FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

S teuern und Steuergesetze sind ein The- ma, bei dem sich mehr oder minder prominente Persönlichkeiten immer wieder einmal zu ironischen Äußerungen hin- reißen lassen. Wie der 1972 geborene deutsche Philosoph und Publizist Josef Bordat, der sag- te: „Sicher: Albert Einstein hätte unser Steuer- system kapiert. Unsicher: Wäre ihm noch Zeit für seine Relativitätstheorie geblieben?“ Diese Bemerkung mag scherzhaft überzo- gen sein, ganz falsch ist sie aber nicht. Denn Steuervorschriften sind für die meisten Laien nicht so leicht zu durchblicken. So ist es auch mit dem Investmentsteuerreformgesetz, das am 19. Juli 2016 verabschiedet wor- den ist und jetzt nicht mehr lange auf sich warten lässt. Ab dem 1. Januar 2018 entfaltet das umfassende Regelpaket Wirkung. Dann ändern sich für Fondsanleger viele Vor- schriften. Berater werden ihren Kunden so manche Regelung der durchaus komplexen Reform erklären müssen. FONDS professionell gibt daher zu- sammen mit Andreas Beys, Vorstand des Kölner Vermögensverwalters Sau- ren, Steuerexperte und Mitglied im BVI-Steuerausschuss, und Ulf Knorr, Steuerberater bei der Kanzlei Ecovis, Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Investmentsteuerreformgesetz.  Die alten Steuerregeln hatten sich über Jahre scheinbar bewährt. Warum reformiert der deutsche Gesetzgeber die Investmentsteuer überhaupt? Das noch geltende Investmentsteuerge- setz ist wie fast alle Steuergesetze nach dem sogenannten Transparenzprinzip auf- gebaut. Die zu zahlende Steuer wird auf Basis der tatsächlich angefallenen Erträge und Kos- ten ermittelt. Damit bietet es Raum für Steuer- sparmodelle und eröffnet Gestaltungsmöglich- keiten. Lange Zeit versuchte der deutsche Ge- setzgeber, diese durch immer neue Regeln zu unterbinden. „Im Lauf der Jahre wurde das Investmentsteuergesetz dadurch aber immer komplexer“, erklärt Andreas Beys. Das ver- ursachte bei Fondsgesellschaften und Depot- banken stetig mehr Aufwand. Gleichzeitig konnten die Finanzbehörden immer schlechter prüfen, ob alle Angaben zu erzielten Erträgen stimmten und die Besteuerungsgrundlagen korrekt waren. Um das Problem zu lösen, wird das Investmentsteuerreformgesetz auf einem intransparenten Besteuerungssystem aufbauen. Zudem passt der Gesetzgeber die steuerliche Belastung deutscher Publikums- fonds an die Regelungen an, die für ausländi- sche Fonds in Bezug auf ihre in Deutschland erwirtschafteten Erträge gelten. EU-rechtliche Risiken für den deutschen Staat, die aus der bisherigen Ungleichbehandlung resultieren, sollen damit aus dem Weg geräumt werden.  Was ist unter dem Begriff „intranspa- rentes Steuersystem“ zu verstehen? Das Prinzip der Intransparenz vereinfacht die Besteuerung von laufenden Erträgen aus Fonds. „Künftig spielen die tatsächlich von den Fonds vereinnahmten Erträge für die Be- steuerungshöhe keine Rolle mehr“, sagt Beys. Stattdessen werden alle Ausschüttungen un- abhängig davon, ob im Ausschüttungsbetrag laufende Erträge, bisher steuerfreie Erträge oder Substanz enthalten sind, komplett der Steuerbemessungsgrundlage unterworfen. Bei thesaurierenden Portfolios werden von den Fondsgesellschaften keine „ausschüttungsglei- chen Erträge“ mehr ermittelt. Stattdessen wird eine Vorabpauschale eingeführt. Ihre Bemes- sungsgrundlage orientiert sich am aktuellen Zinsniveau. Die Pauschale wird von der Depotbank errechnet.  Für Fondsanteile, die Anleger vor dem 1. Januar 2009 er- worben haben, hatte der Ge- setzgeber Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne zuge- sichert. Bleibt es bei diesem Bestandsschutz? Nein, das Investmentsteuerreform- gesetz kappt die Steuerfreiheit. Das hört sich bedrohlich an, ist jedoch re- lativ harmlos. Was mit Altbeständen zwischen dem 31. Dezember 2017 und einem späteren Verkauf im Ein- zelnen geschieht, lässt sich Schritt für Schritt verdeutlichen: Am 31. Dezem- ber 2017 nimmt die Depotbank einen fiktiven Verkauf und Kauf der Altbe- stände vor. „Einen dadurch erzielten fiktiven Veräußerungsgewinn darf der Anleger steuerfrei realisieren“, erklärt Beys. Da- nach ist nur noch der neue Anschaffungs- wert der Fondsanteile im System hinter- legt. Entschließt sich der Anleger später, die Fondsanteile zu verkaufen, werden zu- nächst die Anschaffungskosten zum 31. Dezember 2017 vom aktuellen Veräußerungs- gewinn abgezogen. Sofern während der Hal- tedauer Vorabpauschalen versteuert wurden, werden diese nun ebenfalls abgezogen. Da- nach erhält der Anleger gegebenenfalls noch eine steuerliche Teilfreistellung. Die verblei- bende Summe hätte er zu versteuern. Aber: Der Gesetzgeber hat für Veräußerungsgewin- ne aus ehemaligen Altbeständen einen Frei- betrag in Höhe von 100.000 Euro pro steuer- pflichtiger Person eingeräumt. Sofern der Das erste Teil des Puzzles: Mit dem Investmentsteuerreformgesetz ist es wie mit vielen komplexen Regelwerken. Die Grundlagen zu durchdringen kann harte Arbeit sein. Doch wenn das Gesamtbild steht, ergeben die einzelnen Vorschriften Sinn. 332 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 investmentsteuer-spezial I die grundlagen Foto: © Fotolia | stockpics, Sauren In der Welt der neuen Regeln Wenn das Investmentsteuerreformgesetz Anfang Januar 2018 in Kraft tritt, werden Berater Fondsanlegern viele Änderungen sicher noch einmal genauer erläutern müssen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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