FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

126 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 markt & strategie I faktorinvestments Foto: © GMF E s klingt schon sehr verlockend: Man muss sich nur einige Untergruppen von Aktien aus den breiten Indizes heraus- picken, um langfristig mehr zu verdienen, als dies mit dem Index selbst möglich ist. Wis- senschaftliche Analysen haben gezeigt, dass Aktien mit bestimmten Eigenschaften ihre Märkte auch über längere Zeiträume hinweg schlagen. Diese speziellen Eigenschaften bezeichnet man als Faktoren, die daraus ab- geleitete Anlagestrategie Faktorinvestment, und die Produkte, um die es hier geht, kennt man inzwischen unter den Marketingbegriffen „Smart Beta“ oder „Strategic Beta“. Zu den Faktoren, die nachhaltige Mehrerträge ver- sprechen, zählen unter anderem Momentum, Qualität (Quality), Größe (Size), Dividenden- rendite (Dividend) oder Value. Daneben wurde aber inzwischen eine Vielzahl anderer Faktoren entdeckt, die allerdings mehrheitlich keine langfristige Outperformance bringen. Verpackt werden diese Faktoren meist in ETFs, die trotz der – implizit versproche- nen Outperformance – meist billiger sind als aktive Fonds, bei denen talentierte und daher teure Manager versuchen, die Indi- zes ihrer Märkte mithilfe ihrer Anlage- strategien zu übertreffen. Angebot wächst Weil diese Kombination aus „preiswert“ und „leistungsfähig“ das Ei des Kolumbus der Investmentwelt wäre, ist die Nachfrage groß, und das Angebot wächst entspre- chend rasch. Mitte Oktober berichtete Morningstar, dass in den USA in den ers- ten zehn Monaten des Jahres 37,6 Milliar- den US-Dollar in Smart-Beta-Fonds ge- flossen sind. Und da stellen doch schon lange Zeit viele Beobachter die Frage, ob es wirklich so einfach sein kann, die Ge- samtmarktergebnisse ohne besondere Mühe nachhaltig zu schlagen. Wer schon etwas länger in der Finanzindustrie tätig ist, wird fast automatisch sagen: Nein, das geht nicht, weil man die Märkte eben nicht schlagen kann und weil es keinen Free Lunch gibt. Spezialisten weisen auf eine ganze Reihe potenzieller Schwachstellen des Konzepts hin, die schlagend werden können, wenn man es allzu naiv umsetzt. Das erste Problem betrifft die Indizes, auf denen die „schlauen“ Produk- te aufbauen. Will man etwa einen Smart-Be- ta-Fonds auflegen, der den Faktor Quality nutzt, muss man einen Index erstellen oder er- stellen lassen, der die dazu passenden Titel enthält. In jedem Fall hat man hier bereits ein Definitionsproblem, denn was heißt Quality? Grundsätzlich meint man damit im Zusam- menhang mit Faktorinvestments Unterneh- men, die eine Reihe von Merkmalen aufwei- sen, die diese Qualität bewirken. Die Band- breite reicht von Bewertungskennzahlen über Ertragsdaten und -entwicklung bis zur Analy- se von Geschäftsmodell und Wettbewerbs- situation. Die dafür benötigten Qualitäten kön- nen sowohl Wachstumswerte (Growth) als auch Substanzwerte (Value) aufweisen, sie können bei kleineren Unternehmen ebenso Faktorinvestments, oft als „Smart Beta“ vermarktet, versprechen eine kostengünstige Outperformance. Bei allzu simplen Konzepten sollte man aber aufpassen. Smart Beta wird smarter Fallende oder steigende Kurse? Hedgefonds beanspruchen für sich, in beiden Marktlagen Rendite erzielen zu können. Investmentbanken bringen jetzt verstärkt ETF-Produkte heraus, die diese Strategien simulieren. Alpha, Beta & Smart Beta Konkurrenz für aktive Manager durch passive Fonds Beta bzw. der Betafaktor ist ein Parameter aus der Kapitalmarkttheorie (capital asset pricing model), der angibt, wie sich ein Wertpapier, zum Beispiel ein Fonds, relativ zum Gesamtmarkt, in den es investiert, entwickelt. Legt der Dax um ein Prozent zu und ein Aktienfonds, der in Dax-Werte investiert, steigt parallel dazu um zwei Prozent, so beträgt sein Betafaktor zwei. Der Ehrgeiz von traditionellen ETFs besteht darin, ein Beta von eins zu haben. Wenn das gelingt, bilden sie ihren Markt sozusagen fehlerfrei ab. Aktive Manager verfolgen hingegen das Ziel, ihren Markt zu schlagen. Das müssen sie auch, weil ihre Arbeit vergleichsweise teuer ist, was nur zu rechtfertigen ist, wenn sie einen Mehrertrag erwirtschaftet. Die Kennzahl, die ihre Leistung misst, stammt ebenfalls aus der Kapitalmarkttheorie und heißt Alpha. Ein positiver Wert zeigt an, dass es dem Manager gelungen ist, seinen Markt zu schlagen, ein negativer Wert das Ge- genteil. Bei „Smart-Beta-Konzepten“ wird nun versucht, die Vorteile beider Welten zu kombinieren. Man verzichtet auf aktive Manager und spart damit Kosten. Indem man aber jene Faktoren (also bestimmte Aktien), die wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge langfristig mehr Ertrag bringen als der Gesamtmarkt, höher gewichtet oder überhaupt nur in sie investiert, sollen Benchmarks wie S&P 500 oder Dax geschlagen werden.

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