FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

274 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 bank & fonds I honorarmodelle Foto: © Fotolia | Jeanette Dietl D ie Meldung Mitte März war ein Tritt vors Schienbein der zahlreichen Kri- tiker: Die Quirin Bank war im Jahr 2015 erstmals in ihrem Kerngeschäft mit der Honorarberatung profitabel. In den Jahren davor musste noch das Investmentbanking die Verluste im Privatkundengeschäft ausgleichen, inzwischen aber verdient das Berliner Institut auch mit einer Dienstleistung Geld, für die es nach Ansicht vieler Skeptiker in Deutschland gar keinen Markt gibt: Anlageberatung auf Honorarbasis. Dass die Honorarberatung ganz langsam selbst im Bankgeschäft Fuß fasst, lässt sich nicht nur an den Quirin-Geschäftszahlen ablesen, sondern auch an einem anderen Trend: Immer mehr Banken bieten im Retail- und Private-Banking-Segment inzwischen Depotmodelle an, bei denen Kunden höhere Gebühren zahlen, dafür aber keine oder zumindest weniger Provisionen anfallen. In den seltensten Fällen handelt es sich dabei um eine Honorarberatung der reinen Lehre. Aber – und das ist ein wichtiger Punkt – durch die neue Art der Vergütung wird Bankberatern der Anreiz genommen, eine An- lage- oder Umschichtungsempfehlung nur zu geben, um eine Provision zu vereinnahmen. Das ist ein starkes Argument, das helfen kann, das ramponierte Image beim Kunden zu reparieren. Auch betriebswirtschaftlich können solche Modelle attraktiv sein: Sie sorgen, an- ders als Abschlussprovisionen, für gut plan- bare Einnahmen. FONDS professionell hat sich am Markt umgesehen. Kaum auf Stundenbasis Im Geschäft mit sehr vermögenden Kunden gibt es die honorarbasierte Anlageberatung schon lange. Die wenigsten wirklich reichen Mandanten würden fünf Prozent Agio zahlen, um einen Investmentfonds zu zeichnen, des- sen Performance zudem durch ein halbes Pro- zent Bestandsprovision pro Jahr geschmälert wird. ImWealth Management ist es daher be- reits seit Jahren üblich, dass Bank und Klient eine jährliche Gebühr für die Depotbetreuung vereinbaren – wenn nicht gleich ein Vermö- gensverwaltungsmandat abgeschlossen wird. „Immer mehr Kunden machen von der Möglichkeit Gebrauch, Zuwendungen aus- kehren zu lassen“, berichtet beispielsweise Karl Richard Zanders, Leiter der Geschäfts- entwicklung bei Sal. Oppenheim. Eine Ab- rechnung auf Stundenbasis, für einige die Kö- nigsdisziplin der Honorarberatung, bietet die Kölner Privatbank dagegen nicht an. „Unsere Kunden fragen das nicht nach“, so Zanders. Auch bei anderen Instituten ist diese Form der Vergütung die absolute Ausnahme. Das trifft auch auf die Quirin Bank zu, jenes Insti- tut, das die Honorarberatung vor zehn Jahren aus der Nische holte und einem breiteren Pu- blikum zugänglich machte. Die wenigsten Quirin-Kunden zahlen 150 Euro pro Stunde Anlageberatung. Viel üblicher ist die individu- elle Depotbetreuung, die in der Regel pro Jahr 1,65 Prozent des verwalteten Vermögens kostet. Ob der Höhe dieser Gebühr musste Quirin-Chef Karl Matthäus Schmidt einige Kritik einstecken. Doch einerseits sind mit diesem Satz aus Sicht des Kunden wirklich alle Kosten gedeckt, und andererseits zeigen später eingeführte Honorarmodelle, dass an- dere Filialbanken meist auch nicht günstiger sind (siehe Tabelle nächste Seite). 0,05 Prozent pro Monat Das schaffen nur die Direktbanken. Die Comdirect Bank führte ihre „Anlageberatung Plus“ im Jahr 2009 ein. Kunden zahlen pro Monat 0,05 Prozent für eine unabhängige Beratung, die unter anderem per Telefon stattfindet. Als das Depotmodell noch aktiv beworben wurde, entschieden sich immerhin 800 bis 1.000 Kunden pro Jahr für diese Art der Anlageberatung. Seither bleibt die Kun- denzahl immerhin stabil, berichtet eine Spre- cherin des Instituts. Die Comdirect erstattet Kunden Agios und Bestandsprovisionen zurück und erfüllt damit eine wichtige Bedingung für „echte“ Hono- rarberatung. Dennoch handelt es sich nicht um Honorar-Anlageberatung im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), für die seit August 2014 strenge Vorgaben gelten. Um diese zu erfüllen, muss sich ein Institut voll- ständig von der Provisionsberatung verab- schieden oder für die Honorarberatung ein organisatorisch und personell strikt getrenntes Team aufbauen. Das ist der wohl wichtigste Grund, warum bislang keine große Filialbank Nur wenige Banken bieten „echte“ Honorarberatung an. Doch immer mehr Institute führen Depotmodelle ein, bei denen Zuwendungen in den Hintergrund rücken. Pauschale statt Provision Empfiehlt mir mein Berater ein Produkt nur, weil er dafür eine Provision kassiert? Mit Pauschalgebühren können Banken solche Interessenkonflikte glaubhaft lösen – und zugleich ihre Einnahmen stabilisieren.

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