FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

304 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 steuer & recht I provisionsverbot in den usa Foto: © Fotolia | Brian Jackson I n Amerika zählt für Kellner in Restaurants oder Bars oft das Trinkgeld der Gäste zur Haupteinnahmequelle. Der Lohn vom Arbeitgeber fällt vergleichs- weise spärlich aus. Ähnlich geht es nun den Finanzberatern in den USA. Nur noch in Ausnahmefäl- len dürfen sie Geld von den Pro- duktanbietern annehmen. Denn dort gilt seit April die sogenannte Fiduciary Rule, das Treuhänder- Gesetz. Dieses verpflichtet Finanz- berater, bei Altersvorsorgeproduk- ten die Interessen der Kunden in den Vordergrund zu stellen. Damit dürfen Vermittler nur noch in wenigen Fällen eine Vergütung der Produktanbieter einstreichen. Das Gesetz soll bis April 2017 seine volle Kraft entfalten. Stets im Sinne des Kunden Die Regel kommt einem Provisionsverbot gleich, wie es in Großbritannien oder den Nie- derlanden gilt. Das US-Pendant zielt auf die in den Vereinigten Staaten weit verbreiteten, von den Arbeitgebern geförderten Pensions- pläne, die sogenannten 401(k)s, sowie indivi- duelle, steuerlich geförderte Altersvorsorge- investments (IRA) ab. Rund 24 Billionen Dol- lar stecken in diesen Programmen. Ausge- nommen bleiben rein private, nicht steuerlich begünstigte Investments. Bislang mussten lediglich die bei der Bör- senaufsicht SEC registrierten Vermögensver- walter die Interessen ihrer Kunden über die eigenen stellen. Broker, Versicherungsvermitt- ler und die meisten anderen Finanzberater wa- ren an den Standard der „Angemessenheit“ gebunden. Sie gaben ihren Kunden laut ge- setzlicher Definition nur Produktinformatio- nen, aber keine Beratung. Ihre Empfehlungen mussten auch nicht zwingend die beste Op- tion für den Kunden darstellen. Daher war das Feld für Akteure offen, die Angebote nach der Höhe der Provision und nicht im Interesse ihrer Kunden auswählten. Solchen Auswüch- sen wollte das US-Arbeitsministerium, das für die Regulierung von Pensionsplänen zustän- dig ist, einen Riegel vorschieben. Die Treuhänder-Regel nimmt nun alle Ver- mittler von Pensionsplänen in die Pflicht: Sie geben nicht mehr nur eine Produktinforma- tion, sondern erteilen eine Beratung – mit ent- sprechender Verantwortung. Das bedeutet aber auch, dass die Endkunden nun für die Kosten aufkommen müssen nach dem Motto: Wer bestellt, der muss auch bezahlen. Bereits 2009 hatte der demokratische Prä- sident Barack Obama das Arbeitsministerium mit einer Neufassung der Regeln für Pen- sionspläne beauftragt, die seit den 1970er-Jah- ren nicht mehr überarbeitet worden waren. Die Beamten legten 2010 und 2015 Entwürfe vor, die zum Teil heftig kritisiert wurden. Auch die nun in Kraft getretene Fassung wollte der von den Republikanern dominierte Kongress noch im Juni kippen, die nötige Mehrheit kam aber nicht zustande. Die Kritik der Branche richtet sich gegen die Komplexi- tät, die die Neufassung mit sich bringt. Dies treibe die Kosten für die Vermittler – und am Ende für die Kunden – in die Höhe. Doch allein die Aussicht auf das neue Gesetz veränderte den Pro- duktvertrieb. Der Anteil am Ge- samtabsatz von Fondstranchen, die keine Vertriebsvergütung an Intermediäre ausschütten, nimmt seit 2009 deutlich zu. Der Verkauf von An- teilsklassen mit voller oder teilweiser Provi- sionszahlung ging hingegen zurück (siehe Grafik). „Eine bemerkenswerte Auswirkung der Treuhänder-Regel wird sein, dass sie die Bewegung hin zum Verkauf von Anteils- klassen mit geringen Kosten beschleunigt“, folgert Dennis Bowden vom Researchhaus Strategic Insight. Ein Schlupfloch bleibt Die Experten des Analysehauses Cerulli Associates wiederum erwarten, dass das Treu- händer-Gesetz viele Sparer davon abhalten wird, ihre betriebliche in die individuelle, steuerbegünstigte Altersvorsorge zu tauschen. Dies ist etwa bei einem Arbeitgeberwechsel oder schlichtweg bei besseren Angeboten üblich. Dieser Markt umfasst ein Volumen von 7,3 Billionen Dollar und war zuletzt das am stärksten wachsende Segment. Ein Schlupfloch lässt das Treuhänder-Ge- setz jedoch offen: Wenn Vermittler ihre Pro- visionen und mögliche Interessenkonflikte detailliert offenlegen und nachweislich ver- suchen, im besten Interesse des Kunden zu handeln, kann weiterhin das alte Modell be- stehen bleiben. Einige Vermittler wollen die- ses Schlupfloch offenbar ausnutzen. Sie zielen vor allem auf Kleinsparer mit geringerem Gehalt, denen eine Honorarberatung in vielen Fällen zu teuer wäre. SEBASTIAN ERTINGER | FP Während hierzulande Berater und Anbieter über die kommende Finanzmarktricht- linie stöhnen, krempelt in den USA ein Gesetz den Altersvorsorgemarkt um. Wer bestellt, bezahlt Wer eine Leistung beauftragt, muss auch zahlen: In den USA dürfen Vermittler nur noch in Ausnahmefällen Provisionen beim Vertrieb von Alterssparplänen einnehmen. Massiver Schwenk Absatzanteil nach Fondstranchen bei Finanzberatern in den USA US-Vermittler greifen vermehrt zu günstigen Tranchen. Fehlende zu 100 %: sonstige Anteilsklassen | Quelle: Strategic Insight Anteilsklassen: 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 36 % ohne Pro- vision 2009 51 % mit voller Pro- vision 66 % ohne Pro- vision 2015 27 % mit voller Pro- vision

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