FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2017

336 www.fondsprofessionell.de | 3/2017 eines Tages wieder steigen, entstehen im Port- folio Kursverluste. In diesem Fall müssten Anleger eines ausschüttenden Fonds auf alle laufenden Erträge dennoch Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag an den Fiskus ent- richten. Bei der entsprechenden thesaurieren- den Tranche blieben sie von der Vorabpau- schale verschont. Steuerlich die Nase vorn Doch auch wenn Fondsmanager ihrem Portfolio mit einer geschickten Anlagestrate- gie schöne Wertsteigerungen bescheren, haben wiederanlegende Produkte steuerlich betrach- tet die Nase vorn. Ein Zahlenbeispiel verdeut- licht es. Angenommen, ein thesaurierender Aktienfonds würde im Jahr 2018 aus Divi- denden Erträge vor Steuern von vier Prozent erzielen. Lag der Basiszins in diesem Jahr bei einem Prozent und belief sich der Rücknah- mepreis zu Jahresbeginn 2018 auf 100 Euro, so läge der Basisertrag am ersten Werktag 2019 bei 0,70 Euro pro Fondsanteil. Darauf bekäme der Anleger eine steuerli- che Teilfreistellung von 30 Prozent, also 0,21 Euro. Auf die verbleibenden 0,49 Euro müsste er 26,375 Prozent Abgeltungsteuer und Soli- daritätszuschlag zahlen, als Vorabpauschale also rund 0,13 Euro pro Fondsanteil an das Finanzamt abführen. Bezogen auf den aufge- laufenen Fondsertrag von sechs Euro läge die Steuerbelastung also bei rund 3,25 Prozent. Bei einem ausschüttenden Aktienfonds erhielte der Anleger auf die Erträge ebenfalls eine Teilfreistellung von 30 Prozent. Er würde 70 Prozent der Ausschüttung in Höhe von sechs Euro mit 26,375 Prozent Abgeltung- steuer versteuern, also 1,10 Euro pro Fonds- anteil an den Fiskus zahlen. Damit läge die steuerliche Belastung bezogen auf den ausge- schütteten Ertrag mit 27,5 Prozent deutlich höher als beim thesaurierenden Fonds. Die geringere Belastung der laufenden Erträge aus wiederanlegenden Portfolios ver- schafft Privatinvestoren, die ihren Sparerfrei- betrag bereits ausgeschöpft haben, über die Jahre hinweg eine Steuerstundung. Diese wie- derum bringt einen höheren Zinseszinseffekt mit sich. Ist der Freibetrag noch nicht voll ge- nutzt, so spielen die unterschiedlichen Steu- erregeln für die beiden Fondsvarianten natür- lich keine Rolle. Aber: Da die ausgeschütteten Erträge meist höher ausfallen als die Vorab- pauschale, kann es leichter dazu kommen, dass die Grenze des Freibetrags erreicht wird. „Bei der Veräußerung der Fondsanteile kommt es zwischen thesaurierenden und aus- schüttenden Portfolios schließlich zu einem Ausgleich der Steuerlast“, erklärt Beys. Beim Verkauf wird zunächst genau wie bisher der steuerliche Veräußerungsgewinn ermittelt, der sich aus den Einnahmen aus dem Verkauf oder der Rückgabe abzüglich der Anschaf- fungskosten ergibt. Um eine Doppelbesteue- rung zu vermeiden, wird bei der thesaurieren- den Anteilsklasse der Betrag um die Summe aller während der Haltedauer Vorabpauscha- len reduziert. Daher muss sich der Anleger hier auf einen höheren Steuerbescheid gefasst machen. „Der Zinseszinseffekt, der bei wie- deranlegenden Portfolios entsteht, gleicht sich beim Verkauf natürlich nicht aus“, sagt Beys. Dieser Vorteil bleibt bestehen. Das gilt für Altbestände Anlegern, die Anteile an thesaurierenden Fonds halten, die sie bereits vor dem 1. Januar 2009 erworben haben, winkt ein weiterer Pluspunkt. Privatinvestoren, die im Besitz sol- cher Altbestände sind, hatte der Gesetzgeber