FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2017

350 www.fondsprofessionell.de | 4/2017 steuer & recht I gewerbeordnung Foto: © Fotolia | anyaberkut D iese Situation erinnert an eine andere, die schon eine Weile zurückliegt. Es war in den Jahren 2007 bis 2013: Seit dem 1. November 2007 befolgten Anlage- berater aus Banken die Vorschriften der EU- Finanzmarktrichtlinie Mifid – und schrieben eifrig Beratungsprotokolle. Gewerbliche Fi- nanzberater hingegen waren weiterhin von den lästigen Pflichten befreit, die der europäi- sche Regulierer ihren Kollegen in den Kredit- instituten auferlegt hatte. Protokoll? Kein The- ma. Und Provisionen mussten nur offengelegt werden, wenn sie über 15 Prozent der Anla- gesumme hinausgingen. Eine komfortable Situation, die erst ihr Ende fand, als zum 1. Januar 2013 das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts in Kraft trat. Es schuf den Paragrafen 34f Gewerbeordnung (GewO) und übertrug die Wohlverhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes auf freie Vermittler. Details regelt seitdem die Finanzanlagenver- mittlungsverordnung (FinVermV). In einer ähnlichen Lage werden sich Ver- mittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO schon sehr bald wiederfinden. Denn mit der- selben Sicherheit, mit der die EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II, in Deutschland um- gesetzt durch das Zweite Finanzmarktnovel- lierungsgesetz (2. FiMaNoG), am 3. Januar 2018 in Kraft tritt, wird eine überarbeitete FinVermV zu diesem Datum noch nicht vor- liegen. Von all den neuen Regeln, die ab An- fang 2018 für Anlageberater in Banken gelten, bleiben die freien Vermittler zumindest auf- sichtsrechtlich vorerst völlig unbehelligt. Keineswegs komfortabel Komfort bietet das Vakuum diesmal aber nicht. Denn die Fondsplattformen, bei denen die Vermittler ihr Geschäft über die zwischen- geschalteten Maklerpools abwickeln, operie- ren ab Januar 2018 in der Mifid-II-Welt – und sind damit unter anderem auf einen gesetzes- konformen Zielmarktabgleich angewiesen. Führt ein Vermittler Beratungsgespräche am Telefon, fordert der Gesetzgeber zudem Mit- schnitte, sogenannte Tapings. Dass Fondsvermittler schon bald Zielmarkt- abgleiche und Tapings liefern müssen, ist stark zu vermuten. Wie genau das in der Pra- xis geschehen soll, ist jedoch nicht klar. Auch darüber, welche weiteren Pflichten auf sie zu- kommen werden, können sich Finanzanlagen- vermittler noch nicht sicher sein. Anders als Versicherungsmaklern ist es ihnen bisher nicht einmal möglich, diese aus einem Entwurf für die überarbeitete Verordnung zumindest grob abzuleiten. Geschickter Gesetzgeber „Der deutsche Gesetzgeber ist im Grunde geschickt vorgegangen“, sagt Christian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München. Artikel 3 Absatz 2 der Mifid II definiert, dass Vermittler, für die wie im Fall der 34f-Berater Ausnahmevorschriften gelten, der Richtlinie entsprechend arbeiten müssen, sobald diese in Kraft ist. Doch im elften Abschnitt des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), der die Mifid-II-Wohlverhaltens- pflichten für Bankberater in deutsches Recht umsetzt, ist darüber nichts zu lesen. „Fest steht, dass eine neue FinVermV, wenn sie da ist, die in Abschnitt elf WpHG definier- ten Pflichten annähernd übernehmen muss“, erläutert Waigel. Darauf, dass die Verordnung zum Start von Mifid II vorliegen muss, hat sich die Bundesregierung aber nicht festge- legt. „Das hat sich der europäische Gesetzge- ber zwar anders gedacht“, sagt Waigel. Dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungs- verfahren gegen den deutschen Staat einleiten könnte, nur weil die Politik mit einer Neufas- sung der FinVermV in Verzug gerät, hält er aber für äußerst unwahrscheinlich. So kann sich das Bundeswirtschaftsmi- nisterium also Zeit lassen. „Ich gehe auf kei- nen Fall davon aus, dass Ministerin Brigitte Zypries noch einen Entwurf für die FinVermV unterschreiben wird“, sagt Udo Brinkmöller, Partner der Düsseldorfer Kanzlei BMS Brink- möller Mertens Rechtsanwälte. Und nach den Koalitionsverhandlungen werde ein solcher Entwurf wohl kaum zu den ersten Amtshand- lungen gehören. Bis die endgültige Verord- nung verabschiedet wird, könnte es leicht März werden, glauben Experten. „In der Zwischenzeit operieren Finanz- anlagenvermittler keineswegs in einem rechts- freien Raum“, sagt Brinkmöller. Denn bis die überarbeitete Verordnung da ist, gilt für sie die Wenn Mifid II Anfang 2018 in Kraft tritt, werden Finanzanlagenvermittler noch keine neue Rechts- grundlage haben. Versicherungsmakler dürfen auf eine Verschiebung der IDD-Vorschriften hoffen. Warten auf Anschluss Wann geht’s endlich weiter? Fondsvermittler müssen wohl noch eine Weile auf die längst überfällige Novelle der Finanzanlagenvermittlungsverordnung warten. Versicherungsmakler wissen immerhin ungefähr, wohin die Reise geht.

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