FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

328 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 steuer & recht I produktüberwachungspflichten Foto: © Fotolia | Petair; Capco; Waigel Rechtsanwälte A m anderen Ende der Telefonleitung ist alles klar: Product Governance, natür- lich, das ist ein wichtiger Teil der EU- Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Das ist nicht gemeint? Rechtliche Vorgaben für die Über- wachung von Bankprodukten im Privatkun- dengeschäft? Am anderen Ende der Leitung herrscht Verwirrung. Beim Deutschen Sparkassen- und Girover- band (DSGV), beim Bundesverband deut- scher Banken, bei der Deutschen Kreditwirt- schaft und selbst bei der Finanzaufsicht Bafin: Dass Finanzinstitute für ihre Produkte künftig ebenso wie Fondsgesellschaften Zielmärkte definieren müssen, hat so gut wie niemand auf Anhieb parat. Auch nicht, dass die Ver- mittler der Produkte bald nur noch innerhalb dieser Zielmärkte verkaufen dürfen. Leitlinien, Produkttests und Überwachung – ja, da war etwas. „Wir prüfen das“, lautet standardmäßig die Antwort. Was für Verwirrung sorgt, sind zwölf Leit- linien, die unter dem komplizierten Begriff „Product Oversight and Governance Arrange- ments for Retail Banking Products“ zusam- mengefasst sind, kurz auch POG genannt. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (Euro- pean Banking Authority, EBA) hat die Guide- lines am 15. Juli 2015 in ihrer endgültigen Form verfasst und sie den Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten zugeleitet. Diese haben die Aufgabe, die Leitlinien in ihre Aufsichtspraxis zu integrieren und dafür zu sorgen, dass Finanzinstitute den Vorgaben nachkommen. Rundschreiben angekündigt Für die Institute ist das kein Pappenstiel. Denn die „Leitlinien für die Überwachung und Governance von Bankprodukten“, wie sie auf Deutsch heißen, erlegen ihnen allerhand neue Pflichten auf. Dass die Branche bislang kaum Notiz von POG genommen hat, liegt in erster Linie an der Finanzaufsicht. Die Bafin hat angekündigt, den Instituten bis Ende des Jahres ein Rundschreiben zukommen zu las- sen, in dem sie die Umsetzung der Leitlinien konkretisieren will. Vom Entwurf bis zur End- fassung des Schreibens, das die neuen Pflich- ten dann zementiert, könne ein halbes Jahr vergehen, heißt es. Der von der EBA vorge- sehene Starttermin 1. Januar 2017 werde nicht gehalten. Doch auch bis Mitte kommenden Jahres bleibt nicht mehr viel Zeit. Daher über- rascht es, dass Banken und Sparkassen nach wie vor abwarten, statt sich auf die Leitlinien einzustellen, die längst einsehbar sind. „Die POG-Leitlinien sind eine Ergänzung der Neuprodukt-Prozesse aus den EBA-Gui- delines zur internen Governance“, erklärt Se- bastian Wintzer, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München. Diese hat die europäische Bankenaufsicht im Jahr 2011 ver- öffentlicht. In Deutschland sind sie mit der vierten Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kreditinstituten (4. MaRisk-Novelle) in geltendes Recht über- führt worden. „Diese Leitlinien sehen aber le- diglich vor, dass Finanzinstitute ihr eigenes Risiko kontrollieren müssen“, erklärt Wintzer. Verbraucherschutz spielt keine Rolle. Verbraucherschutz Um die Verbraucher besser zu schützen, haben die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die Europäi- sche Aufsichtsbehörde für das Versicherungs- wesen und die betriebliche Altersvorsorge (EIOPA) und die EBA im Jahr 2013 ein ge- meinsames Positionspapier für eine Produkt- überwachung sowie für Governance-Prozesse aufgesetzt. Die ESMA hat diese Prinzipien bekanntlich in die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II aufgenommen. „Die EBA hingegen hat Leitlinien verfasst, um eine Product Governance für Bankpro- dukte zu verankern“, sagt Wintzer. Aus dem gemeinsamen Papier erklären sich jedoch die weitgehenden Übereinstimmungen, die die Product-Governance-Regelungen von Mifid II und die EBA-Leitlinien aufweisen. Wäh- rend die ESMA Mifid II durch technische Regulierungsstandards konkretisiert, gibt die EBA den Herstellern von Bankprodukten lediglich einen groben Rahmen vor. Das macht es für die Institute allerdings nicht ge- rade leichter. Denn selbst wenn das endgültige Rundschreiben der Bafin vorliegt, werden die Vorgaben relativ weit gefasst sein. Damit müssen die Banken und Sparkassen also ex- perimentieren – und hoffen, dass sie den An- forderungen der Aufsicht genügen. Für Bankprodukte gelten künftig strenge Überwachungspflichten. Diese sind in zwölf EU-Leitlinien formuliert. Doch die Institute scheint das wenig zu kümmern. Vergessene Regulierung Einfach vergessen: Vielen Finanzinstituten ist noch nicht auf Anhieb klar, was mit dem Begriff „Product Governance für Bankprodukte“ gemeint ist. Dass sie ab Mitte 2017 neue Pflichten erfüllen müssen, verdrängen sie offenbar.

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