FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

vertrieb & praxis I laurent ramsey | pictet am 296 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 Foto: © Sarah Weal E s gibt Banken, bei denen sich hun- derte Manager „Partner“ nennen dürfen. Das bedeutet Geld und Macht, hat mit einer echten Partnerschaft aber eher weniger zu tun. Bei Pictet ist das anders. Die derzeit sechs Partner der Genfer Privatbank bilden nicht nur das Topmanagement, ihnen gehört das Institut tatsächlich. Die begehrten Posten werden nicht automatisch vom Vater an den Sohn vererbt. Vielmehr suchen die Partner auch außerhalb der Gründungsfamilien nach geeigneten Kandidaten. So konnte 2016 auch Laurent Ramsey in den erlauchten Kreis eintreten. FONDS professionell traf den Chef von Pictet Asset Management in seinem Lon- doner Büro zum Interview. Herr Ramsey, Sie haben Ihre Karriere bei Pictet vor 24 Jahren als normaler Angestellter begonnen. Nun sind Sie einer von sechs geschäftsführenden In- habern der Bank. Hätten Sie je gedacht, dass Sie einer der Partner werden? Laurent Ramsey: Nein (lacht). Ich habe im Dezember 1993 als Praktikant im Research- Team für europäische Aktien angefangen. Was ich seither erlebt habe, war schon ein fantastisches Abenteuer. Pictet betreute an- fangs hauptsächlich vermögende Privatkun- den, später kamen das institutionelle Geschäft und im Jahr 2000 der Fondsvertrieb hinzu. Die Gruppe ist seitdem enorm gewachsen. Das war sicherlich eine Art Katalysator für meine Karriere. Wie sah eigentlich der Auswahlprozess für Ihre Ernennung zum Teilhaber aus? Keine Ahnung, bei diesen Gesprächen war ich schließlich nicht dabei. Doch die Frage nach geeigneten Nachfolgern ist immer ein Thema, darum kann ich Ihnen einen Hinweis geben, auf welche „Zutaten“ es ankommt. Wichtig ist, dass die persönliche Expertise die der anderen Partner ergänzt – wir brauchen bei- spielsweise nicht nur Investmentexperten, son- dern auch gute Juristen. Sehr wichtig ist auch die Persönlichkeit: Wir treffen uns viermal die Woche, da sollte man sich schon gegenseitig mögen. Natürlich sollten auch die grundlegen- den Werte passen. Im Vordergrund steht die Kontinuität des Unternehmens, nicht der eige- ne Vorteil. Und zu guter Letzt spielt auch das Alter eine Rolle. Wir achten darauf, stets eini- ge Partner im Alter von 55 bis 65 Jahren zu haben und einige zwischen 45 und 55, dane- ben auch jüngere. Das gewährt einen konti- nuierlichen Übergang. Sie mussten bei den anderen Partnern ein Darlehen aufnehmen, um sich ins Unternehmen einkaufen zu können. Fühlen Sie sich vor diesem Hintergrund als „Juniorpartner“? Nein, und zwar aus zwei Gründen. Erstens hat jeder andere Partner einmal so begonnen und dann über die Jahre eigene Mittel aufgebaut. Das ist wie ein großes Rad, das sich langsam dreht: Eines Tages werde ich jüngeren Part- nern Geld leihen, damit sie ihrem Vorgänger die Anteile abkaufen können. Jeder steigt zum Buchwert ein und zum Buchwert wieder aus. Einen ideellen Firmenwert gibt es nicht. Das ist für das langfristige Über- leben des Unternehmens sehr wichtig. Der zweite Grund, weshalb ich mich nicht als „Junior“ fühle: Innerhalb des Partner- kreises gibt es keine Hierarchie. Jeder hat das Recht zu widersprechen, jeder hat genau eine Stimme – unabhängig davon, wie viele Anteile er an der Firma hält. Schlussendlich erfolgen die Entscheidun- gen stets im Konsens. Ist es wirklich nötig, viermal die Woche zu tagen? Besprechen Sie jedes Detail? Wir haben einige formelle Sitzungen, um die für das Unternehmen nötigen Entscheidungen zu treffen. Daneben gibt es zahlreiche infor- melle Treffen, die dem Austausch zu allen möglichen Themen rund ums Unternehmen dienen. Das ist eine sehr gesunde Tradition, sie stärkt den Zusammenhalt unter den Part- nern und sorgt dafür, dass wir alle in eine Richtung marschieren, statt gegeneinander zu arbeiten. Ich weiß es sehr zu schätzen, mit den anderen Partnern über die Fragen und Proble- me zu sprechen, die mich in meinem Bereich gerade umtreiben. Als Chef einer Firma oder Unternehmenseinheit sind Sie sonst oft recht allein. Das ist bei uns anders. Jeder kann sich zum Verantwortungsbereich des anderen äu- ßern. Das ist in anderen Partnerschaften oft nicht der Fall – womöglich, weil ihnen die Disziplin fehlt, sich so häufig auszutauschen. Wer hält sonst noch Anteile an Pictet? Neben den Teilhabern, die als Managing Part- ner die Bank leiten, gibt es noch weitere so- genannte Equity Partner – derzeit sind es 36 –, die ebenfalls Anteile am Unternehmen hal- ten. Wir haben bei Pictet verschiedene Stufen der Mitarbeiterbeteiligung. Insgesamt sind 70 Prozent unserer Mitarbeiter am Gewinn der Gruppe beteiligt. Das ist ein sehr großer Vor- teil für Pictet. Denn der größte Kostenblock jedes Vermögensverwalters ist bekanntlich das Personal. Und wenn unser Gewinn sinkt, Laurent Ramsey , Chef von Pictet Asset Management und Teilhaber der Genfer Privatbank, über das besondere Partnermodell des Instituts, die jüngsten Absatzerfolge im Fondsgeschäft, die wichtigsten Vertriebskanäle und die Frage, warum bald wieder bessere Zeiten für aktive Asset Manager anbrechen werden. „Wir folgen keiner Mode“ » Unser wahrer Luxus ist Zeit. Als Partnerschaft müssen wir nicht jedes Quartal externe Kapital- geber zufriedenstellen. « Laurent Ramsey, Pictet AM Laurent Ramsey Laurent Ramsey, Jahrgang 1970, stieg nach seinem Stu- dium an der Business School HEC in Lausanne 1993 bei der Genfer Privatbank Pictet ein – als Praktikant. Nach Stationen in Hongkong und Singapur kam er zur Jahrtau- sendwende zurück nach Europa, wo er Führungspositio- nen bei Pictet Funds übernahm. 2010 wurde er Vertriebs- chef von Pictet Asset Management, 2016 schließlich CEO dieser Sparte und Teilhaber der Privatbank.

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