FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

D as Wörtchen „eigentlich“ ist tückisch. Es bedeutet: im Grunde schon, aber doch nicht so ganz. „Eigentlich bleibt alles beimAlten“, sagen Steuerexperten gern, wenn sie über Freistellungsaufträge nach dem Inkrafttreten des Investmentsteuergesetzes nachdenken. Und dann führen sie an, was sich für Anleger doch alles ändern könnte. „Klar ist, dass die Investmentsteuerreform den Sparerpauschbetrag und den Freistel- lungsauftrag selbst nicht antastet“, sagt Ulf Knorr, Steuerberater bei der Kanzlei Ecovis in Rostock. Der Pauschbetrag liegt weiterhin bei 801 Euro pro Jahr für Singles und bei 1.602 Euro für Ehepaare. Änderungen erge- ben sich aber durch die neue jähr- liche Vorabpauschale. Diese ersetzt die Besteuerung der tatsächlich erzielten Erträge von thesau- rierenden, zum Teil auch von ausschüttenden Fonds. Die Pauschale wird nur fällig, wenn der Fonds im abgelaufenen Jahr eine Wertsteigerung erzielt hat. Dann wird zunächst der Basisertrag errechnet, von dem eventuelle Ausschüt- tungen abgezogen wer- den. Die Differenz ergibt die Vorabpauschale, die der Anleger zu ver- steuern hat. Die wichtigste Größe zur Ermittlung des Basis- ertrags ist der Basiszins, der von der Bundesbank veröffent- licht wird. Und hier beginnt es inter- essant zu werden. Solange das Zinsniveau niedrig bleibt, wird die Steuer auf die Vorab- pauschale bei bestimmten thesaurierenden Fonds geringer ausfallen als die bisherige Abgeltungsteuer auf die tatsächlich erwirt- schafteten laufenden Erträge. „Dies dürfte immer dann der Fall sein, wenn die tatsäch- lichen Gewinne hoch sind, zum Beispiel bei Dividendenfonds auf deutsche Standard- aktien“, sagt Andreas Beys, Vorstand des Kölner Vermögensverwalters Sauren, Steuer- experte und Mitglied im BVI-Steueraus- schuss. Hat ein Anleger einen solchen Fonds im Depot und gleichzeitig bei einer anderen Bank etwa Sparprodukte oder Wertpapiere, so sollte er prüfen, ob er seinen Sparerpausch- betrag nicht geschickter aufteilen kann. Da er für die Gewinne aus dem thesaurierenden Portfolio einen geringeren Anteil seines Spa- rerpauschbetrags benötigt als bislang, könnte er schließlich einen höheren Betrag für andere Kapitalerträge nutzen. Falls es keine Dividenden gibt Andersherum ist es bei wiederanlegenden Portfolios, die etwa in Aktien von Wachs- tumsunternehmen investieren. Da diese oft keine Dividenden an ihre Aktionäre auszah- len, fiel für den Anleger wäh- rend der Haltedauer auch keine Abgeltung- steuer an. In Zukunft aber führt er die Steuer auf die Vorabpau- schale ab, auch wenn er tatsächlich gar keine Dividenden bekommen hat. Weil sich die Steuerbelastung bei solchen Fonds potenziell erhöht, kann es sich lohnen, für diese Portfolios künftig einen größeren Teil des Sparerpauschbetrags vorzusehen. Bei Rentenfonds sollten Anleger jeweils zu Be- ginn eines neuen Jahres prüfen, wie hoch der Basiszins ist. Dann können sie die Vorabpau- schale anhand einer einfachen Formel selbst berechnen (siehe Artikel ab Seite 332). Das Ergebnis können sie mit der Höhe der tatsäch- lichen Erträge vergleichen und den Freistel- lungsauftrag gegebenenfalls anpassen. Auch wenn in Depots bei verschiedenen Banken thesaurierende und ausschüttende Fonds lagern, kann sich eine neue Aufteilung des Sparerpauschbetrags empfehlen. Das gilt auf jeden Fall, wenn mit beiden Portfolios hohe Gewinne erwirtschaftet werden. Da die pauschale Besteuerung der Erträge aus dem wiederanlegenden Portfolio im Vergleich zur aktuellen Situation zu niedrigeren Steuerzah- lungen führen wird, kann der Anleger einen größeren Teil seines Sparerfreibetrags für den ausschüttenden Fonds vorsehen. „Das kann von Vorteil sein, sagt Beys. So wird der Freibetrag besser ausgeschöpft, aus steuerpflichtigen werden steuerfreie Er- träge, und der Anleger verschenkt nichts.“ Schließlich berücksichtigt das Finanzamt die während der Haltedauer nicht in An- spruch genommenen Sparerpauschbeträge beim Verkauf der Fondsanteile nicht. In die- sem Fall gehen steuerfreie Erträge ein für alle Mal verloren. Nicht ohne Wertzuwachs Ist zu erwarten, dass ein thesaurierender Fonds in den kommenden zwölf Monaten keine Wertsteigerung erzielen wird, möchte der Anleger aber abwarten und ihn vorerst trotzdem halten, kann er seinen Sparerpausch- betrag auch besser ausnutzen. Dann könnte er für die laufenden Erträge aus diesem Portfolio gar keinen Freibetrag einräumen. Immerhin fällt die Steuer auf die Vorabpauschale nur an, sofern ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt wird. Und zwar nicht eigentlich, sondern ganz gewiss. ANDREA MARTENS | FP Das zweite Puzzleteil: Die Investmentsteuer- reform ändert mit der Vorabpauschale vor allem die Regeln für die Besteuerung thesaurierender Fonds. Das wirkt sich auf die Höhe der zu zahlen- den Steuer aus – und kann Konsequenzen für die Auf- teilung des Sparer- freibetrags haben. 338 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 investmentsteuer-spezial I freistellungsauftrag Foto: © Fotolia | stockpics Neu mischen und verteilen Das Investmentsteuerreformgesetz lässt den Sparerpauschbetrag unangetastet. Doch durch die neuen Steuerregeln kann es sich lohnen, ihn anders aufzusplitten.

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