FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

148 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 sachwerte I magellan maritime services Foto: © GMF, Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt E in Dienstag Mitte Oktober, kurz vor 9 Uhr im Hotel Radisson Blu in Ham- burg. Durch die gesamte Lobby hinauf über eine Wendeltreppe und um die Ecke hat sich eine riesige Schlange gebildet. Die Men- schen warten nicht auf ein Autogramm einer Popikone, sondern auf den Einlass zur ersten Gläubigerversammlung im Insolvenzverfah- ren gegen die Containerfirma Magellan Mari- time Services. Um 10 Uhr ist der Saal bereits voll, und vor der Tür warten noch 180 Anle- ger. Kurz droht der Abbruch der Versamm- lung, noch bevor sie begonnen hat. „Wir ha- ben nicht gewusst, wie viele kommen“, sagt der verantwortliche Rechtspfleger des Amts- gerichts Hamburg. Zusammenrücken lautet die Devise, außerdem wird ein zusätzlicher Raum angemietet. „Und wenn sich dann alle beruhigt haben, werden wir mit der Versamm- lung beginnen“, verkündet der Rechtspfleger. Um kurz nach 11 Uhr sind rund 700 Anleger und Investorenvertreter registriert, die Ver- sammlung kann beginnen. Die Stimmung un- ter den Anwesenden: gereizt. Auf der Agenda standen drei Themen, zu denen hitzige Debatten erwartet wurden. Zu- nächst ging es um die Frage, ob die Anleger überhaupt rechtmäßige Eigentümer der Con- tainer sind. Ungeachtet dessen wurde darüber diskutiert, ob das Containerportfolio weiter bewirtschaftet oder besser so schnell wie möglich verkauft werden soll. Last but not least ging es um die wichtigste Frage: Wie viel Geld werden die Anleger verlieren? Eigentumsfrage bleibt offen Insolvenzverwalter Peter-Alexander Bor- chardt vertritt die Auffassung, dass die Anle- ger nicht die Eigentümer der Container sind. Dazu hat er gleich zu Beginn des vorläufigen Insolvenzverfahrens bei der Kanzlei CMS ein Gutachten in Auftrag gegeben. Im Ergebnis bestätigt es die Zweifel Borchardts. Er erklärte den Anlegern im Vorfeld der Gläubigerver- sammlung, dass sie die Eigentumsfrage ge- richtlich klären lassen können (siehe FONDS professionell Ausgabe 3/2016). Dadurch waren die Fronten zunächst verhärtet. Auf der Gläubigerversammlung bot der Insolvenzverwalter völlig überraschend eine außergerichtliche Lösung des Konflikts an. Er schlug vor, dass ein honoriger Jurist – etwa ein pensionierter hoher Richter – ein neues Gutachten zur Eigentumsfrage erstellen solle. Borchardt beteuerte, dass er sich an das Ergebnis dieses Gutachtens halten werde, auch wenn es seine Zweifel am Eigentum der Anleger nicht bestätigen sollte. Problematisch ist an diesem Vorschlag, dass weder das alte noch ein allfälliges neues Gutachten für ein Gericht bindend wären, sollten die Anleger auf Anraten ihrer Anwälte klagen. Aus diesem Grund und wegen der zu erwartenden Gut- achterkosten waren die Anleger von Bor- chardts Vorschlag nicht begeistert und stimm- ten gegen die Erstellung eines neuen Gut- achtens. Allerdings wurde der Gläubiger- ausschuss ermächtigt, eventuell zu einem späteren Zeitpunkt ein neues Gutachten ein- zufordern. Weiterbetrieb vs. Verkauf Nach der  Abhandlung des „Gutachten-Pro- blems“ wandte sich der Insolvenzverwalter seinem eigentlichen Plan zu: Er will die Con- tainer möglichst schnell verkaufen. Mit Un- terstützung der Wirtschaftsprüfungsgesell- schaft KPMG präsentierte er dies der Gläu- bigerversammlung als sinnvollste Lösung. Seinen Angaben zufolge wurden schon mehr als 100 internationale potenzielle Käufer an- gesprochen. „Das Investoreninteresse ist sehr rege. 25 haben Interesse bekundet, und einige haben unverbindliche, indikative Angebote vorgelegt“, berichtete Timo Klees, Senior Manager für M&A in Insolvenzsituationen bei KPMG, auf der Gläubigerversammlung. Um eine Entscheidung treffen zu können, wurden den Anlegern zwei Szenarien präsen- tiert: Bei Fortführung des operativen Ge- schäfts durch den Insolvenzverwalter sei bis Ende 2023 mit Mieteinnahmen in Höhe von 83 Millionen US-Dollar zu rechnen, an Ver- kaufserlösen für gebrauchte Container könn- ten 90 bis 100 Millionen US-Dollar anfallen. Abzüglich der Kosten in Höhe von 34 bis 35 Millionen Euro kalkuliert KPMG mit 120 bis 130 Millionen Euro Nettoerlös zugunsten der Gläubiger (siehe Grafik nächste Seite). Für das Verkaufsszenario wagen KPMG und Borchardt hingegen keine Erlösprognose. In den Unterlagen stellen sie aber anheim, Auf der ersten Magellan-Gläubigerversammlung wurden die Weichen für den Verkauf der Container gestellt. Fest steht: Die Anleger werden viel Geld verlieren. Entscheidung im Trüben Der Containermarkt leidet unter Überkapazitäten. Statt eine mögliche Markterholung abzuwarten, plädiert der Insolvenz- verwalter von Magellan Maritime Services dafür, die Boxen schnell zu veräußern.

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