FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

J ared Vennett verkauft für die Deut- sche Bank Credit Default Swaps, kurz CDS, mit denen Investment- banken gegen den US-Häusermarkt wetten. Warum sich die Wette lohnt, erklärt er anhand eines Jenga-Turms. „Das“, sagt er, „ist eine Hypotheken- anleihe.“ Gebündelte Immobilienkredite, in Tranchen mit Ratings von „AAA“ bis „B“ unterteilt. „Das ist Schrott“, sagt Vennett und zieht die „B“-Steine aus dem Jenga-Stapel. Der Turm kippelt. „Wenn die Bs ausfallen, sind bald auch Double- Bs dran“, erklärt Vennett. Jenga-Steine fliegen aus dem Stapel. „Die Ausfallquoten sind von einem auf vier Prozent gestie- gen“, sagt Vennett. „Und wenn sie auf acht Prozent steigen, dann …“ Er reißt die „Triple B“-Steine aus dem Jenga-Stapel – der Turm stürzt ein. Dies ist eine Szene aus dem US-Streifen „The Big Short“, der zynisch beleuchtet, wie aus dem Geschäft mit faulen US- Hypothekendarlehen eine internationale Finanz- und Wirtschafts- krise entstehen konnte. Inzwischen ist es zehn Jahre her, dass der Turm aus faulen Kredittranchen, den die US-Banken auf- gebaut hatten, ins Wanken geriet. Sein Einsturz riss letztlich Institute wie Bear Stearns, Lehman Brothers oder Hypo Real Estate mit. Die Staaten mussten einspringen, häuften gigantische Schulden auf, die nur dank der ultralaxen Geld- politik der Notenbanken überhaupt tragbar sind. Der Turm wankt Genau diese Niedrigstzinsen bringen nun einen anderen Turm ins Wanken: die Lebensversicherer. Insbesondere die deutschen Anbieter haben in der Vergangenheit Renditever- sprechen abgegeben, die manche von ihnen nicht werden erfüllen können, wenn die Zinsen weiterhin so niedrig blei- ben. Doch was ist die Konsequenz daraus? Was passiert im Fall der Fälle? Verlieren Millionen Deutsche ihre Alters- vorsorge? Sollten Makler ihren Kunden gar empfehlen, sich lieber von den Policen zu trennen? FONDS professionell geht den wichtigsten Fragen nach. Um zu verstehen, wie die Lebensversicherer in die Klem- me geraten konnten, in der sie heute stecken, muss man 20 Jahre zurückblicken. In den Jahren 1994 bis 1999 lag der Höchstrechnungszins bei vier Prozent. Dieser Satz legt fest, welche Verzinsung die Versicherer ihren Kunden maximal versprechen dürfen. Kein Anbieter war verpflichtet, seinen Klienten vier Prozent zu garantieren – mitunter für 50 Jahre und länger. Doch jeder hat es getan. „Heute mag das unverständlich wirken“, sagt Marco Arteaga, Partner der international tätigen Kanzlei DLA Piper in Frankfurt, der lange Jahre als Führungskraft in der Assekuranz gearbeitet hat. „Damals aber lautete die Frage – von Seiten der Ver- braucherschützer und der Politik – eher: Warum garantiert ihr nur vier Prozent, wo ihr doch sieben Pro- zent und mehr verdient?“ 294 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 fonds & versicherung I krise der lebensversicherer Foto: © Fotolia | aragorik; Fotolia | pakawat22 Einstürzende Altbauten Wer zu hoch stapelt, ohne auf ein solides Fun- dament zu achten, begibt sich in Gefahr. Das gilt für Jenga-Spieler genauso wie für Lebensversiche- rer, deren Welt wegen der Nullzinsen gerade aus den Fugen gerät. Bleiben die Zinsen niedrig, werden nicht alle Lebensversicherer ihre Renditeversprechen einhalten können. Dann sind Leistungskürzungen wahrscheinlich – aber nicht so schlimm, wie manche befürchten.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=