FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

220 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 vertrieb & praxis I vermögensverwaltung Foto: © Fotolia | JackF R ainer Beckmann ist 67 Jahre alt – doch ans Aufhören ist noch nicht zu denken. „Bis ich mich aus dem Geschäft ver- abschiede, werden noch ein paar Jahre verge- hen“, sagt der Geschäftsführer der Düssel- dorfer Vermögensverwaltung Ficon Börsebius Invest, die er gemeinsam mit Jens Hartmann, 50, leitet. Dabei hat Beckmann die Weichen schon gestellt: Kürzlich fing ein neuer Kolle- ge an, Mitte 40, der in die Geschäftsführung berufen werden soll und schon bald in den Gesellschafterkreis aufsteigen dürfte. Die Suche nach einem passenden Kandidaten hat Beckmann viel Energie gekostet – und sich über mehr als fünf Jahre hingezogen. Es ist schon viel geschrieben worden über die Schwierigkeiten der unabhängigen Ver- mögensverwalter, einen Nachfolger zu finden. Von Überalterung ist die Rede und vom Kon- solidierungsdruck, der immer größer wird. Doch zur Frage, wie viele Vermögensverwal- ter sich denn nun wirklich schon im Renten- alter befinden, fehlten bislang belastbare Zah- len. Eine wissenschaftliche Erhebung bringt nun Licht ins Dunkel. Das Institut für Ver- mögensverwaltung (InVV) an der Hochschule Aschaffenburg hat in seiner diesjährigen Bran- chenumfrage auch das Alter der Geschäftsfüh- rer erhoben. 233 Chefs von 116 Vermögens- verwaltungen beantworteten die entsprechen- de Frage. Angesichts der Tatsache, dass es in Deutschland insgesamt nur rund 400 unab- hängige Vermögensverwalter gibt, dürfen die Angaben als repräsentativ gelten. Der InVV- Studie zufolge sind 18,5 Prozent der Ge- schäftsführer älter als 60 Jahre. 8,5 Prozent haben schon ihren 65. Geburtstag gefeiert. Und immerhin sechs der 233 Geschäftsführer sind schon 70 oder älter – und immer noch im Dienst (siehe Grafik nächste Seite). Nachfolge braucht Zeit Besonders dringend muss die Nachfolge- frage bei Unternehmen mit nur einem oder zwei Geschäftsführern geklärt werden. Dem InVV zufolge bilden diese Unternehmen rund die Hälfte des Marktes in Deutschland. Jeder zehnte Geschäftsführer, der seine Vermögens- verwaltung allein leitet, ist älter als 60 Jahre. Bei Instituten mit zwei Geschäftsführern trifft das sogar auf jeden Fünften zu. Oft kommen die beiden Chefs aus der gleichen Altersklas- se, was das Problem noch verschärft. „Nach der KWG-Novelle 1998 haben sich viele gestandene Banker allein oder zusammen mit einem befreundeten Kollegen auf den Weg in die Selbstständigkeit gemacht. Diese nähern sich jetzt mit großen Schritten dem Ruhe- standsalter“, sagt Andreas Grünewald, der Chef des Verbands unabhängiger Vermögens- verwalter Deutschland (VuV). „Bei einem mittelständischen Unternehmen gilt die Faustformel, dass man fünf Jahre für eine gute Nachfolgeregelung braucht“, betont InVV-Leiter Hartwig Webersinke. Er mahnt, nicht erst mit 60 an die Zukunft des eigenen Unternehmens zu denken. Laut Webersinke ist die rechtzeitige Nachfolgeregelung auch ein wichtiges Signal für die Kunden. „Wer Mandanten dauerhaft an das eigene Haus binden will, muss eine langfristige persönliche Betreuung glaubhaft darstellen können.“ Der Verband vermittelt Der VuV hat eine „Generationenplattform“ entwickelt, auf der Vermögensverwalter ihr Unternehmen zum Verkauf stellen oder als potenzieller Käufer auftreten können – streng anonym dank Chiffre-Verfahren. „Selbst der Verband kennt die Namen der Beteiligten nicht“, betont Grünewald. „Um absolute Anonymität zu gewährleisten, bieten wir diese Dienstleistung VuV-Mitgliedern sogar kosten- los an, damit wir keine Rechnungsadresse brauchen.“ Trotz all dieser Vorsichtsmaßnah- men ist die Resonanz gering. „Potenzielle Käufer sind durchaus da, aber die Verkäufer sind in der absoluten Minderheit“, sagt Grüne- wald. „Die meisten tun sich schwer damit, dieses Thema nach außen zu tragen.“ Verkaufswillige Vermögensverwalter fühlen offensichtlich lieber direkt bei Kollegen vor, ob sie sich eine Übernahme oder Kooperation vorstellen könnten. Eine Konsolidierung fin- det jedenfalls bereits statt, berichtet Grüne- wald. „Wir haben im VuV jedes Jahr fünf bis zehn Fälle, in denen ein Mitglied seine Bafin- Erlaubnis zurückgibt, entweder wegen Ge- schäftsaufgabe, Fusion oder Übernahme durch ein anderes Unternehmen – meist aus dem Kreise der Verbandsmitglieder.“ Die neuen Vorgaben durch die EU-Finanzmarkt- Zahlen der Hochschule Aschaffenburg zeigen, wie sehr das Nachfolgeproblem drängt: Fast jeder fünfte Chef einer Vermögensverwaltung ist älter als 60 Jahre. Alter Verwalter Gut, wenn die potenziellen Nachfolger schon im Unternehmen sind: Viele Vermögensverwalter nähern sich dem Renten- alter – und unterschätzen, wie schwierig es ist, einen geeigneten Kandidaten zu finden, der die Firma übernimmt.

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