FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

I mmer mehr Fintechs locken mit Banking- Angeboten, die auf die Ansprüche der „Digital Natives“ zugeschnitten, also ein- fach und unkompliziert zu handhaben sind. Kunden können Konten per Videoidentifizie- rung eröffnen, Geld per Handynummer an Freunde versenden oder Rechnungen per Fotoklick überweisen. Große traditionelle An- bieter hielten sich bislang mit digitalen Ange- boten zurück. Doch das ändert sich gerade gewaltig, wie zwei aktuelle Beispiele zeigen. Megabytes statt Megazins Der spanische Telekomriese Telefonica bietet in Deutschland seit dem Spätsom- mer ein Girokonto an, das vollumfänglich und ausschließlich über das Smartphone bedient werden kann. Wer ein Konto er- öffnen möchte, muss dafür gar nicht mehr vor die Tür, die Legitimierung erfolgt über das Videoident-Verfahren der Firma Web ID. Neben den üblichen Girokonto- funktionen sind auch Sofort- kredite bis zu einer Höhe von 199 Euro möglich. Zinsen kostet der Kre- dit keine, allerdings ist eine stolze Gebühr von sechs Euro fällig. Die Digital Natives lockt Telefonica noch mit einem weiteren Extra: Wer einen Handy- vertrag bei O2 besitzt und sein Konto regel- mäßig nutzt, erhält zusätzliches Datenvolu- men in Form von Megabytes geschenkt. So gibt es beispielsweise bei Kontoeröffnung 1.000 MB zum freien Surfen dazu. Zum Kon- to gehört auch eine Guthabenkreditkarte von Mastercard. Wer mit der Karte monatlich mehr als 100 Euro umsetzt oder einen Ge- haltseingang von über 500 Euro aufweisen kann, bekommt das Konto kostenlos. Andern- falls sind 0,99 Euro monatlich fällig. Der Telefonkonzern möchte durch das neue Angebot zusätzliche Einnahmen generieren und die Umsätze ausgleichen, die im Ge- schäft mit SMS-Kurznachrichten weggebro- chen sind. Dass sich das Banking-Angebot auf das Smartphone konzentriert, ist kein Zufall, denn die Mini-Computer in der Ho- sentasche entwickeln sich zusehends zum wichtigsten Alltagsgegenstand in der jungen Zielgruppe. In Deutschland blicken Jugend- liche und junge Erwachsene rund 200-mal am Tag auf ihr Smartphone. Als hierzulande größter Mobilfunkanbie- ter mit insgesamt 43 Millionen Anschlüssen verfügt Telefonica Deutschland über ein enormes Kundenpotenzial für das neue Konto. Die Marke O2 und Partnermarken wie Blau, Simyo, Aldi Talk oder Tchibo mobil sind bestens bekannt. Die Münchner müssen also keine neue Klientel ansprechen und kein neues Unternehmen mehr aufbau- en. Analysten schätzen die Erfolgsaussichten dementsprechend hoch ein: „N26, Transfer- wise, iZettle – zahlreiche Fintechs treiben den klassischen Retailbanken seit einiger Zeit Schweißperlen auf die Stirn. Einen Coup in der Größenordnung von Paypal konnte bisher keiner der neuen Anbieter landen. Das könnte sich durch den Vorstoß von Telefonica aber bald ändern“, so Eckhard Störmer von der Kölner Unternehmensberatung Z-Punkt. „Die Spanier locken mit neuen Mehrwerten wie dem Ersatz der ungeliebten IBAN durch die Mobilfunknummer oder mit Goodies wie zusätzlichem Datenvolumen, wenn das Konto als Gehaltskonto eingerichtet wird“, sagt er. Kooperation mit Fidor Hinter dem Smartphone-Konto von Telefonica steht die Münchner Fidor Bank, die europaweit mit zu den führen- den digitalen Finanzanbietern zählt. Das Institut ermöglicht mit dem sogenannten „No-Stack Banking“ Unternehmen, die keine eigene Banklizenz besitzen, digita- 268 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 bank & fonds I digitales banking Sowohl die Sparkassen als auch der Mobilfunkkonzern Telefonica steigen ins digitale Banking ein. Sie starten spät, haben aber einen Vorteil: viele Kunden. Lass doch mal die Großen ran Bislang gaben Start-ups den Ton an, wenn es um Bankgeschäfte via Smartphone ging. Doch inzwischen springen auch große, etablierte Unternehmen auf diesen Zug auf – nicht nur aus der Finanzbranche. Großes, aber sinkendes Vertrauen Welchem Bezahl-App-Anbieter würden Sie vertrauen? Meiner Hausbank 2015: 84 % 2016: 75 % Einer anderen Bank 2 % 4 % Social Media (Twitter, Facebook etc.) 4 % 5 % Großen Technologie- und Internet- konzernen (Paypal, Google, Apple) 5 % 11 % Sonstigen Anbietern 5 % 5 % Wenn die Deutschen überhaupt per Smartphone bezahlen würden, dann am ehesten mit einer App ihrer Hausbank. Quelle: ING-Diba (Umfrage unter jeweils rund 1.000 Bun- desbürgern im April 2015/16). Foto: © Fotolia | Maren Winter

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