FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 4/2016 9 Produktüberwachung: Regulierung als Chance Die EU-Finanzmarktrichtli- nie Mifid II wird gern auf das leidige Thema Provision verkürzt. Anwälte und Con- sultants zerbrechen sich den Kopf darüber, wie es Banken und Vermittlern auch künftig gelingen kann, Anlageberatung auf Provi- sionsbasis zu erbringen. Deutlich anspruchsvoller in der praktischen Umsetzung dürfte ein anderer Aspekt werden: die Produktüber- wachungspflichten, Product Governance genannt. Fondsanbieter müssen künftig für jeden Fonds einen Zielmarkt bestimmen, also kategorisieren, für wel- chen Anlegertyp das Produkt geeignet ist. Der Ver- trieb wiederum hat sicherzustellen, dass der Fonds tatsächlich nur an diese Kundengruppe vermittelt wird, Abweichungen sind zu begründen. Der Anbieter muss seinen Fonds außerdem ständig überwachen und beispielsweise dann Alarm schlagen, wenn sich dessen Risiko wesentlich geändert hat. Weil entlang der gesamten Vertriebskette ständig Informationen auszutauschen sind, müssen ganz neue Kommunika- tionskanäle etabliert werden – eine Herkulesaufgabe. Allein das Konsultationspapier, mit dem die EU-Wert- papieraufsicht ESMA um Stellungnahmen zu ihrem Leitlinienentwurf bittet, hat 41 Seiten. Viele werden fluchen: Wie weit soll der Kontroll- und Dokumentationswahnsinn eigentlich noch führen? Auch wenn dieser Reflex verständlich ist: Die Idee hinter der Product Governance ist so schlecht nicht. Wird sie vernünftig in die Praxis übertragen, wird die Anlageberatung besser, sicherer und einfacher – und zwar für alle Seiten. Funktioniert das System tatsäch- lich, haben Kunden nur noch Produkte im Depot, die tatsächlich ihrem Bedarf und Risikoprofil entspre- chen. Für den Berater wird die Produktauswahl deut- lich einfacher, die Zahl der echten und vermeintlichen Falschberatungen würde dramatisch schrumpfen. Auch Asset Manager können profitieren: Sie wüssten plötzlich mit bislang ungekannter Präzision, welcher Anlegertyp in ihrem Fonds investiert ist. Klar, zu dieser idealen Welt wird es wohl kaum kom- men. Doch das Gedankenspiel zeigt, dass es falsch wäre, die Produktüberwachungspflichten rundheraus zu verdammen. Lassen Sie uns dieses und weitere Themen gern Ende Januar auf dem FONDS professionell KONGRESS diskutieren. Wir sehen uns in Mannheim! Ihr Bernd Mikosch Chefredakteur

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