FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
210 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 nach Konzernangaben nur rund jeder Vierte in den Vertrieb. Viele Quereinsteiger Wer sich ein Bild von der Nachwuchssitua- tion in der Finanzberatung machen möchte, darf nicht vergessen, dass neben einer Ausbil- dung auch die Möglichkeit besteht, mit einer bestandenen Prüfung zum Finanzanlagen- oder Versicherungsfachmann (34f- bzw. 34d- Sachkundeprüfung) in den Job einzusteigen. Im Versicherungsbereich ist selbst diese Min- destqualifikation kein Muss: Hier darf ein Arbeitgeber, der über eine 34d-Erlaubnis ver- fügt, dafür bürgen, dass seine Vermittler das nötige Fachwissen haben. Die Zahl solcher Quereinsteiger unter 30 Jahren ist Branchenkennern zufolge aber sehr überschaubar. Insbesondere in kleinen Unter- nehmen findet man kaum frisches Blut – obwohl die Vorbereitung auf eine Sachkun- deprüfung deutlich weniger Ressourcen bindet als eine mehrjährige Ausbildung. Grund dafür ist wohl die Zurückhaltung der Nachwuchs- kräfte. „Junge Leute bevorzugen grundsätzlich eine anerkannte Berufsausbildung“, sagt Perschke. Angaben von Industrie- und Handelskam- mern aus zwei Bundesländern bestätigen die- se Beobachtung: In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern waren in den Jah- ren 2014 und 2015 in Summe gerade mal 21 Teilnehmer an 34f-Prüfungen unter 30 Jahre alt – das sind nur sieben Prozent aller Prüflin- ge. Aus anderen Bundesländern waren diese Zahlen nicht in Erfahrung zu bringen, die Größenordnung dürfte aber ähnlich sein. Bei den größeren Finanzvertrieben liegt die Zahl der Quereinsteiger deutlich höher. Nicht wenige von ihnen bringen sogar eine Hoch- schulausbildung mit. Einige Vertriebe stellen bevorzugt Akademiker ein, etwa die ASI Wirtschaftsberatung aus Münster. Das be- kannteste Beispiel ist sicherlich MLP: Da sich der Wieslocher Konzern auf Akademiker fokussiert, sucht er als Berater fast ausschließ- lich Hochschulabsolventen. „Lasst den Markt austrocknen“ Vielleicht ist es aber auch gar nicht so tra- gisch, dass die Vermittlerbranche Nachwuchs- sorgen hat. Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Lübecker Maklerpools Blau Direkt, schätzt, dass der Produktabsatz in Zukunft zu 70 Prozent über digitale Kanäle erfolgen wird. Da ist fraglich, ob die Perspektiven für Neu- einsteiger wirklich so gut sind, wie gern behauptet wird. Mit Blick auf die schiere Zahl der Vermittler scheint der Markt ohnehin überbesetzt zu sein. „Lasst den Markt doch mal austrocknen“, rät er. „Dann verdienen die wenigen Berater auch besser.“ JENS BREDENBALS | FP vertrieb & praxis I beraternachwuchs Foto: © Privat, Unternehmen Junge Berater | Kurzinterview mit drei Finanz-Rookies Auch wenn das Image der Finanzberater schlecht ist: Einige junge Leute entscheiden sich trotzdem für diesen Beruf. Drei Nachwuchskräfte berichten, was sie an ihrem Job schätzen. Warum haben Sie sich für eine Karriere als Berater entschieden? Aus welchen Gründen haben Sie sich für Ihr Unternehmen entschieden? Was schätzen Sie an Ihrem Beruf? Thomas Fischer, Finanzberater VPM Consulting Nils Kroniger, Mitarbeiter Außendienst HDI Jan Kirchgessner, Financial Consultant MLP Fischer: Ich muss mir ständig neues Wissen an- eignen und dies meinen Kunden weitergeben. Das ist eine ständige Herausforderung, die mir aber Spaß macht. Kroniger: In erster Linie, dass ich mich dauernd per- sönlich und fachlich weiterentwickeln kann. Kunden sind meist Geschäftsführer von kleineren bis größeren Firmen, das ist immer eine Herausforderung. In mei- nem Beruf wird Leistung gesehen und wertgeschätzt. Nicht zu unterschätzen sind die flexiblen Arbeitszeiten. Kirchgessner: Die tägliche fachliche und persönliche Herausforderung. Man muss sich zum einen auf jeden Kunden neu einstellen, zum anderen steht die Welt der Investments und Versicherungen nicht still. Auch die Work-Life-Balance als Selbstständiger ist nicht zu verachten. Fischer: Die Branche hat bekanntlich einen schlechten Ruf. Auf der Suche nach einem seriösen Unternehmen bin ich über einen persönlichen Kontakt auf VPM Con- sulting gestoßen. Hinzu kommt, dass ich nicht in einem Konzern arbeiten möchte. Ich schätze sehr, dass unser Team aus sechs Personen besteht und ich dadurch schnell Verantwortung tragen kann und muss. Kroniger: HDI ist ein großer Versicherer, der entspre- chende Ressourcen für die Ausbildung hat und auch Karrieremöglichkeiten bieten kann. Zudem ist der Name HDI bekannt, was ich auch täglich bei Gesprä- chen mit Kunden erfahre. Kirchgessner: Ich habe nach Angeboten für ein dua- les Studium gesucht. Nach einigen Recherchen bin ich auf MLP gestoßen. Das Angebot hat mich einfach überzeugt. Ein weiterer Grund war und ist die breite Aufstellung von MLP. Der Mix aus Versicherungen, Geldanlage, Finanzierung sowie Vorsorgethemen ist abwechslungsreich und wird nie langweilig. Fischer: Nach meinem BWL-Studium wollte ich in den Finanzbereich und hatte zunächst auch den Finanz- journalismus ins Auge gefasst. Als Berater bin ich aber viel näher an meiner Zielgruppe und kann den Menschen bei Themen helfen, für die oft das Wissen fehlt oder gar falsch vorhanden ist. Kroniger: Das kam erst im Lauf meiner Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen. Am Anfang stand für mich im Vordergrund, eine kaufmännische Lehre zu machen. Nach ersten Erfahrungen und Erfolgen im Kundenkontakt habe ich mich dann für den Außen- dienst bei uns in der Osnabrücker HDI-Gebietsdirektion entschieden. Kirchgessner: Ich interessiere mich generell sehr für Finanzthemen. Schon früh hat mich die Frage bewegt, wie ich mein Geld vermehren kann. Hinzu kommt die Tatsache, dass mir die Arbeit mit Menschen viel Spaß macht und ich ein kommunikativer Typ bin – das kommt mir hier zugute. Und die Verdienstmöglich- keiten sind auch attraktiv.
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=