FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

A laddin, der arme Schneidersohn aus dem Märchen, war ziemlich faul, wur- de aber durch den Fund einer Wunder- lampe sehr reich. Aladdin heißt auch das Ri- sikomanagementsystem des US-Fondshauses Blackrock. Im Gegensatz zum Protagonisten aus dem Märchen ist die Analyseeinheit von Blackrock jedoch sehr fleißig, sie erstellt täg- lich rund 1,8 Millionen Auswertungen und Berichte, nicht nur für Blackrock-Portfolios, sondern auch für externe Kunden. Insgesamt analysiert das SystemWertpapierbestände von rund 18 Billionen US-Dollar. Diese unbeschreiblich große Summe an Kapital wird von rund 85 Banken, Versiche- rern, Fondshäusern oder Stiftungsfonds ver- waltet, die auf Aladdin zugreifen. Zu den Kunden zählen beispielsweise die Deutsche Asset Management und das Investmenthaus Schroders. Lediglich ein Drittel der 18 Billionen Dollar sind Gelder, die Blackrock in Eigenregie managt. Doch was steckt eigentlich hinter dieser Platt- form, die weltweit annähernd 25.000 Investmentprofis nutzen? Was macht Aladdin? Vereinfacht gesagt wertet Aladdin eine sehr große Zahl historischer Finanzdaten aus, um mit deren Hilfe unterschiedliche Szenarien zu erstellen, wie sich Aktien oder auch Anlei- hen unter verschiedenen Rahmenbedingungen entwickeln. Wie beeinflusst eine steigende Inflationsrate mein Portfolio? Welche Auswir- kungen haben Veränderungen im Öl- und Gaspreis? Was passiert mit meinen Aktien, wenn in Europa eine Rezession ausbricht? Diese und viele Fragen mehr kann die Platt- form beantworten. Portfoliomanager können mit ihrer Hilfe auch analysieren, welche Titel welchen Beitrag zur Performance geliefert haben oder wie es gerade um die Korrelation verschiedener Assetklassen steht. Das „Asset Liability and Debt and Deriva- tives Investment Network“ – so die Langver- sion des Namens – kommt auch mit Bestän- den klar, die ETFs, Immobilienfonds oder strukturierte Produkte beinhalten. Diese Mög- lichkeiten bieten die Risikoplattformen ande- rer Häuser nur eingeschränkt. Wenn über- haupt, ist für umfangreiche Analysen der Zugriff auf eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme nötig. Bei Aladdin ist alles in eine einzige Plattform integriert. So nutzen Fondsmanager das System bei- spielsweise nicht nur zur Berechnung ihrer Intraday-Gewinne, sondern auch für das automatische Rebalancing ihrer Portfolios oder zur Generierung von Wertpapierorders. Blackrock bezeichnet Aladdin als zentrales Nervensystem der Firma. Der Vermögens- verwalter setzt die Plattform auch innerhalb der eigenen Organisation ein. Mithilfe des Informationssystems sollen Mitarbeiter besser kommunizieren und Probleme schneller adressieren können, man möchte damit die kollektive Intelligenz der Angestellten besser nutzen. „Wir sind ‚Tech Optimists‘ – wir glauben, dass der technische Fortschritt unser zukünftiges Leben noch mehr beeinflussen wird, als er es in der Vergangenheit bereits getan hat“, sagt Jody Kochansky, Leiter der Aladdin-Produktgruppe in den USA. Mittler- weile arbeiten über 1.000 Entwickler an der Verbesserung und Erweiterung des Systems. Über 600 Datenexperten führen die täglichen Analysen durch. Zum Vergleich: Insgesamt arbeiten in Deutschland und Österreich für Blackrock lediglich rund 100 Mitarbeiter. Wie alles begann Blackrock wurde vor knapp 30 Jahren in ei- nem Ein-Raum-Büro in New York City ge- gründet. Ein einzelner Rechner von Sun Micro- systems bildete die Keimzelle von Aladdin. Seinen ersten Ein- satz bekam das Tool bei der Be- wertung von Hypothekenpapie- ren, sogenannten Collateralized Mortgage Obligations, einem da- mals noch sehr jungem Finanzie- rungsinstrument. Dann folgten Aufträge des Elektronikriesen General Electric, der durch Aladdin ein komplexes Hypothekar- kreditportfolio seiner kriselnden Investment- banking-Tochter analysieren ließ. Das sprach sich herum – die Aufträge häuften sich. Jüngstes Beispiel: Ende März veröffent- lichte Blackrock eine Studie, in der die US- Investments von mehr als 500 Versicherern einer Risikoanalyse unterzogen wurden. Das Ergebnis war für die Assekuranz ernüchternd: Wenn es erneut zu einem Markteinbruch wie in der Lehman-Krise kommen sollte, würden die Verluste höher ausfallen als 2008. Ob die Verarbeitung riesiger Datenmengen auch automatisch zu einer besseren Perfor- mance führt, ist fraglich. „Allein durch die Analyse von Daten wird sich die Performance im Durchschnitt nicht verbessern. Die Perfor- mance ist abhängig von der fundamentalen Entwicklung der Unternehmen. Nur wenn diese rentabler werden, könnte sich dies in einer besseren Performance niederschlagen“, sagt Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. „Aber die Im Märchen bekommt Alad- din von einem Zauberer den Auftrag, eine Öllampe aus einer magischen Höhle zu holen. Er entdeckt, dass in der Lampe ein Dschinn steckt, der Wünsche erfüllen kann. Das vermag Blackrocks „Aladdin“ freilich nur in beschränktem Umfang. 264 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 vertrieb & praxis I blackrock Foto: © Fotolia | fotomek Portfolios im Wert von 18 Billionen US-Dollar werden mit „Aladdin“ überwacht und gesteuert. Eine Annäherung an die sagenumwobene Technologieplattform. Blackrocks Wunderlampe

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