FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

bank & fonds I dieter bender | degussa bank 254 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 Foto: © Christoph Hemmerich D er Frankfurter Westen ist die Werk- bank der Finanzbranche. Während sich im Zentrum der Main-Metro- pole glitzernde, repräsentative Bürotürme aneinanderreihen, sitzen im Westen die Verwaltungen. Passend zu ihrem Konzept als „Worksite“-Institut hat auch die Degussa Bank hier ihren Hauptsitz. Das Geldhaus entspringt der „Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt“, kurz Degussa. Während der traditionsreiche Chemiekonzern unter das Dach von Evo- nik schlüpfte, gehörte die Banksparte zeit- weilig zur ING Diba, bis M.M. Warburg die Anteile übernahm. Das namengebende Goldgeschäft ist längst verkauft, so hat auch „Degussa Goldhandel“ nichts mehr mit dem Haus zu tun. Herr Bender, die Degussa Bank tritt als „Worksite“-Bank an die Kunden heran. Was verbirgt sich dahinter? Dieter Bender: Die Mitarbeiter von Unterneh- men sind unsere Zielgruppe. Ursprünglich ge- gründet für Konzernmitarbeiter der Degussa, bieten wir heute den Angestellten von über 100 Partnerunternehmen in ganz Deutschland Finanzdienstleistungen an. Somit können die Kunden ihre Bankgeschäfte in ihremArbeits- umfeld erledigen und müssen dazu nicht nach Feierabend eine Bankfiliale aufsuchen – die vielleicht geschlossen ist. Wir bieten etwa kostenlose Konten und Depots. Und die Mit- arbeiter finden einen Ansprechpartner vor Ort für komplexere Fragen. Wo sind Sie vertreten? Unsere über 230 Bank-Shops finden sich an den Standorten vieler Dax-Konzerne wie Bayer, BASF, Henkel, Lanxess oder Siemens. Auch bei vielen MDax-Unternehmen sind wir gut vertreten. Von über 500 möglichen Stand- orten sind wir in der Hälfte präsent. Wie viele Mitarbeiter muss ein Firmen- standort aufweisen, damit sich eine eige- ne Bankfiliale lohnt? Das kommt ganz auf den Standort an. Die Zahl der Mitarbeiter ist gewiss eine Kennzif- fer. So benötigen wir bei weitläufigen, ver- zweigten Chemiestandorten eine größere Mit- arbeiterzahl, bei konzentrierten Verwaltungen reicht eine geringere. Jedoch ziehen wir auch andere betriebswirtschaftliche Kriterien in Betracht. Und es kommt natürlich darauf an, wie affin die Menschen dort für Finanzdienst- leistungen sind. Wie groß ist eine typische Filiale? Die Struktur und Größe ist abhängig vom Standort. In unseren größeren Bank-Shops, zum Beispiel in Hanau, Marl oder Wesseling, arbeiten rund sechs Mitarbeiter. Das ist aus unseren Wurzeln in der Chemieindustrie ge- wachsen. Die Kollegen vor Ort haben eine breite Qualifikation. Sie nehmen auch Bera- tungstermine wahr. Dennoch hat auch die Degussa Bank Filialen geschlossen. Ende 2014 waren es 277 – ein Minus von 17 Prozent. Der Auslöser für den Umbau der Struktur sind die Erwartungen unserer Kunden an den Ser- vice. Wir schichten um und investieren in die Erreichbarkeit über digitale Medien und Te- lefon. Wir haben das Angebot an Bank- Shops nur dort eingeschränkt, wo der per- sönliche Kontakt für Kunden nur noch einen nachrangigen Stellenwert besitzt. Das Niedrigzinsumfeld beschleunigt die Veränderung der Geschäftsmodelle von Retailbanken. Wir hatten in der Vergan- genheit ein starkes Kundenwachstum mit unseren Zinsprodukten, diese sind in der Niedrigzinsphase weniger gefragt. Gewinnt Ihr Bereich, das Wertpapier- geschäft, daher an Bedeutung? Innerhalb unseres Konzepts sind wir momentan ein Wachstumsfeld. Daher investieren wir hier auch. Wir stellen uns allen Änderungen. Bei uns dreht sich alles um die Digitalisierung. Das Wertpapiergeschäft wuchs im ver- gangenen Jahr um zwölf Prozent, das Provisionsergebnis kletterte um 8,8 Pro- zent auf 32,1 Millionen Euro. Wollen Sie dieses Wachstum so fortsetzen? Die Wachstumsrate pendelte in den vergange- nen Jahren um die zehn Prozent. Wenn man in Betracht zieht, dass wir nicht zu den be- kanntesten Akteuren im Bankenmarkt zählen, würde ich das als Erfolg werten. Wir kommen mit unseren Angeboten gut in den Markt hinein. Derzeit betreuen wir im Wertpapier- geschäft ein Vermögen von 2,4 Milliarden Euro. Im Einlagenbereich des Instituts sind es 4,2 Milliarden. Wir kommen auf 85.000 Wert- papierdepots bei rund 670.000 Kunden. Hier zählen die Kunden unserer Konzerntöchter hinzu, etwa des Versicherungsmaklers Prinas. Den kontrollierten Wachstumspfad wollen wir fortsetzen. Zehn Prozent Zuwachs sind in einem verteilten Retailmarkt ohnehin recht sportlich. Dabei ist ein verstärktes Cross-Sel- ling im Kundenstamm ein Schlüsselfaktor. Wie wollen Sie das Tempo halten? Der Nullzins ist für alle Anleger ein Thema, auch für uns. Ein wichtiges Angebot ist das Zinsersatzgeschäft. Dabei setzen wir im grö- „Die persönliche Beratung » Wir heben in der Ver- marktung relativ stark Kombiprodukte aus Zins- und Fondsinvestments hervor. Die Kalkulation beruht natürlich auf einer Teilsubventionierung. « Dieter Bender, Degussa Bank Die Degussa Bank vermarktet sich als Geldhaus am Arbeitsplatz. Doch wie bei anderen attackieren Niedrigzins und Direktbankenkonkurrenz das Geschäftsmodell. Der Leiter des Wertpapierbereichs Dieter Bender erläutert, wie das Institut gegensteuern will, welche Rolle der Fondsverkauf spielt und wie nützlich Regulierung sein kann.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=