FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
267 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 zahlen, die es bei einem anderen Anbieter umsonst gibt.“ Potenzial sieht Dapp vor allem im B2B- Geschäft. „Wenn man bedenkt, dass beispiels- weise Akkreditive im Außenhandel immer noch in Papierform abgewickelt werden, bie- ten sich modernen Technologien wie der Blockchain künftig sicherlich große Einsatz- chancen“, sagt er. Erlösmodelle unter der Lupe Oftmals unterscheiden sich die Gründe für das Scheitern der Fintechs nicht von denen anderer Start-ups. Mal liegt es an einem nicht schlagkräftigen Geschäftsmodell, mal an einem unerfahrenen Management-Team. Und vielen geht auf lange Sicht auch die nötige Liquidität aus (siehe auch das Interview mit fünf Fintech-Experten ab Seite 272). Womit die jungen Wilden überhaupt ihr Geld verdie- nen, wurde jetzt wissenschaftlich analysiert. Henner Gimpel und Maximilian Röglinger, zwei Professoren von den Universitäten Augs- burg und Bayreuth, untersuchten die Ge- schäftsmodelle von 120 überwiegend deut- schen Fintechs. Dabei nahmen die Wissen- schaftler insbesondere deren Erlösmodell un- ter die Lupe. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Nur ein Drittel der analysierten Fintechs erhält überhaupt Geld von seinen Endkunden. Rund 43 Prozent lassen sich ihre Dienste mit der Aufmerksamkeit des Nutzers bezah- len. Die kostenfreien Angebote dienen dabei als Sprungbrett, um auf weitere Dienste zu verweisen, die dann zu bezahlen sind. So bie- tet das Fintech Kontoalarm beispielsweise nicht nur eine Umsatzübersicht des verbun- denen Girokontos, sondern informiert den Nutzer auch über ungewöhnliche Kontobewe- gungen und regelmäßige Kosten durch Abon- nements. Wer seine Abos kündigen möchte, wird dann zu einem weiteren unternehmens- eigenen Service geleitet, der die Kündigung kostenpflichtig übernimmt. Des Weiteren zahlt ein Viertel aller Kunden mit seinen Daten, ob wissentlich oder unwis- sentlich, sei dahingestellt. Diese Herangehens- weise stößt bei den etablierten Playern auf Kritik. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Modelle, bei denen Kunden nur noch mit ihren Daten ‚bezahlen‘ und mit diesen Kun- dendaten dann margenträchtige Produkte ent- wickelt werden sollen, funktionieren können“, sagt Jens Wöhler, Vorstand des sparkassen- eigenen S-Brokers. Auch Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, mahnt: „Kostenlose Produkt- angebote waren immer schon unehrlich, weil dann der Kunde auf intransparenten Wegen bezahlen muss.“ Winzige Robo-Berater Nicht nur im Crowdlending-Bereich gibt es starke Konkurrenz, auch einige der vielfach gelobten Robo-Berater, die digitale Anlage- konzepte vermarkten, könnten in Bedrängnis geraten. Rund 40 Onlinevermögensverwalter gibt es in Deutschland schon, hat Matthias Hübner beobachtet, Partner bei der Beratungs- firma Oliver Wyman. Seinen Schätzungen zu- folge verwalten diese „Robos“ in Summe erst rund 100 Millionen Euro. „Mit diesem gerin- gen Volumen kann kein Anbieter dauerhaft wirtschaftlich überleben“, so Hübner. Selbst bei steigenden Volumina vermutet der Experte, dass nur ein bis zwei unabhängi- ge Geldanlage-Fintechs überleben werden. Den großen Rest schnappen sich wohl die Robo-Adviser der Banken und etablierten Fi- nanzdienstleister. Vertreter der Szene wider- sprechen. „Wir befinden uns ganz amAnfang der Entwicklung. Es werden eher noch mehr neue Angebote an den Markt kommen“, sagt Oliver Vins, einer der Gründer des Frankfurter Robo-Beraters Vaamo. Konkrete Angaben zu den eigenen Geschäftszahlen macht er nicht, genau wie die meisten anderen Fintechs. „Wir bedienen eine vierstellige Anzahl aktiver Kunden. Jeder dieser Kunden hat rund 10.000 Euro angelegt“, sagt er lediglich. „Die Ge- winnschwelle wollen wir in den kommenden zwei Jahren erreichen.“ Da die Robo-Adviser auf eine persönliche Beratung verzichten, wird es spannend sein, wie ihre Kunden auf länger anhaltende Bör- senflauten reagieren. Laut Vaamo hat das hauseigene Servicecenter bei den Kurseinbrü- chen im Frühjahr nicht mehr Anrufe besorgter Klienten erhalten als sonst. „Unsere Anleger reagieren sehr besonnen. Wir erhalten weder mehr Anrufe noch sehen wir Mittelabflüsse“, sagt Vins. Scheinbar haben die Geldanlage- plattformen die Traumkunden, von denen Bankberater nur träumen können. MARCUS HIPPLER | FP Oliver Mihm, Investors Marketing: „80 Prozent der Fintechs verschwinden wieder vom Markt.“ Jens Wöhler, S-Broker: „Modelle, bei denen Kunden nur mit ihren Daten ,bezahlen‘, können nicht funktionieren.“ Der Fall N26 Was in anderen Branchen wie selbstverständlich funktio- niert, ist nicht automatisch auf das Finanz- und Anlage- geschäft übertragbar: Es ist ein Unterschied, ob der Kunde einen Elektronikartikel im Netz bestellt oder seine sen- siblen Bankgeschäfte darüber abwickelt. Dies musste auch das hochgelobte Fintech N26 feststel- len, das ein kostenfreies Girokonto anbietet, das voll- umfänglich über das Smartphone genutzt werden kann. Über das Start-up aus Berlin erging im Sommer ein Shit- storm im Netz, weil es rund 500 Kunden quasi ohne Angabe von Gründen das Konto kündigte. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die Kunden zu häufig Bargeld abgehoben hätten. Da bei jeder Abhebung rund 1,50 Euro an Kosten für N26 anfallen, wollte man diese Praxis beenden. Mittlerweile entschlossen sich die Berliner, nur fünf kostenlose Aus- zahlungen im Monat zuzulassen. Wer öfter Geld abhebt, muss jeweils zwei Euro Gebühren entrichten. Für die klassischen Banken war dieser Fauxpas eine Steilvorlage, um auf die fehlende Reife der Fintechs hinzuweisen.
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