FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

E s war eine weitere Breitseite gegen die Investmentbranche: Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA kündigte im Herbst eine groß angelegte Studie an, in der sie Kosten und Erträge von Fonds genau prü- fen will. Zuvor waren die Aufseher in Groß- britannien und Irland in ähnlichen Untersu- chungen zu einem vernichtenden Urteil ge- kommen: Demnach verlangen aktive Mana- ger bei unterdurchschnittlichen Investment- erfolgen zum Teil überzogene Gebühren. Der Vorstoß der Aufseher zeigt, wie die As- set-Management-Industrie zunehmend in das Visier von Behörden, Verbraucherschützern und auch der Kunden gerät. Denn neben der wachsenden Kritik an stattlichen Gebühren stimmen immer mehr Investoren mit den Füßen ab: Sie schichten in Scharen ihr Geld in günstige börsengehandelte Indexfonds (ETFs) um. Weltweit zogen Anleger 2016 un- term Strich 92 Milliarden US-Dollar aus aktiv verwalteten Fonds ab. Demgegenüber flossen 625 Milliarden Dollar in passive Produkte, so das Analysehaus Morningstar. Die Branche steht vor einem Beben – und die Anbieter müssen reagieren. Neue Flanke eröffnet Um dem Mittelschwund zu be- gegnen, schwimmen einige Anbieter mit dem Strom. Häuser mit langer Tradition im aktiven Asset Manage- ment wie Franklin Templeton, Janus Henderson oder Fidelity legen selbst ETFs auf. Doch das letztge- nannte Haus will es nicht dabei belassen – und geht auch an einer anderen Flanke in die Offen- sive. So kündigte Fidelity In- ternational an, für Aktien- fonds eine erfolgsabhängige Gebühr einzuführen. Statt pauschal am Volumen bemisst sich die „Ful- crum Fee“ (Dreh- oder Angelpunkt-Gebühr) unter anderem am Erfolg des jeweiligen Fonds. Die neue Variante tritt neben die klas- sische Tarifstruktur. Damit kann der Kunde zwischen zwei Modellen wählen. Treuebonus in schlechten Zeiten Beim variablen System erhält der Anbieter einen umso höheren Anteil am Mehrertrag, je deutlicher der jeweilige Manager seinen Ver- gleichsindex aussticht. Entwickelt sich der Fonds jedoch schwächer als die Benchmark, sinkt auch die Managementgebühr im entspre- chenden Maße. Hier liegt der Unterschied zu einer herkömmlichen Performance Fee, bei der die Basisgebühr unangetastet bleibt, auch wenn der Fonds dem Markt hinterherhinkt. Der Kostensatz bei der Angelpunkt-Gebühr bewegt sich insgesamt innerhalb einer defi- nierten Höchstgrenze und hat ein Mindest- niveau (siehe Grafik nächste Seite). Die Fulcrum Fee fällt aber auch an, wenn der Fonds Verluste ein- fährt – solange er dabei noch seinen Vergleichsindex übertrifft. Zudem handelt es sich nicht um eine Pauschale. Transaktions-, Research- und sonstige Auf- wendungen werden separat dem Fondsver- mögen angelastet. „Diese Gebührenstruktur ist transparent und leicht nachvollziehbar“, wirbt Alexander Leis- ten, Deutschlandchef von Fidelity. „Wir halten dieses Modell für eine überzeugende Antwort auf Vorwürfe, wonach es bei der Gebühren- gestaltung an Transparenz und Innovation mangle und die Unternehmen nicht immer im besten Interesse ihrer Kunden handelten.“ Sie führe zu einer stärkeren Orientierung an den Anlegerinteressen und belaste Kundenport- folios in solchen Phasen geringer, in denen der Manager keine Outperformance erzielt. „Dadurch motiviert sie Anleger, im Fonds zu bleiben“, argumentiert Leisten. Fidelity erklärt derzeit den Kunden die neue Gebührenvariante. „In den USA gibt es die Fulcrum Fee schon seit den 1970er-Jahren. In Europa sowie in weiten Teilen Asiens ist sie praktisch unbekannt“, erläu- tert Leisten die Schwierigkeiten. Doch selbst Knackige Kosten Laufende Gebühren für ausgewählte Domizile (volumengewichteter Schnitt) Bei den Kosten liegen Deutschland und Österreich im oberen Bereich. In die Gesamtquote fließen auch hier nicht gezeigte Domizile ein. Quelle: Morningstar | Stand: August 2016 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 Gesamt Schweiz Irland Frankreich Schweden Großbritannien Österreich Luxemburg Spanien Deutschland Italien 1,25 % 1,00 % 1,09 % 1,12 % 2013 F 2016 Fondskosten 2013 Fondskosten 2016 F vertrieb & praxis I neue gebührenmodelle Foto: © Fotolia | styf Schwache Leistung und hohe Gebühren – die Kritik an Asset Managern wächst. Neue Gebührenmodelle sollen flüchtende Fondsanleger versöhnen. Branche am Drehpunkt Austarierte Gewichte: Derzeit liegt die Ge- bührenlast bei Investmentfonds zu ein- seitig bei den Anlegern, monieren Kritiker. Neue Tarifmodelle sollen die Interessen besser ausglei- chen. 254

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