FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

278 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 vertrieb & praxis I blockchain im fondsver trieb Foto: © Fotolia | sasha85ru E rinnern Sie sich noch an „Second Life“? Diese virtuelle Welt elektrisierte vor gut zehn Jahren viele Menschen. Sogar reale, bodenständige Großkonzerne kauften Parzellen in dem Computerkonstrukt, um dort Filialen zu errichten. So öffneten in „Second Life“ Adidas-Schuhläden oder Auto- häuser von BMW und Daimler-Benz ihre Türen. Der weibliche Immobilien-Tycoon die- ses Avatar-Universums, Ailin Gräf, stieg angeblich gar zur Millionärin auf. Doch die Euphorie verpuffte rasch, ebenso wie die investierten Marketingbudgets. Handfestere Fortschritte bringt der derzeit grassierende Bitcoin-Boom zur Welt. Selbst wenn manche Digitalwährung vielleicht schon bald wieder vom Markt verschwinden sollte, die hinter dem Kryptogeld steckende Techno- logie dürfte in der realen Welt Einzug halten. Denn die für Bitcoins und Co. entwickelte Blockchain-Technik erweist sich auch in an- deren Bereichen als nützlich. Mit ihr lassen sich komplizierte Prozesse einfach abwickeln. Damit kann sie verschiedene Industrien ver- ändern – und auch in der Fondsbranche eine Revolution einläuten. Virtuelles Grundbuch Hinter dem kompliziert klingenden Kon- zept steckt ein einfaches Prinzip: Die Block- chain ist im Grunde eine riesige Datenbank. Das Revolutionäre ist, dass bei der Block- chain wie bei einem Grundbuch jede neue Transaktion (Block) an die bisherigen Ge- schäfte angehängt wird. So entsteht Glied um Glied eine Kette (Chain) – daher auch der Name. Hinzu kommt: Der gesamte Datensatz liegt in unzähligen verschlüsselten Versionen über die Welt verstreut auf Großrechnern. Je- de Transaktion wird in allen Kopien zugleich ergänzt. Eine Manipulation der gesamten Ket- te ist damit nur möglich, wenn ein Angreifer den Großteil der Kopien ändern würde. Dafür wäre jedoch eine enorme Rechenleistung nö- tig, der Aufwand würde bei Weitem die mög- liche Beute übersteigen. Ein weiterer Clou: Das virtuelle Grundbuch können die Teilneh- mer einsehen wie einen Kontoauszug, wenn- gleich die älteren Geschäfte kodiert sind. Damit eröffnet sich ein weites Einsatzfeld. Über die digitale Kette lassen sich Überwei- sungen oder Wertpapiertransaktionen schnell und sicher abwickeln. Während heute Tage vergehen, bis ein Geschäft im Depot verbucht ist, schafft das die neue Technik binnen Sekun- den. „Die Blockchain-Technologie kann auch in verschiedenen Bereichen des Asset Ma- nagements einziehen“, sagt Christian Leurs von der Unternehmensberatung Eurogroup Consulting. Das reiche vom Anteilsschein- und dem Depotgeschäft über Buchhaltung und die Transaktionen des Fonds bis hin zum Portfoliomanagement selbst. „Das Verfahren hat das Potenzial, die Abwicklung des Fonds- vertriebs umzukrempeln“, meint Leurs. Ein Beispiel: Der Anteilshandel ließe sich durch die Kettentechnik deutlich modernisie- ren. Anders als etwa beimAktienhandel fehlt Die Blockchain-Technologie birgt das Potenzial, den Fondshandel umzukrempeln. Dabei gerät so manches traditionelle Geschäftsmodell in Gefahr. Ketten -Revolution Verschlüsselte Kette: Die Blockchain-Technologie gilt als sicher und zugleich transparent. Sie dient als Basis für virtuelle Währungen, kann aber auch die Abwicklung von Wertpapiergeschäften vereinfachen. Wo die Kette Kosten spart Unternehmensbereiche nach gegenwärtigem Kostenanteil und Sparpotenzial durch die Blockchain Die Unternehmensberatung Oliver Wyman lotete aus, in welchen Abteilungen einer Fondsgesellschaft Blockchain- Anwendungen die Kosten drücken können. Quelle: Oliver Wyman 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % Sonstiges (Overhead) Risiko- management Buch- haltung Portfolio- management IT Betriebliche Ausgaben Vertrieb & Marketing 20 % BIS 30 % 20 % BIS 25 % 15 % BIS 20 % 15 % BIS 20 % 5 % BIS 10 % 5 % BIS 7 % 5 5 % BIS 10 % Gegenwärtiger Kostenanteil (%) | Blockchain-Sparpotenzial Hoch Gegenwärtiger Kostenanteil (%) | Blockchain-Sparpotenzial Mittel Gegenwärtiger Kostenanteil (%) | Blockchain-Sparpotenzial Niedrig