FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

318 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 steuer & recht I priip Foto: © Fotolia | Grecaud Paul D as gab es in Brüssel noch nie: Die Abgeord- neten des Europäischen Parlaments haben am 14. Sep- tember mit einer großen Mehr- heit die Level-2-Maßnahmen für die Verordnung über Packaged Retail and Insurance-based Investment Products (PRIIP) abgelehnt. „Es ist das erste Mal, dass das EU-Parlament gegen Vorschläge der Kommis- sion zur Regulierung des Fi- nanzmarktes gestimmt hat“, sagt Sven Giegold, Mitglied der Grünen-Fraktion im Euro- päischen Parlament und des Wirtschafts- und Währungsaus- schusses (Econ). Damit wird es nun immer unwahrscheinlicher, dass die PRIIP-Verordnung tatsächlich wie geplant am 31. Dezember dieses Jahres in Kraft treten kann. Keine Überraschung Die Ablehnung der technischen Regulie- rungsstandards (Regulatory Technical Stan- dards oder RTS) kam allerdings nicht über- raschend. Die Generalprobe für die Premiere war bereits am 1. September über die Bühne gegangen. An diesem Tag hatten die Econ- Mitglieder mit 55 zu null Stimmen – bei gerade einmal zwei Enthaltungen – gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Standards votiert. Die RTS definieren unter anderem, wie Fondskosten und Performance- szenarien künftig zu berechnen sind und in den wesentlichen Anlegerinformationen (Key Information Documents, KIDs) dargestellt werden müssen. Giegold hatte bereits vor der Abstimmung in einem Interview mit FONDS professionell ONLINE erklärt, warum die Standards nicht nur bei den Grünen im Euro- paparlament, sondern parteiübergreifend auf Kritik gestoßen waren. Vor allem die Performanceszenarien be- zeichnet der EU-Politiker als „irreführend“. Bei einem klassischen Aktienfonds etwa wer- de selbst im ungünstigen Szenario nicht sicht- bar, dass Anleger nach einer Haltedauer von fünf Jahren Geld verlieren können. Die in den KIDs auch zu veröffentlichenden Risikokla- sen könnten das nicht ausgleichen. „Und es ist unverantwortlich, wenn das KID als vom europäischen Gesetzgeber vorgeschriebene Verbraucherinformation Risiken nicht ehrlich zeigt“, ist Giegold überzeugt. In der Zeit zwischen der Abstimmung im Econ und dem Voting im Plenum hatten Parlament und Kommission darüber disku- tiert, ob es möglich sei, die RTS etwa durch bestimmte „Guidelines“ zu ergänzen, ohne die Standards selbst zu ändern. Eine Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden. Daher hatten die Abgeordneten einen Tag vor der Abstimmung im EU-Parlament bereits ange- kündigt, sie würden sich gegen die techni- schen Standards aussprechen. Kommission könnte Gas geben Wer aus dem Abstimmungsergebnis nun folgert, PRIIP werde auf jeden Fall später in Kraft treten, irrt sich. „Die Kommission muss jetzt neue Vorschläge für die RTS erarbeiten“, erklärt Giegold. Das wird natürlich einige Zeit in Anspruch nehmen. „Letztendlich kommt es aber ganz darauf an, wie schnell die Kom- mission handelt“, sagt der EU-Politiker. Aus- geschlossen ist es nicht, dass diese kräftig aufs Gaspedal drückt. Denn: Aus Brüssel ist zu hören, die zuständigen EU- Kommissare wollten sich nach der Verschiebung der Finanz- marktrichtlinie Mifid II keine weitere Blöße geben. Sollte ein neues RTS-Konzept für das Parlament akzeptabel sein, so könnte es dieses in einem be- schleunigten Verfahren durch- winken. BVI will Verlängerung Bei den Verbänden der Fondsbranche und der Kredit- wirtschaft fallen die Reaktionen auf die Ablehnung der RTS unterschiedlich aus. „Die EU- Abgeordneten haben den Vorschlägen der Kommission zu Recht eine Absage erteilt“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. Die Kommission müsse den geplanten Starttermin nun endlich verschieben. Der Fondsverband schlägt eine Verlängerung um zwölf Monate bis 3. Januar 2018 vor. In diesem Fall würde PRIIP zeitgleich mit Mifid II in Kraft treten. Dies sei aufgrund der inhaltlichen Überschnei- dungen der beiden Regelwerke auch sinnvoll. Der europäische Branchenverband Efama hält eine Verschiebung des PRIIP-Starts ebenfalls für wünschenswert. Die in der Deutschen Kreditwirtschaft zu- sammengeschlossenen Spitzenverbände der Banken und Sparkassen warnen hingegen vor Rechtsunsicherheiten. Der Grund: Ohne die RTS hätten die Institute keine rechtsverbind- liche Grundlage, um die neuen Basisinfor- mationsblätter zu gestalten. Diese müssten sie Verbrauchern ab dem 31. Dezember 2016 jedoch zur Verfügung stellen, sofern PRIIP tatsächlich pünktlich in Kraft treten sollte. „Den Vorschlag, den PRIIP-Start zu halten und die RTS nachzuziehen, hatten wir aber bereits in unserer parteiübergreifenden Reso- lution an die Kommission ausgeschlossen“, sagt Giegold. Zu einer Premiere dieser Art kommt es also nicht. ANDREA MARTENS | FP Das Europäische Parlament hat die technischen Regulierungsstandards für die PRIIP-Verordnung abgelehnt. Nun stehen die Zeichen auf Verschiebung. Auf geschoben heißt nicht … Das Gebäude des EU-Parlaments in Brüssel: Am 14. September haben die Abgeordneten gegen die technischen Standards für die PRIIP-Verordnung gestimmt.

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