FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

132 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 markt & strategie I mittelzu- und -abflüsse A ls Japans Premierminister Shinzo Abe im Januar 2013 sein Amt als Staats- oberhaupt Japans antrat und sein Kon- junkturprogramm vorstellte, erntete er keines- wegs nur Applaus. Das Ausmaß der enormen Geldschwemme, die gewaltigen Konjunktur- programme sowie die tiefgreifenden Steuer- reformen, die dem 96. Premierminister von Japan vorschwebten, riefen auch Skeptiker auf den Plan. Hohe Staatsschulden, Finanzblasen und Proteste im Land seien vorprogrammiert, so die Kritik. Heute, knapp fünf Jahre später, scheint sein Plan Früchte zu tragen. Die japa- nische Wirtschaft ist das sechste Quartal in Folge gewachsen, die hartnäckige Deflation scheint endlich überwunden. Der schwache Yen beflügelt die Exporte, und der Leitindex Nikkei kletterte in den vergangenen Wochen auf ein neues 21-Jahres-Hoch von mehr als 22.000 Punkten. Japan so beliebt wie noch nie Im Wort 21-Jahres-Hoch steckt allerdings auch eine weniger erfreuliche Botschaft: Wer vor 21 Jahren investiert hat, steht nun wieder bei seinem Einstiegskurs. Dass Japan daher seit vielen Jahren von der Mehrzahl der hei- mischen Anleger gemieden wurde, ist wenig überraschend. Die Frage, ob sich das nun ändern kann, ist offen, aber der Trend ist posi- tiv. Zumindest lässt die jüngste Mittelzu- und -abfluss-Statistik des Fondsdatenlieferanten Mountain View diesen Schluss zu. Demnach standen japanische Aktien in den vergangenen zwei Monaten ganz oben auf der Ein- kaufsliste der Anleger. Mit knapp 4,5 Mil- liarden Euro verzeichnete die Fonds- gruppe die höchsten Mittelzuflüsse seit Beginn der Mountain-View-Statistik im Oktober 2008. Dass sich Investments in japanische Fonds weiterhin lohnen könnten, halten immer mehr Marktteilnehmer für wahr- scheinlich. So etwa die von der Bank of America Merrill Lynch im Rahmen der monatlichen Fondsmanager-Umfrage in- terviewten Portfolioverwalter. Netto 45 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, japanische Aktien im Oktober überge- wichtet zu haben. Zum Vergleich: Im Vor- monat waren es noch zwölf Prozent. Basis des Nachfrageanstiegs sind die besseren Un- ternehmensdaten. „Japanische Unternehmen profitieren von den von Abe eingeleiteten Reformen“, meint etwa Archibald Ciganer, Portfoliomanager beim US-Fondshaus T. Rowe Price. „Der signifikante Anstieg der Unternehmensgewinne bestärkt uns in der Ansicht, dass der japanische Aktienmarkt eine überzeugende Story bietet“, glaubt der Japan- Experte. Abes Initiativen hatten auch zum Ziel, die Corporate-Governance-Standards in Japan zu verbessern, was auch einen höheren Anteil externer Manager in der Unterneh- mensführung einschließt. Zudem sollten die Kapitalgeber, allen voran die Aktionäre, stär- ker an den Unternehmenserträgen beteiligt werden, fährt Ciganer fort. Die positiven Aus- wirkungen auf die Profitabilität der Firmen und die Kapitalallokation seien seiner Mei- nung nach signifikant, obwohl die Umsätze der Firmen nur moderat gestiegen sind und sich die schwachen makroökonomischen Rahmenbedingungen in dieser Zeit eigentlich nicht wesentlich verändert haben. Auch Heike Fürpaß-Peter vom ETF-Anbieter Lyxor spricht sich für Japan-Aktien aus. Sie verweist darauf, dass sich parallel zur steigenden In- landsnachfrage die Zinsdifferenz zwischen Ja- pan und anderen Volkswirtschaften ausgewei- tet habe: „Dies sollte über die Schwächung des Yen dazu beitragen, die Attraktivität japa- nischer Aktien zu erhöhen.“ Rally schon einmal abgerissen Allerdings sehen nicht alle Marktbeobach- ter die Entwicklungen in Japan positiv. So etwa Alex Lee, Fondsmanager für japanische Aktien bei Columbia Threadneedle. Im Vor- feld der vorgezogenen Neuwahlen in Japan am 22. Oktober sanken die Zustimmungswer- te für Abe. Diese konnten sich zwar erholen. „Dem vorausgegangen waren eine erfolgrei- che Kabinettsumbildung sowie wachsende geopolitische Spannungen mit Nordkorea“, erinnert Lee. In Bezug auf diesen Konflikt schätze die Öffentlichkeit die Stabilität, für die die Regierung Abe sorge. „Abes Problem be- steht darin, dass es immer noch Bedenken hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit gibt“, betont Lee und fährt fort: „Kabinettsum- bildungen führen selten zu einem dauer- haften Zustimmungsanstieg für die Regie- rung.“ Die Zweifel des Fondsmanagers sind nicht unberechtigt. Zwar hat Abe die jüng- ste Wahl gewonnen, politische Unsicher- heiten könnten den Anstieg an der Börse aber schnell wieder beenden. Schon bei der Wahl 2012 unternahm die japanische Börse einen Höhenflug. Einige Zeit da- nach brach sie allerdings abrupt wieder ein. CORNELIA FUSSI | Die Tabellen zu diesem Artikel finden Sie auf der nächsten Seite . FP Mittelaufkommen Japan-Fonds Fonds mit Japan-Aktien verzeichneten in den letzten beiden Mona- ten enorme Mittelzuflüsse. Im Oktober sammelten die Fonds gar so viel Geld ein wie nie zuvor. Quelle: Mountain View -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 2016 ’17 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 ’08 Mrd. Euro Foto: © 2017 Bloomberg Finance LP / Kiyoshi Ota Die Mittelzuflüsse in japanische Aktienfonds haben im Oktober neue Rekordstände erreicht. Viele Fondsprofis sehen jetzt gute Einstiegschancen, allerdings nicht alle. Japanisches Erwachen Premierminister Shinzo Abe hat Japan aus der ewigen Deflationsspirale geführt.

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