FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

348 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 steuer & recht I provisionen Foto: © Fotolia | Sergey Nivens, KPMG E s gibt Regeln und es gibt Ausnahmen. Geht es um Gesetze, so werden Aus- nahmen von einer Regelung als Aus- nahmetatbestand bezeichnet. Solche Ausnah- metatbestände sind ebenfalls durch bestimmte Vorschriften geregelt. Fehlen hier Vorgaben, so entsteht eine Lücke im Gesetz – oder ein Loch im Geflecht verschiedener Rechtsberei- che. Und solange dieses Loch nicht durch wieder neue Regeln geschlossen wird, können sich sehr verzwickte Sachverhalte ergeben. Eine Lücke zwischen zwei Rechtsbereichen besteht hinsichtlich der Vorschriften, die ab dem 3. Januar 2018 für Vertriebs- und Bestandsprovisionen in der Anlageberatung bei deutschen Banken gelten werden. Die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II und das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. Fimanog), das die Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, sehen für Finanzdienstleis- tungsunternehmen weiterhin ein Provisions- verbot vor. In der „nicht unabhängigen Anla- geberatung“ bei Banken gilt jedoch eine Aus- nahme, ein „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Die Delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 und Paragraf 70 des neu gefassten Wertpapier- handelsgesetzes (WpHG) legen fest, dass Banken vereinnahmte Zuwendungen aus- nahmsweise behalten dürfen, wenn diese dazu bestimmt sind, die Qualität der für den Kun- den erbrachten Dienstleistung zu verbessern (siehe Kasten nächste Seite). Zudem besagen die Vorschriften, dass jede Bank in ihrem Zuwendungs- und Verwendungsverzeichnis Provisionen dem Kunden zuordnen muss, der sie letztlich gezahlt hat. Im Gesetz nichts zu finden Doch welchen Anspruch hat ein Fonds- anleger, wenn er etwa regelmäßig Bestands- provisionen zahlt, dann aber feststellt, dass er für sein Geld nicht den gebotenen verbes- serten Service bekommt? Dazu ist im 2. Fimanog nichts zu finden. „Das ist selbstverständlich“, erklärt Chris- tian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München. Schließlich regelt das 2. Fimanog aufsichtsrechtliche Belange. Die Geschäftsbeziehung zwischen einem Fondskunden und seiner Bank fällt hin- gegen in den Bereich des Zivilrechts. Die Pro- blematik mag vielleicht auch recht theoretisch anmuten. „Banken werden sich schließlich bemühen, den neuen Vorschriften des 2. Fimanog nachzukommen“, sagt Waigel. „Und Institute, die über ein breites Filialnetz verfü- gen, haben nach dem Gesetz ihrer Pflicht zur Qualitätsverbesserung ohnehin schon Genüge getan“, gibt er zu bedenken. Das ist richtig. Andererseits ist gerade die Frage, ob mit jeder Provision eine Qualitäts- verbesserung exakt für den Kunden finanziert werden muss, der sie gezahlt hat, nicht ab- schließend beantwortet. Da der Gesetzestext an dieser Stelle schwammig ist, muss er inter- pretiert werden. So geht etwa die Finanzauf- sicht Bafin davon aus, dass vereinnahmte Pro- visionen auch verwendet werden dürfen, um die Servicequalität für Kundengruppen zu ver- bessern. Eindeutig ist dies jedoch nicht. Auch hinsichtlich des breiten Filialnetzes, das Pro- visionen rechtfertigen soll, bestehen Unsicher- heiten. So steht etwa nicht fest, ab wann ein solches Netz als ausreichend groß gelten darf. Gar nicht so abwegig Die Beispiele machen deutlich, dass Qua- litätsverbesserungen unter dem Regime des 2. Fimanog in Einzelfällen sehr wohl ausblei- ben könnten. Einfach deshalb, weil zum Teil Unklarheit über die Vorschriften herrscht. Und dass es trotz der Trennung der Rechtsgebiete nicht völlig abwegig wäre, Kunden im Auf- sichtsrecht einen zivilrechtlichen Anspruch ge- genüber der Bank einzuräumen, belegt eine andere Tatsache. So hat sich der Bundesrat während des Gesetzgebungsprozesses mit diesem Thema unter dem Gesichtspunkt einer versäumten Offenlegung von Provisionen beschäftigt. Für diesen Fall wollte er Kunden im neuen Para- graf 70 WpHG einen Anspruch auf Rück- zahlung oder Rücknahme des Finanzinstru- ments durch die Bank zusichern. Dies geht aus Punkt zwölf der Stellungnahme des Bun- desrates zum Entwurf des 2. Fimanog vom 10. Februar 2017 hervor. Nun steht hinter dem Vorschlag des Bun- desrates der Gedanke, dass zum Thema Offenlegung von Provisionen zahlreiche Ent- scheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vorliegen. Viele der Urteile besagen: Ein Für Provisionen in der Anlageberatung bei Banken gelten bald verschärfte Regeln. Werden sie nicht eingehalten, haben Anleger jedoch keinen Anspruch auf Erstattung. Reparatur erforderlich Loch im Zaun: Da im Geflecht zwischen Aufsichts- und Zivilrecht eine Lücke klafft, haben Fondsanleger keine Chance auf die Rückzahlung von Provisionen, wenn vorgeschriebene Qualitätsverbesserungen ausbleiben.

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