FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

J ürgen Beisler aus Unterhaching kennt die Vermittlerwelt gut: Mit seinem Unternehmen Finpool betreibt er einen Maklerbund, der zahlreiche Einzelkämpfer und kleine Büros aus der Branche unterstützt. Die Frage, ob er einen Kollegen oder Mitbe- werber kennt, der aktuell einen Auszubilden- den hat oder einen sucht, verneint er sofort. Immerhin: Er selbst spielt mit dem Gedanken, einen Azubi einzustellen – und wäre damit schon eine echte Ausnahme. Denn so sehr die Landschaft der Fonds- und Versicherungsvermittler auch von Klein- und Kleinstunternehmen geprägt wird: Sie selbst tun herzlich wenig dafür, dass ihrer Branche frisches Blut zufließt. Die Aufgabe der Nach- wuchsförderung überlassen sie in aller Regel anderen. Demografisches Problem Dass Deutschlands Finanzberaterwelt ein demografisches Problem hat, ist hinlänglich bekannt. Studien zufolge liegt das Durch- schnittsalter der Versicherungs- und Finanz- anlagenvermittler mittlerweile bei über 50 Jahren. Weniger als fünf Prozent der Vermitt- ler sind jünger als 30 Jahre. Gut möglich also, dass in den kommenden 10 bis 15 Jahren mehr als die Hälfte der heute tätigen Ver- mittler in den Ruhestand gehen – und damit eine große Lücke hinterlassen. Wie groß diese Lücke ist, lässt sich mangels zuverlässiger Zahlen nicht exakt beziffern. Schon die Grundge- samtheit der Vermittler kann nur grob umrissen werden. Zuletzt arbeiteten hierzulande fast 37.000 Finanzanlagen- vermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) und rund 230.000 Versicherungsvermittler gemäß Paragraf 34d GewO, zeigt das Register des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Einfach addieren kann man diese Zahlen aber nicht, denn viele 34f-Berater verfügen auch über eine 34d-Erlaubnis, was die Gefahr eine Doppelzählung birgt. Au- ßerdem werden im Vermittlerregister bloß die juristischen und natürlichen Personen mit Erlaubnis gezählt, Mitarbeiter, die auch als Vermittler tätig sind, hingegen nicht. Aus der Ausbil- dungsstatistik des DIHK geht hervor, dass seit 2009 im Jahresschnitt rund 5.500 neue Verträge für „Kaufleute für Ver- sicherungen und Finanzen“ ge- schlossen wurden, duale Studen- ten inklusive. Von diesen entschei- den sich aber vermutlich mehr als die Hälfte gegen eine Laufbahn als Finanzberater. Verlässliche Zahlen zu jungen Quereinsteigern ohne eine solche Ausbildung fehlen völlig. Fehlende Ressourcen Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich nur sagen, dass die meisten jungen Menschen den Weg über Finanzvertriebe und Versicherer in die Branche finden. Ein Grund dafür ist schlicht, dass Versicherer bekannte Namen haben und die jungen Menschen die Ge- schäftsmodelle kennen: „Dagegen wissen sehr viele junge Erwachsene nicht, was ein Makler macht“, sagt Alexandra Kallmeier, Geschäfts- führerin von Morgenroth Versicherungsmakler aus dem bayerischen Hallstadt. Das Ge- schäftsmodell großer Finanzvertriebe dürfte auch nicht bekannter sein, sie bieten Nachwuchsvermittlern aber bessere Karrieremöglichkeiten. Dazu kommt eine größere wirt- schaftliche Sicherheit – ein weiterer Punkt, der der Generation Y sehr wichtig ist. „Diese Perspektiven fehlen bei kleinen und mittleren Mak- lern schlicht“, sagt Ronald Perschke, Vorstand beim Bildungsdienstleister Going Public. Das geringe Angebot an Ausbil- dungsplätzen bei Maklern hat aber noch andere Gründe: „Die meisten Vermittler wenden leider weder die nötige Zeit noch die finanziellen Res- sourcen auf, eine Ausbildung oder die Betreuung eines dualen Studenten zu stemmen“, so Perschke. Schließlich Grundschule, Gymna- sium und dann die Ausbildung zum Kaufmann für Ver- sicherungen und Finanzen? 5.500 Menschen im Jahr gehen diesen Weg. 206 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 vertrieb & praxis I beraternachwuchs Foto: © Fotolia | Picture-Factory Die Finanzbranche bildet durchaus neue Berater aus. Meist übernehmen Vertriebe und Versicherer diese Aufgabe. Kleinere Vermittler bleiben in der Regel Zaungäste. Auf die Größe kommt es an Drei von vier bestehen Prüfungen zum Finanzanlagenfachmann (§ 34f GewO) Die Daten basieren auf den Angaben der IHK aus zehn Bundesländern sowie der IHK Neubrandenburg, die für einen Teil Brandenburgs zuständig ist. Es fehlen Zahlen aus Bremen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sach- sen und Schleswig-Holstein. *Stand: Teilnehmer: 8/2016; bestanden: 6/2016 ** IHK Berlin meldete für 2014 keine Daten über bestandene Prüfungen Quelle: DIHK 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 *2016 2015 2014 6.285 Prüfungsteilnehmer ** 4.477 davon bestanden 2.191 1.756 1.245 916 Prüfungsteilnehmer davon bestanden

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