FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

256 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 bank & fonds I selbstständigkeit Foto: © Fotolia | fotogestoeber D iese Nachrichten haben Banker in ganz Deutschland sicher aufmerksam ver- folgt: Der Stellenabbau bei der Com- merzbank und der Deutschen Bank wird nicht nur die Verwaltung, sondern auch Kundenbe- treuer treffen. Das bringt viele Angestellte – auch anderer Institute – ins Grübeln: Werden sie die Nächsten sein? Einige dürften überle- gen, ob sie aus der Not eine Tugend machen – und den schon lange gehegten Traum der Selbstständigkeit wahr werden lassen. „Immer wenn es bei den Banken ‚rumpelt‘, erkundi- gen sich Berater vermehrt nach Möglichkeiten eines Ausstiegs“, berichtet Christian Hammer, Geschäftsführer von NFS Netfonds. „Viele möchten wissen, wie sie als freier Berater ar- beiten können“, so der Chef des Hamburger Haftungsdachs. Dabei gibt eine drohende Kündigung in der Regel nur den letzten An- stoß, tatsächlich ins freie Lager zu wechseln. Wirklich entscheidend ist ein anderer Grund: die Unzufriedenheit mit dem Job. Der steigen- de Vertriebsdruck, der eine echte Beratung im Sinne des Kunden fast unmöglich macht, produziert Frust (siehe die Interviews auf Seite 260). Die Selbstständigkeit ist aber nicht für je- den unzufriedenen Banker eine Option, denn es gilt eine Reihe von Hürden zu überwinden. Letztlich bleiben fünf Wege, wie sich ein Be- rater den Traum von der Freiheit jenseits der Bank erfüllen kann: Er gründet eine eigene Vermögensverwaltung mit Bafin-Lizenz ge- mäß Paragraf 32 Kreditwesengesetz (KWG); er schlüpft unter ein Haftungsdach, das die Li- zenz für ihn stellt; er arbeitet als unabhängiger Finanzberater mit Erlaubnis gemäß Paragraf 34 Gewerbeordnung (GewO) oder er schließt sich einem Finanzvertrieb an. Auch die An- stellung bei einem Vermögensverwalter gilt als Option – in diesem Fall ist der Ex-Banker zwar nicht selbstständig, arbeitet aber doch deutlich unabhängiger als früher. Sicherheit aufgeben Die erste Hürde für den Übergang ins freie Lager ist, die Sicherheit als Angestellter auf- zugeben. „Viele Berater haben Familie, die sie versorgen müssen, und ein Haus, das abbe- zahlt werden will. Daher möchte der bei Wei- tem größte Teil der Beschäftigten jeden Mo- nat ein Gehalt auf dem Konto sehen“, erläu- tert Hammer, der mit NFS Netfonds Ende Januar auch auf dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim vertreten sein wird. Kann ein Banker auf das sichere Gehalt verzichten, wartet das zweite große Hindernis: das anfangs meist sehr geringe Anlagevolu- men. Das betreute Vermögen der Kunden sollte besser heute als morgen so groß sein, dass der Ex-Banker davon leben kann. „Hier- bei müssen die Berater auch bedenken, dass sie nur zirka 35 Prozent des von ihnen in der Bank betreuten Vermögens werden mitneh- men können. Kalkulieren sollten sie sicher- heitshalber sogar nur mit 25 Prozent“, sagt Markus Köppl vom Beratungshaus MK Anleger Gesellschaft. Die Höhe des Kundenvermögens entschei- det meist auch mit darüber, welchen Pfad die Banker in die Selbstständigkeit nehmen. Viele liebäugeln anfangs mit der eigenen Vermö- gensverwaltung. Die hierzu nötige KWG-32- Lizenz erhält jedoch nur, wer die strengen Auflagen der Bafin erfüllt. Wegen der hohen Kosten gelten zudem 50 Millionen Euro Bestandsvolumen als absolute Untergrenze, darunter lohnt sich der Aufwand nicht. „Eine KWG-32-Lizenz kann man heutzutage nur noch im Team stemmen“, sagt Köppl. Schät- zungen oder sogar konkrete Zahlen, wie viele Bankberater haben mehrere Möglichkeiten, ins unabhängige Lager zu wechseln. Die Hürden dabei sind durchaus hoch – die größte sind jedoch sie selbst. Endlich frei Hätte, könnte, sollte: Viele Bankberater haben Zweifel, was den Schritt in die Unabhängigkeit anbelangt. Diejenigen, die sich tatsächlich selbstständig machen, bereuen ihre Entscheidung meist nicht. Selbstchef.de und Bank-Exit.de Banker auf der Suche nach „Freiheit“ haben viele Fragen. Dazu zählt, wie sie bei ihrer Bank kündigen, wie man Kun- den für eine weitere Zusammenarbeit anspricht, welche Qualifikation sie nachweisen müssen und vieles mehr. Aus diesem Grund hat das Hamburger Haftungsdach NFS Netfonds vor rund einem halben Jahr die Seite „Selbst- chef.de “ gestartet. Die BCA zog vor Kurzem mit ihrer Internetseite „Bank-Exit.de“ nach. Die NFS-Seite leitet Nutzer in vier Punkten durch den Entscheidungsprozess, den Kundenbetreuer in einer Bank auf dem Weg in die Selbstständigkeit in aller Regel durchlaufen: angefangen bei der Unzufriedenheit in der Bank über Jobalternativen und die Modalitäten einer Kündigung bis hin zu Fragen der Unternehmensgründung. Zudem bietet die Seite einen Ertragsrechner und ein Stellenportal. „Die Idee zu Selbst- chef.de war, Bankern eine Info-Plattform zu bieten“, be- richtet NFS-Chef Christian Hammer. „Banker brauchen einen Blick hinter die Kulissen. Auf Selbstchef.de erfahren Sie beispielsweise mit dem Einkommens-Check, welche Ertragsbausteine überhaupt möglich sind. Oder mit dem Unternehmer-Check, ob sie den Anforderungen an einen Unternehmer entsprechen.“ Zwölf Ex-Banker über ihren Ausstieg: QR-Code scannen oder fponline.de/BANK416 eingeben 

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