FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2018

332 www.fondsprofessionell.de | 1/2018 Kunden zuzugehen. Hat ein Makler die Police vermittelt, wird die Gesellschaft sich an ihn wenden. Und dann ist er in der Pflicht. Anwalt Reichow sieht sogar schon früher Handlungsbedarf. „Bereits eine negative Wert- entwicklung eines einzelnen Fonds kann durchaus einen Beratungsanlass nach Paragraf 6 Absatz 4 VVG begründen“, sagt er. Was da- bei als negativ gilt, ab wann der Versicherer sich also an den Kunden wenden muss, legt das Gesetz allerdings nicht fest. Damit besteht ein gewisser Ermessensspielraum, der aber nicht zu sehr ausgereizt werden sollte. Denn: Nach Paragraf 6 Absatz 5 VVG ist die Versi- cherungsgesellschaft haftbar, wenn ein Kunde einen finanziellen Schaden erleidet, weil er über die negative Entwicklung eines Versiche- rungsprodukts nicht informiert worden ist. Je nach Lage des Falls kann die Haftung auch auf den Vermittler durchschlagen. In Großbritannien nichts Neues Johanna Bröcker, bei Standard Life für die Produktentwicklung verantwortlich, ist mit der Überprüfung von Fonds in Fondspolicen ver- traut. „Wir sind nicht erst seit dem Inkraft- treten der IDD damit konfrontiert“, sagt sie. Da das britische Aufsichtsrecht in diesem Punkt strenger ist, beobachtet Standard Life bereits seit Jahren alle Produkte und setzt Kunden davon in Kenntnis, wenn sie hinter der in Aussicht gestellten Entwicklung klar zurückbleiben. „Das heißt nicht, dass wir uns jedes Mal melden, wenn ein Fonds in einer Police etwa nicht die erwarteten vier Prozent erzielt hat“, erklärt Bröcker, „aber wenn deut- lich wird, dass diese überhaupt nicht mehr er- reicht werden kann, oder es andere gravieren- de Änderungen gibt, dann reagieren wird.“ Stellt sich heraus, dass es auf Dauer nicht mehr sinnvoll ist, den Fonds in den Policen zu halten, so wird er ausgetauscht. „Wir un- terbreiten Kunden dann ein Alternativangebot mit einem möglichst ähnlichen Fonds“, sagt Bröcker. Ein Policeninhaber kann sich auch für einen anderen Fonds entscheiden. „Über einen notwendigen Fondstausch informieren wir die Kunden selbstverständlich“, erklärt Bröcker. Achtung, Fondstausch! Erhält ein Versicherungsvermittler die Mit- teilung, dass ein Fonds in der Police eines Kunden ausgetauscht werden soll, sollte er sich unbedingt mit ihm in Verbindung setzen. „Für einen solchen Tausch ist eine Willens- erklärung des Kunden erforderlich“, erklärt Anwalt Reichow. Diese kann dann zwar auch stellvertretend durch den Vermittler abgege- ben werden. Dafür muss er aber zunächst die Einwilligung des Kunden einholen. Hat dieser sein Einverständnis mit Fondswechseln grundsätzlich – etwa schon im Maklervertrag – erklärt, so sollte der Vermittler den Policen- inhaber sicherheitshalber trotzdem noch ein- mal informieren. „Erkundigt sich ein Kunde selbstständig beim Versicherer nach der Entwicklung eines Fonds, so legt er damit immer Beratungs- bedarf offen“, sagt Reichow. Dann ist der Ver- sicherer nach Paragraf 6 Absatz 4 VVG ver- pflichtet, ihm alle Informationen zur Verfü- gung zu stellen, die er wünscht. „Hat ein Ver- sicherungsmakler die Police vermittelt, dann liegt bei einer Anfrage des Kunden die Bera- tungspflicht automatisch bei ihm“, erläutert Reichow. Das gilt zumindest, sofern er den Versicherungsvertrag noch betreut. Ob Vermittler weitere Informationspflichten treffen, kommt darauf an, welche Klauseln sie in ihre Maklerverträge aufgenommen haben. Ist dort etwa festgelegt, dass ein Fondspoli- ceninhaber regelmäßig über die Entwicklung der Fonds in Kenntnis gesetzt werden soll, so hat der Makler entsprechende Auskünfte beim Versicherer einzuholen und diese an den Kun- den weiterzuleiten. „Eine ganz wichtige Rolle spielt bei Ver- mittlung von Fondspolicen auch der Paragraf 7c Absatz 5 VVG“, erklärt Professor Schwin- towksi. Dieser legt fest, dass Versicherer eine Geeignetheitsprüfung vornehmen müssen, wenn Versicherungsanlageprodukte, also auch Fondspolicen, empfohlen werden. Sie müssen Kunden also zu deren Kenntnissen und Er- fahrungen, finanziellen Verhältnissen sowie Wünschen und Anlagezielen befragen. Auf Basis dieser Angaben hat der Berater eine Entscheidung über die Eignung bestimmter Produkte zu treffen, die dann auch zu doku- mentieren ist. Damit aber noch nicht genug. „Sagt der Versicherer dem Kunden bei Ver- tragsabschluss zu, dass er laufend überprüft, ob die Fondspolice weiterhin für ihn geeignet ist, dann muss er ihm ungefähr einmal jähr- lich einen Bericht darüber zukommen lassen“, erläutert Schwintowski. Noch Unklarheiten Ob diese Pflicht auch für Makler mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung gelten wird, steht noch nicht hundertprozentig fest. Schließlich liegt die überarbeitete Versi- cherungsvermittlungsverordnung bisher nur im Entwurf vor. „Eine delegierte Rechtsver- ordnung der EU-Kommission vom Dezember vergangenen Jahres sieht aber vor, dass auch Versicherungsvermittler die Geeignetheitsprü- fung vornehmen sollen“, sagt Schwintowski. Dann wären je nach Vertragsbedingungen auch regelmäßige Überprüfungen und Berich- te fällig. Katrin Brünhagel findet die neuen Über- wachungs- und Informationspflichten für Versicherer und Vermittler richtig gut. „Diese Regeln hätten schon vor Jahren eingeführt werden sollen“, sagt sie. „Dann hätte ich über die Fonds in meiner Police jedenfalls Be- scheid gewusst.“ ANDREA MARTENS | FP fonds & versicherung I neue betreuungspflichten Foto: © Die Hoffotografen GmbH Berlin; Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte Jens Reichow, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte: „Makler sollten über einen Fondstausch informieren.“ Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität zu Berlin: „Mit der Geeignetheitsprüfung allein ist es nicht getan.“

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