FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

vertrieb & praxis I kevin clifford | capital group 274 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 Foto: © Lars Heinicke D ie 1931 gegründete Capital Group aus Los Angeles verwaltet welt- weit rund 1,6 Billionen US-Dollar – und gehört damit zu den größten Asset Managern der Welt. Schon seit 1962 ist der Fondsanbieter mit Portfoliomanagern und Analysten in Europa präsent. Doch viele Marktteilnehmer dürften die Ameri- kaner hierzulande erst seit Kurzem wahr- nehmen, nachdem sie ihren Vertrieb deut- lich verstärkt haben. Die Details kennt Kevin Clifford, der seit 36 Jahren bei der Capital Group arbeitet. Er gehört dem neunköpfigen Führungsgremium des Unternehmens an und verantwortet unter anderem den Vertrieb der US-Retailsparte American Funds. FONDS professionell traf ihn bei seinem jüngsten Deutschlandbesuch zum Interview. Herr Clifford, die Capital Group hat ihr Europageschäft in den Jahren 2015 und 2016 deutlich ausgebaut. Inzwischen sind 22 Luxemburger Fonds in 17 europäi- schen Ländern zum Vertrieb zugelassen. Wie sehen Ihre Pläne für den „Alten Kontinent“ aus? Kevin Clifford: Wir haben unser Geschäft in Europa neu aufgestellt, weil wir hier großes Wachstumspotenzial sehen. Wir verwalten derzeit rund 20 Milliarden US-Dollar von europäischen Investoren. Diese Summe möchten wir in den kommenden fünf Jahren verdoppeln, das ist unsere Zielrichtung. Dafür haben wir den Ansatz „Best of Capital“ ge- wählt, also langjährig erfolgreiche Strategien nach Europa zu bringen und auch hier im Ucits-Mantel anzubieten. So haben wir vor rund zwei Jahren etwa den Capital Group New Perspective Fund in Luxemburg lanciert. In den USA liefert diese Global-Growth-Stra- tegie seit mehr als 40 Jahren hervorragende Ergebnisse. Ein anderes Beispiel ist die seit vielen Jahren bewährte Capital Group Invest- ment Company of America. Diese US-Ak- tienstrategie wurde schon 1934 aufgelegt und ist auf dem Heimatmarkt in den Vereinigten Staaten unser Flaggschiffprodukt, seit Juni 2016 bieten wir sie auch in Europa an. In Summe verwalten diese beiden jungen Luxemburger Fonds schon 2,5 Milliarden Dollar, was uns sehr freut. Wie ist die Capital Group mit Blick auf den Vertrieb in Europa aufgestellt? Hegen Sie weitere Expansionspläne? In sechs Märkten sind wir mit Büros vertre- ten: In Großbritannien, Deutschland, Spanien, Italien, Benelux und der Schweiz – von Zü- rich aus bedienen wir auch den österreichi- schen Markt. Mit dieser Aufstellung fühlen wir uns sehr wohl, weitere Büroeröffnungen planen wir vorerst nicht. Die Produktpalette werden wir jedoch noch erweitern. Wir möch- ten beispielsweise einige Anleihenfonds nach Europa holen, auch als Komponenten für Altersvorsorgelösungen. In den USA sind wir mit Laufzeitfonds sehr erfolgreich. Wir arbei- ten daran, solche Produkte auch nach Europa zu bringen. Das Geschäft mit Anleihenfonds forciert die Capital Group seit rund zwei Jahren. Warum das? Schließlich sind Anleihen wegen der niedrigen Zinsen seit gerau- mer Zeit nicht mehr wirklich attraktiv. Kurzfristig mag das stimmen, aber wir haben eine sehr langfristige Perspektive. Von jeder Anlageklasse lässt sich mal sagen, dass sie gerade nicht attraktiv ist. Unsere Stärke ist, dass wir über solche Zyklen hinweg- sehen können, weil wir ein privat gehal- tenes Unternehmen sind. So stehen seit einiger Zeit Multi-Asset-Strategien hoch im Kurs, die meisten Anbieter legen der- zeit entsprechende Fonds auf. Wir haben hingegen unsere ersten Multi-Asset-Fonds vor 86 Jahren auf den Markt gebracht. Unsere Anleihenexpertise stärken wir unter anderem deshalb, weil Anleihen in vielen Fonds eine wichtige Rolle spielen. Wir legen keinen Fonds auf und schließen ihn nach wenigen Jahren wieder, nur weil er sich nicht gut verkauft. Das würde nicht zu uns passen. Wir sind ein sehr um- sichtig agierendes Unternehmen und treffen unsere Entscheidungen sehr überlegt. ImVergleich zumVolumen IhrerAktien- fonds war das Anleihengeschäft bislang recht klein. Woran liegt das? Unseren ersten Anleihenfonds haben wir 1974 aufgelegt, inzwischen verwalten wir rund 290 Milliarden Dollar in Anleihen. Ist das wirklich klein? Ich glaube nicht (lacht). Zum Teil haben Sie natürlich recht: In Relation zum Volumen unserer Aktienfonds ist das Renten- geschäft kleiner. Aber wir möchten das ver- waltete Vermögen in dieser Assetklasse auf Sicht von fünf Jahren verdoppeln. Schon aus geschäftsstrategischen Überlegungen streben wir ein ausgewogeneres Portfolio an. Doch nicht nur das: Der Input der Fixed-Income- Experten hilft auch bei der Aktienanalyse, die Kollegen arbeiten sehr eng zusammen. Im Endeffekt geht es darum, die Wünsche unse- rer Kunden noch besser erfüllen zu können. Eine Besonderheit Ihrer Fonds ist es, dass sie nicht von einem Manager, sondern gleich von mehreren verwaltet werden. Jeder ist für einen Teil des Port- folios verantwortlich. Was versprechen Sie sich davon? So funktioniert unser „Capital System“, das sich seit Jahrzehnten bewährt hat. Meist vier Die Capital Group widersteht dem Trend zu passiven Investments – und verzeichnet dennoch hohe Zuflüsse. Vertriebschef Kevin Clifford spricht über die Europa-Pläne des US-Konzerns, die ungewöhnliche Eigentümer- struktur des Unternehmens, den Teamansatz im Portfoliomanagement und das Provisionsverbot in den USA. „Wir sind die Anomalie “ » Wir verwalten rund 20 Milliarden US-Dollar von europäischen Inves- toren. Diese Summe möchten wir binnen fünf Jahren verdoppeln. « Kevin Clifford, Capital Group

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