FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

S ie sind in allen Bereichen des täglichen Lebens anzu- treffen – die Nörgler und Miesmacher, die Schwarzseher und jene, die immer nur ein halbleeres Glas sehen. Und natürlich sind auch einige Anlegeranwälte und Verbraucher- schützer Teil dieser Gruppe. Seit das Investmentsteuerreformgesetz am 19. Juli 2016 verabschiedet wurde, durchforsten manche Vertreter dieser Berufsgruppen die neuen Regelungen nach Mi- nuspunkten für Anleger. Da- bei konzentrieren sie sich seit einiger Zeit auf die künftigen Steuervorschriften für offene Im- mobilienfonds (OIFs) und leiten daraus beunruhigende Thesen ab. Eine davon lautet: Anleger, die Fondsanteile vor dem 1. Januar 2009 gekauft haben, sollten sie unbedingt noch schnell abstoßen, bevor das neue Gesetz in Kraft tritt. Andernfalls drohten ihnen erheb- liche Einbußen. Eine andere: Kleinsparer, die in offene Immobilienfonds investiert haben, müssten künftig mit massiven Steuernach- teilen rechnen. Solche Warnungen kann man nicht einfach in den Wind schlagen, bei genauerem Hinse- hen sind die Auswirkungen der Investment- steuerreform auf offene Immobilienfonds jedoch weitaus weniger dramatisch, als die ungünstige Interpretation suggeriert. Kein Grund zur Aufregung Anleger von offenen Immobilienfonds sind durch die neuen Steuerregeln nicht mehr und nicht minder betroffen als solche, die etwa Anteile an Aktien- oder Mischfonds halten. Auch sie erhalten über Teilfreistellungen einen Ausgleich für die künftige Besteuerung auf Ebene des Fonds. Verkaufen OIF-Anleger be- standsgeschützte – also vor Anfang 2009 er- worbene – Altbestände nach dem 1. Januar 2018, ist auch für sie ein hoher Freibetrag vor- gesehen. Einzig und allein die Steuerrückstel- lungen, die offene Immobilienfonds unter be- stimmten Voraussetzungen künftig bilden müssen, könnten sich möglicherweise als Nachteil erweisen. Doch Experten bezweifeln, dass es angesichts der aktuellen Marktlage überhaupt bei vielen offenen Immobilienfonds dazu kommen wird. Alles in allem also kein Grund zur Aufregung. Eines ist dennoch unerfreulich: Die neuen Regeln zur Besteuerung offener Immobilien- fonds sind nicht minder komplex als die Vor- schriften, die für andere Arten von Fonds künftig gelten werden. Um zu verstehen, wel- che Auswirkungen das neue Gesetz auf die künftige Besteuerung der Erträge aus OIFs tatsächlich haben wird, lohnt es sich, zunächst einen kurzen Blick auf die bis Ende 2017 geltenden Steuerregeln zu werfen. Nach noch gültigem Recht zahlen offene Immobilienfonds auf in Deutschland erzielte Mieteinnahmen keine Körperschaftsteuer. Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien sind steuerfrei, wenn der Fonds sie mindes- tens zehn Jahre in seinem Bestand gehalten hat. Dann dürfen sie auch steuerfrei an den Privatanleger ausgeschüttet werden. Für Einkünfte, die offene Immobilienfonds jenseits der bundesdeutschen Grenzen er- wirtschaften, führen sie Steuern in Höhe der im jeweiligen Land geltenden Sätze ab. Deutsche Fondsanleger leisten auf im Ausland erzielte Immobilienerträge keine Abgaben an den Fiskus. Am 1. Januar 2018 ändern sich die Vor- schriften. Ab dann zahlen deutsche offene Immobilienfonds auf in Deutschland er- zielte Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von deutschen Immobilien 15 Prozent Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag. Damit stellt der Ge- setzgeber sie hinsichtlich dieser Erträge mit ihren ausländischen Wettbewerbern steuerlich gleich. Die Zehnjahresfrist ent- fällt zu Jahresbeginn 2018. „Die Steuer wird allerdings nicht auf die Einnahmen der Fonds erhoben, sondern auf ihre Einkünfte“, sagt Peter Maier, Leiter der Abteilung Steuern, Altersvorsorge und Statistik beim deutschen Fondsverband BVI. „Das heißt, Werbungskosten des Fonds werden steuermindernd berücksichtigt.“ Die Fonds dürfen von den vereinnahmten Erträgen folglich Kosten wie Kreditzinsen oder allgemeine Verwaltungskosten abziehen, soweit sie anteilig auf Immobilien entfallen. Im Ausland erzielte Immobilienerträge sind für den Anleger künftig nicht mehr steuerfrei. „Ziel des Gesetzgebers war es, durch die Reform unterm Strich für Anleger weder Steuern zu erhöhen noch zu senken“, erläutert Maier. Damit ihnen die neuen Regelungen nicht zum Nachteil gereichen, sieht das Investmentsteuerreformgesetz einen pau- schalen Ausgleich auf Anlegerebene vor: die steuerlichen Teilfreistellungen. Diese stellen einen gewissen Prozentsatz der Ausschüt- tungen und Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen bei den Anlegern steuer- frei. Sie gelten künftig für deutsche und aus- ländische Investmentfonds gleichermaßen. In der Höhe variieren die Teilfreistellungssätze je nach Art des Fonds. Bei offenen Immo- bilienfonds, die fortlaufend zu mindestens 51 Das dritte Puzzle- teil: Die Investment- steuerreform bedeutet auch für Anleger von offenen Immobilienfonds ein Umdenken. Sie werden gegenüber Privatinvestoren, die in andere Fonds inves- tiert haben, aber keines- wegs benachteiligt. 340 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 investmentsteuer-spezial I offene immobilienfonds Foto: © Fotolia | Stockfisch, BVI; Universität Regensburg Die Investmentsteuerreform bringt auch für offene Immobilienfonds geänderte Regeln. Kritiker prognostizieren Anlegern enorme Nachteile. Doch so schlimm wird es nicht. Keine Angst vorm neuen Jahr

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=