europäischen Union als größtes Marktrisiko. 18 Prozent fürchten sich beson- ders vor weiteren Kursstürzen in China, und 16 Prozent sorgen sich um die Inflationsraten in den USA. Die Ängste der Fondsmanager spiegeln sich auch in der jüngsten Mittelzu- und -abfluss-Statistik von Software-Systems.at wider: Demnach verzeichneten Emerging Markets zwischen April und August die stärk- sten Zuflüsse. Auf der Verliererseite standen hingegen Nordamerika, Europa, aber auch Ja- pan und China. Jagd nach Rendite eingeläutet Und tatsächlich spricht derzeit einiges für ein Engagement in den Emerging Markets. Die hartnäckig niedrigen Rohstoffpreise haben sich endlich wieder erholt. Jene auf- strebenden Nationen, die stark von den Rohstoffpreisen abhängig sind, konnten daher bessere Konjunkturdaten vermelden. Und auch der schwächere US-Dollar wirkt sich positiv auf Schwellenländer aus. Der überraschende Ausgang des Brexit-Votums hat außerdem gezeigt, dass politische Zer- würfnisse keineswegs nur in Schwellen- ländern zum Thema werden können. Wegen der Niedrigzinspolitik in den Industriestaaten dürfte dennoch die Jagd nach Rendite eine wesentliche treibende Kraft für den derzeitigen Schwellenländer- Hype sein, wie etwa Fidelity-Fondsmanager Steve Ellis jüngst in einem Marktkommentar feststellte. Ellis rechnete vor, dass inzwischen 36 Prozent aller ausstehenden Staatsanleihen der Industrieländer negative Renditen abwer- fen und lediglich sechs Prozent bei über zwei Prozent rentieren. Daher werden Papiere mit attraktiver Rendite zunehmend Mangelware. „Dass vor diesem Hintergrund das Interesse der Anleger an Schwellenländeranleihen sprunghaft gestiegen ist, überrascht kaum“, sagt Ellis. Mit gewisser Sorge beobachtet der Fidelity-Fondsmanager aber „dass Anleger auf der Suche nach Rendite immer höhere Risi- ken eingehen müssen. Solche Trends sind an- fällig für eine abrupte Kehrtwende.“ Die größ- te Gefahr könnte seiner Meinung nach von einer Wachstums- und Inflationsbeschleuni- gung in den USA ausgehen. Sie würde Markt- teilnehmer zwingen, ihre Zinserwartungen nach oben zu korrigieren (lesen Sie hierzu auch die Analyse zu Schwellenländeranleihen- fonds ab Seite 100). Abflüsse: China, Japan, Europa Während unter den Fondsprofis bereits über eine mögliche Zinserhöhung in den USA dis- kutiert wird, ist in Japan und Europa kein Ende der Niedrigzinspolitik in Sicht. So glau- ben nur 13 Prozent der von Bank of America Merrill Lynch befragten Fondsmanager, dass die Bank of Japan oder die Europäische Zen- tralbank ihre Politik der Negativzinsen been- den werden. Gleichzeitig äußern immer mehr Marktteilnehmer ihre Bedenken, dass die Geldpolitik in Europa und Japan an ihre Gren- zen stößt. Die Null- oder Negativzinsen haben nicht nur gravierende Auswirkungen für Spa- rer, Pensionskassen und Geschäftsbanken, meint etwa Vontobel-Chefstratege Christophe Bernard: „Darüber hinaus werden die Euro- päische Zentralbank und die Bank of Japan damit zu kämpfen haben, den Umfang ihrer Anleihenkaufprogramme aufrechtzuerhalten, da das Angebot dieser Wertpapiere irgend- wann einmal knapp wird.“ Das Schlusslicht in der Mittelzu- und -ab- fluss-Statistik bereitet indes nicht wegen sei- ner Geldpolitik Sorgen: China konnte zwar wieder verbesserte Konjunkturdaten vorle- gen, doch die enorm hohe Unternehmens- verschuldung wächst weiter. „Die chinesi- sche Regierung hält mit ihren Investitionen Unternehmen am Leben, die eigentlich nicht lebensfähig sind,“ sagt Tanguy Kamp, Portfoliomanager bei Banque de Luxem- bourg Investments (BLI). Er rechnet damit, dass diese Firmen irgendwann nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Schulden zu- rückzuzahlen. Dann könnte eine Ketten- reaktion Chinas Wirtschaft zusammenbre- chen lassen, so Kamp. CORNELIA FUSSI | Die Tabellen zu dem Artikel finden Sie auf der nächsten Seite . FP Stabilere Rohstoffpreise, Niedrigzinsen in den Industriestaaten, ein schwächerer US-Dollar – derzeit sprechen einige Gründe für Emerging Markets. Rendite jagd Fidelity-Fondsmanager Steve Ellis: „Mit gewisser Sorge beobachte ich, dass Anleger auf der Suche nach Rendite immer höhere Risiken eingehen müssen.“ Mittelaufkommen Schwellenländer Emerging-Markets-Fonds erfreuen sich derzeit größter Beliebtheit. Dennoch sollten Anleger die mit dieser Assetklasse verbundenen Risiken nicht außer Acht lassen. 2010 2012 2011 2009 2013 2014 2015 ’16 ’08 0 4 2 8 6 10 -5 -10 -15 -15 Mrd. Euro

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