FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

222 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 prüft der Forderungskäufer, auch Factor ge- nannt, die Bonität des Verkäufers (Kreditors) und die seiner Kunden (Debitoren). Rechtlich ist gegen die Bonitätsprüfung nach Paragraf 4 Bundesdatenschutzgesetz nichts einzuwen- den, sofern Makler, Vermittler oder Berater bei ihren Klienten eine schriftliche Einwilli- gung einholen. Nach der Prüfung wird für je- den Kunden ein Limit vereinbart, bis zu dem der Factor Forderungen ankauft. Auch eine Gesamtvertragslaufzeit wird festgelegt Bonität der Kunden entscheidet Ist der Factoring-Vertrag unterzeichnet, kann der Kreditor seine Forderungen inner- halb der Laufzeit bis zum vertraglich fest- gelegten Limit revolvierend an den Factor verkaufen. Dieser behält je nach Bonität des Debitors gewisse Abschläge ein und über- weist die verbleibende Summe innerhalb we- niger Tage auf das Konto des Factoring-Kun- den. Den einbehaltenen Restbetrag erhält der Kreditor, sobald sein Kunde an den Factor ge- zahlt hat, spätestens aber 180 Tage nach Fäl- ligkeit der Rechnung. Zahlt der Endkunde gar nicht, hat dies für den Vermittler oder Berater keine Auswirkungen. Denn: Das Risiko eines Forderungsausfall geht beim sogenannten „echten“ Factoring auf den Factor über. Die- ser übernimmt auch das gesamte Rechnungs- und Mahnwesen. Unkompliziert bei Honoraren „Das Factoring von Vermittlungs- und Bera- tungshonoraren ist relativ einfach“, sagt Hoter. Der Grund: Honorare sind Einzelvereinbarun- gen zwischen einem Makler, Fondsvermittler oder Berater und dessen Kunden, die nicht storniert werden können. Voraussetzung für den Ankauf ist, dass die Forderungen einre- defrei sind, der Klient sie also nicht gerichtlich bestreitet. Sofern der Berater durch unter- schriebene Verträge oder Honorarvereinbarun- gen belegen kann, dass eine Dienstleistung tatsächlich erbracht wurde, sind die Forderun- gen werthaltig. „Werthaltigkeit bedeutet, dass wir die Forderungsbeträge vollständig reali- sieren können“, erklärt Hoter. Bei Courtagen, die Versicherungsmakler etwa für den Abschluss einer Lebenspolice erhalten, ist die Werthaltigkeit hingegen nicht gegeben. „Solche Forderungen kaufen wir zwar auch an“, sagt der Eurofactor-Vorstand – allerdings mit hohen Abschlägen. Der Grund dafür ist die Stornohaftung. Kündigt ein Ver- sicherungskunde seinen Vertrag innerhalb der Stornohaftzeit, entgeht dem Makler seine Pro- vision ab dem Kündigungszeitpunkt für die darauffolgenden Jahre. Hat der Versicherer sie bereits komplett an den Makler ausbezahlt, fordert er sie anteilig zurück. Würden ein Fac- toring-Institut die Courtagesumme zu 100 Prozent vorfinanzieren, ginge es folglich ein sehr hohes Risiko ein. Aus diesem Grund kaufen Factoring-Ge- sellschaften Forderungen aus der Vermittlung von Versicherungspolicen gegen Abschluss- provision nur mit Abschlägen von bis zu 30 Prozent an. Die Höhe dieses Sicherheitsein- behalts richtet sich dabei nach der Stornoquo- te des Maklers. Ein Vorteil des Factorings: Versicherer behalten oft eine Stornoreserve ein, bis der letzte Vertrag, den ein Makler ver- mittelt hat, aus der Haftung heraus ist. Damit erhalten Vermittler die Restsumme häufig erst Jahre, nachdem sie ihre Tätigkeit für den An- bieter beendet haben. Factoring-Gesellschaf- ten zahlen den Abschlag aus, sobald die Stor- nohaftfrist für einen Vertrag abgelaufen ist. Allerdings bieten nur wenige Institute einen Ankauf von Vermittlungsprovisionen an. Auch Eurofactor akzeptiert Forderungen die- ser Art nur vereinzelt. „Versicherer sehen meist ein Abtretungsverbot vor“, sagt Löw. Dieses muss erst einmal aus dem Vertrag ge- nommen werden, was aufwendig ist. Hono- rare hingegen finanzieren alle Anbieter vor, wobei sich der Wiesbadener Maklerpool Jung, DMS & Cie. auf Forderungen aus der Ver- mittlung von Versicherungen beschränkt. Be- vertrieb & praxis I factoring von honorar- und provisionsforderungen Foto: © Eurofactor; Jung, DMS & Cie Jens Hoter, Eurofactor: „Das Factoring von Vermittlungs- und Beratungshonoraren ist relativ einfach.“ Christian Jaffke, Jung, DMS & Cie: „Wir bieten eine Vor- finanzierung von Vermittlungshonoraren an.“ Factoring: Das Wichtigste in Kürze Begriff und Funktionsweise: Der Begriff Factoring ist vom lateinischen Wort „factura“ (Rechnung) abgeleitet. Beim Factoring verkauft ein Unternehmen oder Selbst- ständiger (Kreditor) Forderungen gegen einen oder meh- rere Schuldner (Debitor) vor Fälligkeit an eine Bank oder ein Factoring-Institut (Factor). Dies geschieht meist nicht einmal, sondern innerhalb eines vereinbarten Zeitraums und in einem bestimmten Forderungslimit revolvierend. Der Kreditor haftet dafür, dass seine Forderungen zu Recht bestehen werden (Veritäts-Risiko). Das Risiko des Forde- rungsausfalls (Delkredere-Risiko) geht auf den Factor über. Varianten: Für Industrieunternehmen bieten Factoring- Gesellschaften zahlreiche Versionen des Forderungsver- kaufs an. Für Versicherungsvermittler und Finanzanlagen- vermittler gibt es zwei Varianten: das Honorar-Factoring und das Factoring von Provisionen. Grundsätzlich funk- tionieren beide Formen nach demselben Schema. Das Factoring von Provisions- oder Courtageforderungen ge- genüber Lebensversicherern ist aufgrund der Stornohaf- tung allerdings etwas komplizierter. Beim Honorar-Facto- ring kaufen manche Institute keine Honorare aus der Beratung über Finanzprodukte an, andere tun es. Forderungen: In der Regel akzeptieren Factoring-Insti- tute nur Forderungen für Leistungen, die bereits erbracht worden sind. Zudem müssen sie einredefrei sein, dürfen vom Kunden also nicht gerichtlich bestritten werden. Kosten: Die Kosten für das Factoring richten sich übli- cherweise nach der Bonität des Kreditors, der Bonität seiner Kunden, nach der Art der Forderungen und ihrem Volumen. Die Factoring-Gebühren bewegen sich zwischen einem und zehn Prozent, wobei vier Prozent eine gängige Größenordnung sind.

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