FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

steuer & recht I elisabeth roegele | bafin 320 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 Foto: © Axel Gaube E lisabeth Roegele ist gewiss keine Frau, die gern große Worte macht. Bisher hat sie sich in der Öffent- lichkeit kaum zu komplexen Fragen rund um Mifid II und den Referentenentwurf für das Zweite Finanzmarktnovellierungs- gesetz (Fimanog) geäußert. Wenn sie es tut, bleibt sie zurückhaltend, antwortet dafür aber umso überlegter. Es dürfte in Deutschland nur wenige Experten geben, die das Thema Mifid II so tief durchdrin- gen wie die Exekutivdirektorin Wertpa- pieraufsicht bei der Bafin. Als Mitglied des Board of Supervisors der Europäi- schen Wertpapier- und Marktaufsichtsbe- hörde (European Securities and Markets Authority, ESMA) bestimmt die Juristin über die Regulierung des europäischen Finanzmarktes schließlich selbst mit. FONDS professionell traf Roegele in Frankfurt zum Gespräch. Frau Roegele, Mifid II tritt am 3. Januar 2018 in Kraft, die EU-Mitgliedsstaaten müssen das Regelwerk bis zum 3. Juli 2017 in nationales Recht gegossen haben. Der Finanzbranche bleibt dann nur ein halbes Jahr Zeit, um sich auf die neuen Vorgaben einzustellen. Das ist knapp. Haben Sie die Möglichkeit, auf den Zeit- plan einzuwirken? Nein, als Aufsichtsbehörde haben wir keinen großen Spielraum, den Zeitplan zu beeinflus- sen. Ungeachtet dessen hat die Finanzbranche aber schon seit einiger Zeit Gelegenheit, sich vorzubereiten. So sind die wesentlichen Le- vel-II-Maßnahmen, die delegierten Rechtsakte also, seit diesem Frühjahr bereits bekannt. Und auch der deutsche Gesetzgeber liegt im Zeitplan. Inzwischen liegt der Referentenent- wurf zum Zweiten Finanzmarktnovellierungs- gesetz vor, die Konsultationsfrist ist Ende Oktober abgelaufen. Ich gehe auch fest davon aus, dass wir alle Regelungen rechtzeitig im Bundesgesetzblatt haben werden, sodass sich die Finanzindustrie dann ganz konkret darauf einstellen kann. Parallel dazu produziert die ESMAGuidelines sowie Frage-und-Antwort- Kataloge zur Auslegung der künftigen Nor- men. Es ist oft zu hören, gerade die Banken und Sparkassen würden Mifid II ver- schlafen. Das ist nicht unser Eindruck. Ganz im Gegen- teil: Wir sehen vielmehr, dass sich die In- dustrie intensiv auf die neuen Anforderungen vorbereitet, sei es im Bereich IT oder auch bei der Frage, wie die Product-Governance- Regelungen, also die neuen Produktüber- wachungspflichten, am besten umzusetzen sind. Banken und Sparkassen müssen heute schon einigen Aufwand betreiben, wenn sie Provisions- und gleichzeitig Honorar- beratung anbieten. Könnte das vielleicht zum Problem werden? Zunächst einmal finde ich es gut, dass für diese Beratungsformen eine organisatori- sche Trennung vorgesehen ist. Das bedeu- tet für Institute, die beide Modelle anbie- ten wollen, natürlich auch mehr Aufwand: Sie müssen zwei Teams aufbauen und zwei unterschiedliche Beratungskonzepte vorhalten. Ob eine Bank beide Modelle anbietet, ist natürlich eine wirtschaftliche Entscheidung. Aber ich glaube an die Gesetze der Marktwirtschaft. Mit der Zeit könnte eine höhere Nachfrage auch mehr Angebot bewirken. Daher bin ich sehr gespannt, was sich in der Provisions- und Honorarberatung noch so alles entwickeln wird. Sie sind also zufrieden damit, dass es weiterhin beide Beratungsmodelle gibt? Ja, wie Sie sicher wissen, haben Deutsch- land und die Bafin sich immer für ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung eingesetzt. Insofern sehe ich es positiv, dass der europäi- sche Gesetzgeber genau dies in der Finanz- marktrichtlinie formuliert hat. In der Provi- sionsberatung haben wir künftig zudem hohe Anforderungen an die Transparenz. Das ist zu begrüßen, und Kunden können beide Ange- bote natürlich besser vergleichen. Transparenz ist ein gutes Stichwort. Finanzinstitute dürfen Provisionen schon jetzt nur vereinnahmen, wenn sie diese einsetzen, um die Servicequalität für den Kunden zu erhöhen. Bisher reicht es allerdings aus, dass die Zuwendungen im Zuwendungs- und Verwendungsver- zeichnis in fünf Verwendungsarten geclustert werden. Was wird sich künftig ändern? Die Regelbeispiele der EU-Kommission im Level II zeigen exemplarisch, welche Service- angebote den Einbehalt von Provisionen künf- tig rechtfertigen können. So lassen sich Pro- „Beratungsgespräche dürfen » Wir sehen, dass sich die Finanz- industrie bereits intensiv auf die Anforderungen von Mifid II vorbereitet. « Elisabeth Roegele, Bafin Elisabeth Roegele , Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht bei der Bafin , über das Nebeneinander von schriftlichen Protokollen und Tonaufzeichnungen unter dem Regime von Mifid II, die Möglichkeiten für Finanzinstitute, weiterhin Provisionen zu vereinnahmen, und die Frage, warum ein großes Filialnetz Zuwendungen rechtfertigt.

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