FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
Produkte im Angebot haben, die nicht über den Bankkanal angeboten werden, etwa Fonds auf Europa und Lateiname- rika. Hier spielen wir unsere DNS aus. Andererseits weisen wir nicht die breite Produktpalette anderer Häuser auf. Wir haben insofern ein sehr fokussiertes Produktportfolio. Und im Übrigen ist die Zahl der Fonds sicherlich kein Qua- litätsmerkmal. Also konzentrieren Sie sich auch künftig auf den Bankvertrieb? Als internationaler Asset Manager muss man den Vertrieb über verschiedene Ka- näle beherrschen. Ein Produkt, das für alle Kanäle gleichermaßen funktioniert, ist selten. Wir werden bei Bedarf für jeden Kanal individuell Angebote ge- stalten und auch den Service danach ausrichten. Die Herausforderung dabei ist, die Kosten im Griff zu halten. Welche Kanäle meinen Sie genau? Es ist wie beimAuto, einige Investoren wollen bei ihren Investments das Steuer lieber selbst in der Hand behalten. Andere Anleger hingegen wollen lieber hinten sitzen und sich chauffieren lassen. Dieses Bild zeigt die ganze Bandbreite – und dies haben wir auch in unserer Strategie verinnerlicht. Für die Klientel mit mittlerem Vermögen, die sich lie- ber chauffieren lässt, bieten wir mit den drei Risikoprofilen der Select-Serie einen Zugang. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr eine strukturierte Vermögensverwaltung auf- gebaut. Diese richtet sich an die Premiumkun- den der Santander Bank ab einer Einmalanla- ge von 100.000 Euro. Das war eine große Herausforderung. Denn hier ist die Erwar- tungshaltung verständlicherweise hoch. Was ist mit denen, die selber fahren – die überlassen Sie den Direktbrokern? Nein. Wir sind dabei, etwas für die Selbstfah- rer zu entwickeln. Das wird ein Produkt, bei dem wir Kostenvorteile komplett an die Kun- den weiterreichen. Das klingt sehr nach einem Indexfonds- Produkt. ETFs haben Vor-und Nachteile. Wer nur auf einen Index setzt, kann damit zwar günstig ein Portfolio aufbauen. Aber man stößt zum Bei- spiel im Rentenbereich rasch an Grenzen. Wenn also ein passives Produkt einen Markt oder einen Sektor besser widerspiegelt, dann nutzen wir sehr gezielt schon heute Index- folger in unseren Multi-Asset-Fonds. Unser neues Angebot wird vorwiegend auf passive Produkte zurückgreifen und den aktiven Nut- zen aus der Asset Allocation ziehen. Wappnen Sie sich so gegen die aufkei- mende Konkurrenz durch Fintechs und ihre Robo-Berater? Ich sehe da eine Entwicklung. Die Branche muss womöglich von dem einen oder anderen liebgewonnenen Gedanken Abschied nehmen. Und dieses Thema stellt uns ganz klar vor eine Herausforderung. Wir müssen mit den Entwicklungen am Markt und imAnlagever- halten stets Schritt halten. Daher stellt sich auch für uns nicht die Frage, ob, sondern wann und wie wir hier einsteigen müssen. Was heißt das konkret? Wir müssen nicht nur über die Filialen, son- dern auch im Direktgeschäft, online und mobil präsent sein. Wir sind bereits mit Drittanbietern im Geschäft, aber nur sehr ausgewählt. Der Bereich der Fondspolicen im Vorsorgegeschäft ist sehr wichtig für uns. Die Entwicklung geht hier zu immer mehr Produkten mit Kapitalmarktausrichtung. Das ist ein Wachstumspfad, und wir wollen dabei sein. Der wichtigste Kanal für uns bleibt aber die Santander Bank. Denn das Filialgeschäft bietet den Kunden einen hohen Mehrwert in Form von Beratung. Dennoch sprachen Sie davon, mithal- ten zu müssen. Geht Santander bald mit einem Fintech an den Markt? Muss ein Fondsanbieter einen Robo- Advisor bieten? Ich denke, eher nicht. Das ist ein Thema für die Beratung. Als Asset Manager halten wir uns im Hin- tergrund. Wir verstehen uns als Produkt- und Serviceanbieter. Und ein nüchterner Blick zurück zeigt: Schon um die Jahr- tausendwende habe ich eine Phase er- lebt, wonach sich das Leben praktisch nur noch online abspielen sollte. Daraus ha- ben wir alle gelernt. Wir werden nicht mehr so eine Euphorie und eine Enttäuschung erle- ben wie 2000 im New-Economy-Hype. Fintechs sind also mehr Hype als echtes Geschäftsmodell? Nein, das würde ich nicht sagen. Das ist heute alles schon sehr viel valider. Umkehren lassen wird sich dieser Trend ohnehin nicht mehr. Der Weg ist vorgegeben. Es wird zwar nach wie vor denjenigen geben, der in die Filiale geht und eine persönliche Beratung wünscht. Die junge Generation erledigt wiederum sehr viel über das Smartphone, warum nicht die Vermögensanlage oder den Fondssparplan? Andere Häuser kooperieren mit beste- henden Fintechs oder kaufen sie auf. Ja, die Frage stellt sich immer, ob man so etwas im eigenen Haus entwickelt oder von außen dazukauft. Egal welche Lösung man nimmt, Kooperation oder Zukauf, der Ent- wicklungszyklus ist heute schon extrem kurz geworden. Santander kann deshalb einen Markteintritt relativ rasch realisieren. Dabei sind verschiedene Ansätze denkbar, und wenn, dann geht das vergleichsweise schnell. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER | FP vertrieb & praxis I stefan jochum | santander asset management 242 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 » Wir müssen nicht nur über die Filialen, sondern auch im Direktgeschäft, online und mobil präsent sein. « Stefan Jochum, Santander Asset Management Foto: © Christoph Hemmerich Stefan Jochum: „Die Branche muss womöglich von dem einen oder anderen liebgewonnenen Gedanken Abschied nehmen.“
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