mit Inkrafttreten der Abgeltungsteuer zu Beginn des Jahres 2009 für die Zukunft steuerfreie Veräußerungsgewinne zugesagt. Mit dieser Steuerfreiheit macht das Invest- mentsteuerreformgesetz zwar Schluss. Dafür sieht es für Veräußerungsgewinne solcher Alt- Fonds aber einen hohen Freibetrag von 100.000 Euro vor, wenn diese nicht vor dem Inkrafttreten der Investmentsteuerreform verkauft werden. Ist dieser Freibetrag noch nicht komplett genutzt, zahlenAnleger folglich keine Steuern, wenn sie Altbestände verkaufen. „Dann gleicht sich die unterschiedliche Belastung der laufenden Erträge bei ausschüttenden und thesaurierenden Fonds am Ende nicht aus“, erklärt Beys. Und die wiederanlegende Va- riante ist definitiv im Vorteil. Schöne neue Welt für Thesaurierer. ANDREA MARTENS | FP steuer & recht I investmentsteuerreform Foto: © Sauren Andreas Beys, Sauren: „Beim Verkauf von Fondsanteilen kommt es zu einem Ausgleich der Steuerlast.“ Investmentsteuerreform: Die wichtigsten Regeln ab Januar 2018 Neue Steuerregeln: Sobald das Investmentsteuer- reformgesetz (InvStRefG) in Kraft ist, müssen deutsche Fonds auf in Deutschland erzielte Dividenden, Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien 15 Prozent Steuern abführen. Damit werden sie hinsichtlich dieser Erträge mit ausländischen Fonds gleichgestellt. Zudem können sich Anleger ab dem 1. Januar 2018 die im Ausland gezahlte Kapitalertragsteuer nicht mehr über ihre Steuererklärung erstatten lassen. Diese Regelungen schmälern die Erträge. Teilfreistellungen: Um einen Ausgleich für die Be- steuerung auf Fondsebene zu schaffen, hat der Gesetz- geber steuerliche Teilfreistellungen eingeführt. Je nach Art des Portfolios fallen sie unterschiedlich hoch aus. Bei Fonds mit einer Aktienquote von mindestens 25 Prozent erhält der Anleger auf seine Erträge eine Teilfreistellung auf seine zu versteuernden laufenden Erträge und Ver- äußerungsgewinne. Beläuft sich die Aktienquote eines Fonds auf 51 Prozent, so bleiben 30 Prozent der Gewinne abgeltungsteuerfrei. Voraussetzung dafür ist, dass die jeweiligen Kapitalbeteiligungsquoten in den Anlagebedin- gungen festgehalten werden (siehe auch FONDS profes- sionell 2/2017, Seite 308). Vorabpauschale: Das InvStRefG sieht für die Besteue- rung der laufenden Erträge aus thesaurierenden Fonds eine Vorabpauschale vor. Für die Pauschale sind nicht die innerhalb eines Jahres tatsächlich erzielten Erträge maß- geblich. Stattdessen wird ein Basisertrag ermittelt. Stichtag für die Ermittlung dieses Mindestbesteuerungswertes ist der erste Werktag nach Ablauf eines Jahres. Mit der Vor- abpauschale will der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Fiskus an einem Mindestwert aller laufenden Erträge beteiligt wird. Die Vorabpauschale gilt auch für ausschüt- tende Fonds, sofern die Ausschüttung geringer ist als der ermittelte Basisertrag. Berechnung der Vorabpauschale: Die Vorabpau- schale berechnet sich anhand des Basiszinses, der einmal im Jahr von der Bundesbank ermittelt wird. Er orientiert sich an deutschen Staatsanleihen mit jährlichen Zinszah- lungen und Restlaufzeiten von 15 Jahren. Der Rücknah- mepreis des Fonds zu Beginn des abgelaufenen Jahres wird mit 70 Prozent des jährlichen Basiszinses multi- pliziert. Bei einem Rücknahmepreis von 100 Euro und einem Basiszins von einem Prozent würde die Formel also lauten: 100 Euro × (1% × 70%) = 0,70 Euro.

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