FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

markt & strategie I goran vasiljevic | lingohr & par tner am 154 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 Foto: © Christoph Hemmerich Ü ber viele Jahre hinweg zählte Lingohr & Partner Asset Manage- ment zu den führenden Adressen unter Deutschlands Vermögensverwaltern. Doch in den Jahren nach der Finanzkrise wollte der systematische Value-Ansatz des Unternehmens aus Erkrath bei Düsseldorf einfach nicht mehr aufgehen. Das verwal- tete Vermögen, das im Jahr 2011 noch gut zehn Milliarden Euro betragen hatte, schnurrte auf unter vier Milliarden Euro zusammen. Vor zwei Jahren folgte ein weiterer Schlag für das Unternehmen, als Firmengründer Frank Lingohr nach kurzer und schwerer Krankheit im Alter von nur 69 Jahren verstarb. Doch Lingohr hatte seine Nachfolge rechtzeitig geplant: ImApril 2015 hatte er nicht nur seinen langjährigen Kolle- gen Volker Engelbert mit der Geschäftsfüh- rung beauftragt, sondern auch einigen jungen Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen. Zwei von ihnen, beide erst Mitte 30, rückten imApril dieses Jahres in die Geschäftsführung auf: Goran Vasiljevic löste Engelbert als Chief Investment Officer ab, Steffen Ulshöfer wurde zum Chief Operating Officer ernannt. Ihnen zur Seite steht der langjährige Geschäftsführer Michael Broszeit, der weiterhin das Kunden- geschäft verantwortet. FONDS professionell traf Vasiljevic in Frankfurt zum Interview. Herr Vasiljevic, Sie sind im Jahr 2011 bei Lingohr & Partner Asset Management eingestiegen. Rückblickend betrachtet war das nicht unbedingt eine antizyklische Karriereentscheidung, denn in den Folgejahren kämpfte das Unternehmen mit einer schlechten Performance und schrumpfenden Assets. Goran Vasiljevic: Die vergange- nen Jahre waren sehr schwierig für Value-Investoren, auch für unser Haus, das stimmt. Jedoch haben wir gerade aus dieser Zeit viel ge- lernt und uns umstrukturiert. Heute fühlen wir uns besser aufgestellt als jemals zuvor. Der Grund, warum ich Anfang 2011 auf Lingohr & Partner aufmerksam geworden bin, hat übrigens durchaus etwas mit Antizyklik zu tun. Ich war damals als Analyst in den USA tätig und habe zufällig ein Interview mit Frank Lingohr gesehen. Das war nach dem Erdbeben in Japan, die Kurse in Tokio waren abgestürzt. Frank Lingohr analysierte ganz nüchtern und emotionslos, dass genau in sol- chen Situationen an der Börse Chancen lau- ern. Also habe ich Herrn Lingohr einen Brief geschrieben, wurde zum Gespräch eingeladen – und schließlich eingestellt. Sie sind damals als Portfoliomanager und Lingohrs Assistent eingestiegen. In- zwischen sind Sie Chief Investment Of- ficer und Geschäftsführer. Wie kam’s? Schon 2015 hatte Frank Lingohr den Ge- nerationswechsel angestoßen. Damals übernahm ich die Research-Abteilung des Hauses. Die Performance der Vorjahre hatte meine Kollegen und mich ins Grü- beln gebracht. Darum haben wir uns zwölf Monate lang intensiv auf die Arbeit an unserer Datenbank und den Modellen konzentriert, um unseren systematischen Anlageprozess „Chicco“ mit den Erkennt- nissen aus den letzten Jahren noch besser zu machen. Seit Anfang 2016 ist das weiter- entwickelte System im Einsatz, zeitgleich ha- be ich die Verantwortung für das Investment- team übernommen. Nun war 2016 mit Blick auf die Performance ein enorm gutes Jahr. Al- le unsere Fonds haben outperformt. Im April wurde ich dann zum Chief Investment Officer ernannt und in die Geschäftsführung berufen – auch als Signal nach außen, um zu zeigen, dass das Unternehmen fest an Chicco glaubt. Wie stark haben Sie das System denn überarbeitet? Die Grundprinzipien sind gleichgeblieben: Unser Investmentprozess Chicco hilft uns, bei der Aktienselektion Emotionen auszuschalten und streng nach fundamentalen und syste- matischen Kriterien zu entscheiden – und das seit fast 25 Jahren. Der Fokus unseres Modells liegt nach wie vor auf dem Free Cash Flow eines Unternehmens, also der Frage, wie viel Geld ein Unternehmen verdient, nachdem es alle notwendigen Investitionen getätigt hat. Gearbeitet haben wir vor allem an der Feinsteuerung. Wir berücksichtigen zusätzliche Faktoren, die je nach Land in die Aktienbewertung einfließen. Auch mit Blick auf die Ge- schäftsmodelle der Unternehmen konnten wir die Aussagekraft un- Goran Vasiljevic , Chief Investment Officer und neuer Geschäftsführer von Lingohr & Partner Asset Manage- ment , über die schlechte Performance der vergangenen Jahre, die Neuaufstellung des Erkrather Vermögens- verwalters und die Frage, warum er fest an ein Comeback des Value-Investings glaubt. „Billig ist nicht gleich Value “ » 2016 war mit Blick auf die Performance ein enorm gutes Jahr. Alle unsere Fonds haben outperformt. « Goran Vasiljevic, Lingohr & Partner AM Ein Flaggschiff, viele Beiboote Lingohr-Publikumsfonds nach verwaltetem Vermögen Lingohr & Partner verwaltet derzeit zehn Publikumsfonds. In Klammern: Jahr der Fondsauflage *Fonds wird im März 2018 geschlossen. | Quelle: Morningstar, Lingohr & Partner AM | Stand: 10/2017 0 200 400 Lingohr Europe Equity (2016) Lingohr Global Equity Traditional (2010) Lingohr-Amerika-Systematic-LBB-Invest* (1993) Keppler Lingohr Global Equity (2006) Klassik Aktien Emerging Markets (2010) Lingohr-Asien-Systematic-LBB-Invest (2004) 3 Banken Europa Stock-Mix (1998) Lingohr Global Equity (2008) Lingohr-Europa-Systematic-LBB-Invest (2003) Lingohr-Systematic-LBB-Invest (1996) Mio. Euro , 833 6 Mio. Euro 127,6 Mio. Euro 43,9 Mio. Euro 37,0 Mio. Euro 36,8 Mio. Euro 13,0 Mio. Euro 12,2 Mio. Euro 3,4 Mio. Euro 1,7 Mio. Euro 1,7 Mio. Euro

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