FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

D ie Zeiten für Fintechs scheinen glän- zend. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht werbewirksam eine Neugrün- dung verkündet wird. Auch Startkapital für neue Geschäftsideen ist üppig vorhanden, die Kassen der Venture-Capital-Gesellschaften sind gut gefüllt und andere attraktive Anlage- formen kaum in Sicht. Daher versuchen sich inzwischen rund 400 Start-ups am deutschen Finanzsektor. Mittlerweile tauchen jedoch dunkle Wolken am Horizont auf. Erste Unternehmen, etwa die digitalen Zahlungsdienstleister Barpay und Paymey, sind vom Markt verschwunden. Auch das Hamburger Start-up Finmar, das eine Plattform für die Vergabe von Krediten an Mittelständler betrieb, gab Ende vergange- nen Jahres auf. Die jungen Gründer räumten ein, dass es ihr Unternehmen nicht geschafft habe, die kritische Masse sowohl von Kredit- nehmern als auch von Anlegern zu erreichen. Außerdem habe Finmar die starke Konkurrenz durch andere Crowdlen- ding-Plattformen, die das Verleihge- schäft betreiben, unterschätzt. Harte Konkurrenz Oliver Mihm, Vorstand der Frank- furter Managementberatung Investors Marketing, prognostiziert den Fintechs für das Jahr 2020 einen Marktanteil von 0,5 bis 5,5 Prozent – je nachdem, wel- ches Marktsegment angegangen wird. Den größten Anteil vom jeweiligen Kuchen ergattern seiner Meinung nach die Crowdlending-Plattfor- men. Diese könnten in den nächsten vier Jahren bis zu 4,4 Milliarden Euro an Privat- kunden vermitteln. Den Ro- bo-Beratern traut er zu Beginn der nächsten De- kade rund 25 Milliarden Euro betreutes Vermögen zu, was einem Marktan- teil von gut zwei Prozent entspräche. Trotz der kei- neswegs geringen Markt- anteile malt er angesichts der Vielzahl der Anbieter ein düsteres Bild für die Zukunft. „80 Prozent der Fintechs verschwinden in den nächsten fünf Jahren vom Markt“, so Mihm. Insbesondere bei den Krediten von privat an privat tummeln sich etliche Anbieter, bei- spielsweise Smava, Lending Club oder Aux- money. Für ihre Vermittlungstätigkeit streifen die Plattformen eine Gebühr ein, die sie von den Kreditnehmern, den Kreditgebern oder von beiden Seiten erhalten. Große Anbieter wie das US-Unternehmen Lending Club ge- hen sogar einen Schritt weiter und bündeln die einzelnen privaten Konsumentenkredite zu großen Paketen und verkaufen diese an institutionelle Investoren weiter. Im Frühjahr wurden Vorwürfe laut, dass bei einem der Weiterverkäufe Kreditdaten der ursprüngli- chen Schuldner manipuliert worden sein sol- len. Außerdem soll es Lending Club mit den Bilanzierungsstandards nicht so genau genom- men haben. Die „Börsen-Zeitung“ schrieb von „abenteuerlichen, hedgefondsähnlichen Strukturen“, die die Macher an den Tag leg- ten. Die Offenlegung der unseriösen Prakti- ken führte dann auch zum Rücktritt von Vor- standschef Renaud Laplanche, einst ein strahlender Star der Fintech-Szene. Der Vorfall zeigt ein Grundproblem der Verleihplattformen auf: Die Bonität der dort angesiedelten Schuldner ist nicht immer gut, das Ausfallrisiko entsprechend hoch. Wer Zin- sen in Höhe von sieben bis zwölf Prozent verlangt, darf sich über Ausfälle oder einen Tilgungsverzug nicht wundern. Ein besonders anschauliches Beispiel: Der finnische Anbieter Ferratum, der über eine Banklizenz auf Malta verfügt, weist in seinen Geschäftszahlen für das vergangene Jahr bei einem Umsatz von gut 110 Millionen Euro Ausfälle in Höhe von 34 Millionen Euro aus. Bei diesen Zahlen müsste jeder Kreditanalyst einer deutschen Bank um seinen Job fürchten. Ausreichend viel Kapital, um die Kredite in Eigenregie zu vergeben, haben die meisten Fintechs nicht. Ein neuer „Neuer Markt“? Einige Marktteilnehmer vergleichen die aktuellen Entwicklungen bereits mit dem „Neuen Markt“, dem Hype um Internet- Start-ups zur Jahrtausendwende. Laut einer McKinsey-Studie haben von den damals rund 450 Finanzneugründungen weniger als eine Handvoll überlebt. Ganz so kritisch ge- stimmt ist Thomas Dapp vom Research der Deutschen Bank nicht. Zwar sieht auch er Parallelen zum Neuen Markt: „So treten viele junge Unternehmen an, die mit hohen Bewertungen verse- hen sind. Aber es gibt auch einen großen Unterschied: Die aktuel- len Technologien sind viel weiter entwickelt, und mittels viraler Effekte kann man da- mit viel mehr Kunden in kur- zer Zeit erreichen.“ Der Bankanalyst weist je- doch auch auf ein grundle- gendes Problem hin: „Der Kunde ist nicht mehr bereit, für Basisdienste Geld zu be- Die Fintechs sorgen nicht nur für ein laues Lüftchen, sondern wirbeln den Markt für Fi- nanzdienst- leistungen ganz schön durcheinander, mussten einige etablierte Spie- ler feststellen. Mitt- lerweile bläst al- lerdings auch den Start- ups Wind ins Ge- sicht. bank & fonds I strauchelnde star t-ups Foto: © Fotolia | animaflora, S-Broker, Investors Marketing Von den Fintechs, die Banken Konkurrenz machen wollen, werden wohl nur wenige überleben – der Höhepunkt des Hypes liegt vermutlich schon hinter uns. Gegenwind für Fintechs 266 www.fondsprofessionell.de | 3/2016

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