FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

B raucht es ein Wunder?“, betitelte vor drei Jahren die Unternehmensberatung McKinsey eine Studie über den Fonds- absatz bei Banken. Der Autor Philipp Koch, Seniorpartner und Leiter der europäischen Asset-Management-Beratung bei McKinsey, kam damals zu dem Schluss, dass nach der Finanzkrise die Vertriebskette zwischen Ban- ken oder Versicherungen und ihren ange- schlossenen Fondsanbietern gebrochen war – sogar mehrere Glieder davon. Existenzfrage gestellt Waren die Vertriebskanäle von Geldhäusern einst eine stete Quelle, die Häusern wie der Deutschen Asset Management, Dekabank oder Union Investment scharenweise Retail- kunden zuführten, versiegte in den Jahren nach der Lehman-Pleite der Zufluss. Viele Kunden zogen sogar Geld ab. Unabhängige Asset Manager wie Blackrock, M&G oder Flossbach von Storch hingegen konnten mas- sive Mittelzuflüsse auf sich vereinen. Koch zufolge standen immer mehr Anbieter vor einer existenziellen Frage: Lässt sich das einst so ein- trägliche Retailgeschäft über- haupt fortführen? Doch nun hat sich das Blatt gewendet. Seit 2014 gewin- nen bank- und versi- cherungsnahe Anbieter wie- der die Gunst der Anleger, während unabhängige An- bieter mit verhaltenen Mittelzuflüssen oder gar Abflüssen ringen. Dies zeigt eine Auswer- tung des Absatzes von Wertpapierpublikums- fonds auf Basis der Daten des Branchenver- bandes BVI. FONDS professionell teilte dazu die Branche in bank- oder versicherungsnahe Anbieter mit angeschlossenem Retailvertrieb einerseits und ungebundene Häuser anderer- seits. Demnach erlitten abhängige Anbieter von 2008 bis 2012 unterm Strich Mittelabflüs- se, während unabhängige Häuser insgesamt massiv Geld einsammeln konnten – mit Aus- nahme des schwachen Börsenjahres 2012. Im Jahr 2013 zeichnete sich eine Erholung für die banknahen Fondshäuser ab, die dann 2014 und 2015 in satten Zuflüsse mündete. Die Auswertung erfasst allerdings nur An- bieter, die seit 2007 regelmäßig ihren Absatz an den Branchenverband BVI melden. Neue Spieler wie Flossbach von Storch, Ethenea oder Carmignac sind hier nicht erfasst. Da aber die Hochzeiten insbesondere von Ethenea und Carmignac vor 2014 lagen, dürfte das Bild nicht we- sentlich verzerrt sein. Zudem kommt das Analysehaus Cerulli Associates in einer ähnlichen Auswertung für ganz Europa zu demselben Bild. Die Experten beobachteten, dass seit 2014 nur ein Drittel der Mittelzuflüs- se an unabhängige Asset Manager ging. Von 2009 bis 2013 konnten die Ungebundenen 90 Prozent der Zuflüsse vereinnahmen. Gelang den Banken, Versicherern und ihren angedockten Fondsanbietern also ein Wun- der? „Vielleicht gibt es keine Wunder, aber zumindest haben die Banken und Versiche- rungen mit ihren verbundenen Fondsanbietern den Vorwärtsgang eingelegt“, sagt McKinsey- Mann Koch heute mit einem Lachen. Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch die Analys- ten von Cerulli. „Banken haben aus Sorge um die Gewinnmargen ihre Asset-Management- Ableger aufpoliert“, sagt Barbara Wall, Ma- naging Director für Europa bei Cerulli. Falsches Sortiment „Einer der Katalysatoren für die Wende war die Rückkehr der Privatanleger in den Fonds- markt. Diese Gruppe steht traditionell im Fokus der gebundenen Anbieter“, ergänzt Wall. „Das Umfeld für Asset Manager ist freundlich“, stimmt auch Experte Koch zu. Angesichts der niedrigen Zinsen verlören klassische Spareinlagen an Bedeutung. Dem- gegenüber habe der Kapitalmarkt zuletzt eine steigende Tendenz aufgewiesen, trotz erheb- licher Schwankungen. Dennoch konnten die abhängigen Anbieter das positive Umfeld erst in letzter Zeit in Mittel- flüsse für sich ummünzen. Den Grund dafür sah Koch vor drei Jahren in seiner Studie unter anderem in dem Produktangebot der Fondstöchter, das den Bedürfnissen der Privatanleger kaum gerecht wurde. Hinzu kamen die Skandale, die mit der Finanzkrise zutage getreten waren. Daher hegten viele Berater in den Banken erheb- liche Bedenken, ihren Kunden die konzern- eigenen Produkte zu empfehlen. Obendrein hätten die Anbieter die Endkundenberater nicht ausreichend über ihre Produktpalette geschult. Bei den Kunden wiederum keimte der Verdacht, dass hauseigene Produkte in erster Linie den finanziellen Interessen der Bank dienen. Dicken Fisch ge- fangen: Nach glück- losen Jah- ren ködern banknahe Fondsanbieter nun wieder deutlich mehr Kapital von Retailkunden. 248 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 vertrieb & praxis I banknahe fondsanbieter Foto: © Fotolia | vitaliy melnik Nach mageren Jahren sammeln die Fondstöchter von Banken und Versicherungen wieder im großen Stil Geld ein: Wie den Häusern die Wende gelang. Kapitaler Fang

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