FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

260 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 bank & fonds I mobiler ver trieb Foto: © Fotolia | jiribic I nnerhalb von zehn Minuten können Be- rater auf der Internetseite der Postbank mithilfe eines Fragebogens testen, ob sie für den mobilen Vertrieb geeignet sind oder nicht. Wer dabei sein möchte, sollte Fragen wie „Können Sie gut mit Niederlagen umge- hen?“ oder „Gehen Sie offen auf Menschen zu?“ möglichst mit „Ja“ beantworten. Die Bonner müssen wissen, wovon sie sprechen, denn sie stellen mit mehr als 3.500 freien Handelsvertretern das größte Heer an mobilen Bankern innerhalb der deutschen Geldwirt- schaft. Organisatorisch sind die „Mobilen“ in der Postbank Finanzberatung AG angesiedelt und arbeiten dort als selbstständige Unterneh- mer nach Paragraf 84 des Handelsgesetzbu- ches im Finanz- und Immobilienvertrieb und in der Baufinanzierung. Insbesondere in den 1990er-Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends gab es einen wahren Run der Banken in den mobilen Ver- trieb. Dem Kunden sollte abseits der Filiale und des Telefons ein neuer und vor allem bequemer Zugangsweg eröffnet werden. Die- se Zeiten sind jedoch vorbei. So verabschie- dete sich beispielsweise die Hypovereinsbank bereits Ende 2006 aus diesem Geschäftsfeld. Berater klagten über Probleme mit der Soft- ware und mangelnde Kooperationsbereitschaft der Filialen. Wenig Glück mit ihrer mobilen Vertriebseinheit hatte auch die Hamburger Sparkasse. Sie stellte im Dezember 2010 den Geschäftszweig ein und übernahm die rund 80 mobilen Berater in ein festes Angestellten- verhältnis. Dies geschah nicht ohne triftigen Grund: Kurz zuvor hatte der hanseatische Datenschutzbeauftragte ein Bußgeld in Höhe von 200.000 Euro gegen Deutschlands größte Sparkasse verhängt. Das Kreditinstitut hatte den selbstständigen Beratern Zugriff auf Kun- dendaten ermöglicht und damit gegen Daten- schutzauflagen verstoßen. Die Filiale ist nach wie vor der Hauptort für das Kundengeschäft. „Der mobile Vertrieb ist in die Zange von stationärem Vertrieb und Onlinegeschäft geraten. Gute Kunden werden bei Bedarf vom stationären Berater auch zu Hause besucht. Auch online kann ich als Kun- de beraten werden“, sagt Mark Roach, Ge- werkschaftssekretär bei Verdi. Auch die Com- merzbank als zweitgrößte deutsche Bank hält sich zurück. „Wir gehen diesen Weg bewusst nicht“, so ein Sprecher der Bank in Frankfurt. „Wir sind durch unser Filialnetz in der Fläche präsent und beraten dort durch fest angestellte Mitarbeiter. Wenn der Kunde es wünscht, beraten wir auch schon mal abends bei ihm zu Hause.“ Kaum Wertpapiere Dennoch halten einige Banken an dem Ver- triebsweg fest, so auch die Targobank aus Düsseldorf. Die Rheinländer setzen deutsch- landweit über 240 mobile Berater ein, die auch am späten Abend oder am Samstag un- terwegs sind. „Die Kunden wünschen sich eine Bank, die sie bequem und einfach nutzen können – zu jeder Zeit, an jedem Ort und über jeden Kanal. Die Trennung zwischen Offline- und Onlinewelt löst sich auf“, so ein Sprecher der Bank. „Entsprechend gibt es nach wie vor viele Kunden, die sich gern zu Hause beraten lassen möchten.“ Die Düsseldorfer decken mit der mobilen Truppe auch dünner besiedelte Gebiete ab, in denen sich kein eigener Filial- standort rechnet. Aber auch in Großstädten nehmen Kunden den mobilen Vertrieb in Anspruch, da sie den Kontakt zu einem per- sönlichen Berater und die zeitliche Unabhän- gigkeit schätzen. Der mobile Vertrieb der Targobank bietet Girokonten, Privatkredite, Baufinanzierungen sowie Versicherungsprodukte an. Eine Anla- ge- und Wertpapierberatung gibt es nicht. Auf- grund der hohen regulatorischen Anforderun- gen werden diese nur von den dafür speziali- sierten Anlageberatern in den Filialen und den Vermögenscentern angeboten. Auch die Post- bank hält sich bei Wertpapieren zurück. „Wir verabschieden uns im Bereich des mobilen Vertriebs vomAllfinanzvertrieb“, so ein Spre- cher der Bank. „Wir bieten keine Wertpapier- beratung mehr an. Auch Altersvorsorgepro- dukte beraten wir nur, wenn sie einen Immo- bilienbezug besitzen.“ Eine vollumfängliche mobile Beratung bieten nur noch zwei Insti- tute an: die Deutsche Bank, die über rund 1.400 freie Berater verfügt, und die Apofinanz aus Düsseldorf, eine Tochter der Apobank und der Deutschen Ärzteversicherung. Gründe für den Rückzug aus dem Wertpa- piergeschäft gibt es einige: „Die Haftungsri- Nur wenige Banken setzen noch auf einen eigenen mobilen Vertrieb. Dennoch werden händeringend freie Berater für diese ambitionierte Aufgabe gesucht. Immer auf Achse Der Dienstwagen eines mobilen Beraters ist in der Regel deutlich größer als in dieser Montage. Eine Parallele zum Eisverkäufer gibt es jedoch: Nur der Abschluss zählt – Bestandsprovisionen erhalten die Selbstständigen meist nicht.

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