FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

Welche Ziele haben Sie sich gesetzt? Ich möchte mich nicht damit abfinden, dass selbst in wohlhabenden Industrie- nationen wie Deutschland viele Millio- nen Menschen ihr Geld nicht sinnvoll anlegen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Technologie dabei helfen kann, aus Sparern Anleger zu machen. Daher sehe ich es als meine Aufgabe an, den Markt zu vergrößern. Ich bin stolz darauf, dass wir in Deutschland rund 26 Prozent Marktanteil bei Wertpapierpublikums- fonds und ETFs haben. Ich wäre aber auch mit 24 Prozent zufrieden – wenn dafür der Markt doppelt so groß wäre. Ich möchte eine treibende Kraft sein, neue Anleger für eine sinnvolle Alters- vorsorge und eine stärkere Aktienkultur zu gewinnen. Wie soll das gelingen? Der B2B-Robo, den ich Ihnen vor rund einem Jahr vorgestellt habe, war damals noch eine Powerpoint-Präsentation (sie- he FONDS professionell 1/2017, Seite 248, Anmerkung der Redaktion) . Seit vergangenem Sommer ist er Realität. Im Kern steht die digi- tale Vermögensverwaltung für einen Wandel der Branche. Mit der Robo-Technik lassen sich automatisiert auch kleinste Beträge ver- arbeiten. Warum sollte es zum Beispiel in Zu- kunft nicht möglich sein, Arbeitgebern anzu- bieten, auf ihrer Gehaltsabrechnung einen QR-Code zu drucken, über den der Mitarbei- ter ein Robo-Konto eröffnen und die betrieb- liche Altersvorsorge aufstocken kann? Sicher- lich muss man sich das regulatorische Umfeld noch genau ansehen. Doch nur wenn wir über den Tellerrand hinaus denken, schaffen wir es, zu einer gesteigerten Aktienkultur in Deutsch- land beizutragen. Mit QR-Codes lässt sich unheimlich viel machen. In China etwa geben Sie einem Obdachlosen kein Kleingeld mehr, sondern Sie scannen den QR-Code, den er Ihnen entgegenhält. Auch die Kellner bekom- men ihr Trinkgeld per QR-Code. Diese Ver- bindung zwischen Offline-und Online-Welt wird sich auch in Europa durchsetzen, davon bin ich überzeugt. Eine andere Idee ist, Wech- selgeld zu investieren. Die Rechnung im Café wird automatisch aufgerundet, und jedes Mal fließt ein Cent-Betrag auf Ihr Depot. Von sol- chen Dingen können Sie träumen – oder Sie machen den ersten Schritt. Das tun wir. Näher an der Lebenswelt der Vermittler und Finanzberater ist derzeit wohl noch Ihr Angebot, die digitale Vermögensver- waltung als White-Label-Lösung einzu- setzen. Bislang konnten Sie in Deutsch- land fünf Vertriebspartner dafür gewin- nen. Wie groß ist das Potenzial? Riesig. Wir arbeiten in Deutschland mit 187 Banken, Sparkassen, Maklerpools und ande- ren Finanzdienstleistern zusammen. 85 bis 90 Prozent davon können eine vergleichbare Technologie eigenständig nicht stemmen. Sie brauchen einen Partner wie uns, der ihnen hilft, die Digitalisierung zu meistern. Ein Bei- spiel ist unser „Robo Müller“. Damit ermög- lichen wir es jedem Finanzberater, seine eige- ne Online-Vermögensverwaltung auf seine Website zu holen – und das binnen einer Mi- nute! Wir ermöglichen ihm, mobil Geschäft zu machen und damit ganz neue Zielgruppen zu erreichen. Die einzige Voraussetzung ist, dass sein Maklerpool mit uns kooperiert. Der „Robo Müller“ hat übrigens eine Chatfunk- tion. Sollte ein Kunde während des Anmelde- prozesses auf Probleme stoßen, kann sich der Berater jederzeit aufschalten. Das klingt fortschrittlich, ist in der Kon- sequenz aber nur ein weiteres Mittel, um DWS-Fonds zu vertreiben, oder? Nein, denn wir arbeiten mit offenen Schnittstellen. Jeder Vertriebspartner, der unsere Technologie nutzt, kann auf Wunsch seine eigene Anlagestrategie umsetzen und andere Fonds wählen. Auf unserer Plattform sind heute schon rund 3.000 Fonds registriert, und nur ein Drittel davon stammt von der DWS. In der Praxis setzen einige unserer Robo- Kunden schon Drittfonds ein. Keine Frage: Der Verkauf von Fonds wird uns auch die kommenden 20 Jahre ernähren. Aber wir kommen nicht umhin, uns heute schon fit zu machen für die Digi- talisierung. Können Sie diese Technologie denn europaweit einsetzen? Unsere Fondsplattform sitzt nicht nur in Deutschland, sondern auch in Luxem- burg. Das erlaubt den Vertrieb in sehr viele Länder. Im Wesentlichen geht es um Unterschiede in der steuerlichen Behand- lung, die gelöst werden müssen. Das ist Pro- grammieraufwand, aber machbar. Wir starten jetzt im Heimatmarkt, schauen uns aber be- reits andere Länder an. In Asien rollen wir die Technologie schon aus. Bei all der Konzentration auf die Digita- lisierung: Laufen Sie nicht Gefahr, das etablierte Geschäft zu vernachlässigen? Nein, denn das traditionelle Geschäft ist und bleibt enorm wichtig. Denken Sie an unsere Marketingaktion mit der „Bösen Null“ oder unsere Investmentkonferenz – das ist ja alles da. Gemeinsam mit der DVAG schalten wir Fernsehwerbung. Unsere Vertriebspartner sind unser wichtigstes Asset, und das ist uns sehr bewusst. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen das Gefühl hat, wir vernachlässigten den gewohnten Service. Aber: Wir müssen noch eine Extrameile gehen. Wir können die- ses Feld nicht den Tech-Riesen aus den USA oder China überlassen. Nehmen Sie das Bei- spiel des chinesischen Internethändlers Aliba- ba: Der hat sich vor einigen Jahren einen klei- nen Asset Manager einverleibt – und ist heute Chinas größter Fondsanbieter. Oder meinen Sie, dass solche Unternehmen nicht nach Europa kommen werden? Kann sein. Aber mir ist es lieber, einen Plan B zu haben. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH | FP Thorsten Michalik: „Wir ermöglichen es Finanzberatern, mobil Geschäft zu machen und damit ganz neue Zielgruppen zu erreichen.“ vertrieb & praxis I thorsten michalik | dws 232 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 » Technologie kann dabei helfen, aus Sparern Anleger zu machen. « Thorsten Michalik, DWS Foto: © Christoph Hemmerich

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