FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

322 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 fonds & versicherung I insur techs Foto: © Fotolia | master1305 A m Anfang eines neuen Geschäftsmo- dells steht immer eine Idee. Bei Dennis Just, dem Gründer des Insurtechs Knip, war es vor einigen Jahren folgende, wie Weg- begleiter Justs erzählen: Man programmiere eine App für einen digitalen Versicherungs- ordner, lasse den Kunden elektronisch eine Maklervollmacht unterschreiben, hole dessen Policen in den eigenen Bestand – und kassiere dafür regelmäßig Bestandsprovisionen von den Versicherern. Diese Idee setzte Just 2013 mit Knip um. Wie die Geschichte weiterging, ist bekannt: Andere Start-ups übernahmen das Konzept rasch – und passten es im Lauf der Zeit an. Sie analysieren die Bestände der Kunden, weisen auf Deckungslücken hin und empfehlen weitere Verträge. Doch nach anfänglicher Hektik wurde es schnell wieder ruhiger um die neuen Spieler am Maklermarkt. „Wir sehen seit Anfang 2016 kaum Bewegung am Markt der digita- len Vertragsverwalter, weder Pleiten noch Neugründungen“, sagt Sascha Noack von New Players Network, einer Initiative der Versicherungsforen Leipzig, die den deut- schen Insur- und Fintechmarkt beobachtet. Insgesamt sechs Start-ups versuchen sich mit einem Knip-ähnlichen Geschäftsmodell. Hin- zu kommen einige Angebote etablierter Marktteilnehmer wie Maklerpools (siehe Ta- bellen auf den nächsten Seiten). Ende Juni kam immerhin wieder etwas Bewegung in die Branche: Knip hatte offen- sichtlich zu viel Geld verbrannt und war nicht schnell genug gewachsen, jedenfalls ist das Unternehmen nun nicht mehr selbstständig. Es wurde mit dem niederländischen Tech- nologieunternehmen Komparu als Schwester unter dem Dach der neu gegründeten Digital Insurance Group zusammengeführt. Just musste das Unternehmen verlassen. Kampf an mehreren Fronten Wie steht es also um die Insurtechs, die mit ihrem digitalen Ordner um Kunden werben? Die jungen Anbieter kämpfen gleich an meh- reren Fronten. Zu schaffen machen ihnen unter anderem die hohen Kosten für Werbung, schließlich handelt es sich bei Versicherungen um Produkte, die verkauft werden müssen – freiwillig kümmern sich die wenigsten um ih- re Absicherung. Können die klassischen Mak- ler also durchatmen, die lästige Konkurrenz als erledigt ansehen und zur Tagesordnung übergehen? Das wäre ein Fehler. Denn einige Insurtechs haben sich einen durchaus relevan- ten Kundenstamm aufgebaut, das Wachstums- potenzial ist riesig. Wer das Spiel am Ende für sich entscheidet, ist längst nicht ausgemacht. Die Ursachenforschung zum aktuellen Zu- stand der Branche muss bei den Investoren und ihren Zielen beginnen. Aus deren Sicht sind die Start-ups bislang höchstens ein Teil- erfolg. „Die Unternehmen haben nicht die hohen Erwartungen von Gründern und Inves- toren erfüllt. Sie hatten sich ein deutlich schnelleres und günstigeres Wachstum er- hofft“, erklärt Nils Mahlow, Director bei der auf die Versicherungswirtschaft spezialisierten Beratungsfirma EY Innovalue. Die Zahl der Kunden und die Bestände wachsen zwar, aber langsam. Die bekanntes- ten Insurtechs Clark, Knip und Getsafe haben jeweils rund 20.000 Kunden. Der Anteil der jungen Unternehmen an den Beständen von Maklern im Sachversicherungsbereich, die sich auf insgesamt fast 18 Milliarden Euro Jahresbeitrag summieren, liegt nach Schätzun- gen von EY Innovalue bei lediglich 0,3 bis 0,5 Prozent. Doch das ist nicht ungewöhnlich, schließlich sind die Angreifer allesamt noch jung. Größere Sorgen bereitet den Investoren ein anderer Punkt: „Die Kosten der Unter- nehmen sind wesentlich höher als erwartet, vor allem die Akquisitionskosten für End- kunden“, weiß Mahlow. In der Regel kalkulieren die Kapitalgeber so: Anfangs wird viel investiert, um schnell zu wachsen und einen großen Kundenstamm aufzubauen. Über die laufenden Bestandspro- visionen sollen sich die Investitionen dann rasch amortisieren, bis das Unternehmen schließlich schwarze und dann goldene Zah- len schreibt. Die Realität sieht jedoch so aus, dass die Kosten für die Kundengewinnung höher sind als gedacht – und die Provisions- einnahmen geringer. Detaillierte Geschäfts- zahlen haben die jungen Unternehmen noch nicht veröffentlicht, doch es ist kein Geheim- nis, dass viele von ihnen noch hohe Verluste schreiben. „Die meisten werden von dem Geld ihrer Investoren leben“, weiß Spiros Margaris, Unternehmensberater und Start-up- Investor aus der Schweiz. Kurzfristig sind hohe Verluste einkalkuliert. Nervös werden die Risikokapitalgeber aller- Mit einem digitalen Versicherungsordner Kunden gewinnen? Dieses Konzept geht nur leidlich auf. Darum feilen die Insurtechs nun an ihren Geschäftsmodellen. Ring frei für die zweite Runde Mancher klassische Makler sah sich in der Defensive, als er vom forschen Antritt der jungen Angreifer mit ihren digitalen Angeboten hörte. Einigen Start-ups ging allerdings schon die Luft aus, und andere müssen nachrüsten.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=