FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

Jahren durchaus zu. Jede Seite fordere die an- dere heraus und versuche herauszufinden, wie kompromissbereit sie ist und was ihre Ziele sind. „China wird möglichst nur minimalste Zugeständnisse machen, um den Präsidenten bei Laune zu halten. Trumps Minimalforde- rungen sind wie üblich noch unklar“, schätzt Miller die Lage ein. Indirekte Hemmnisse „Die von der Trump-Administration erho- benen Zölle auf Stahl- undAluminiumimporte, die viele Länder betreffen und der amerikani- schen Stahl- und Aluminiumindustrie beim Überleben helfen sollen, sind aber wohl nur der Anfang“, so Miller. Denkbar seien zusätz- liche Zölle, neue Forderungen nach Gegensei- tigkeit oder Visabeschränkungen – also eine Ausweitung der indirekten Handelshemmnis- se. Tilmann Galler von J.P. Morgan Asset Ma- nagement äußert sich ähnlich: „Der Fokus der Öffentlichkeit liegt immer auf den Zöllen. Die liegen offen da und können schön in Zahlen gegossen werden. Wir beobachten aber schon seit Jahren den Trend, wonach die indirekten Handelshemmnisse im Steigen begriffen sind“, führt der Kapitalmarktstratege aus (siehe Gra- fik-Doppelseite auf Seite 112). Wenn man sich diese Aktivitäten ansehe, komme man zu dem Schluss, dass Asien und Europa seit 2008 deutlich restriktiver vorge- hen als die USA. „Trump hat in seiner Argu- mentation, wonach die USA im Welthandel benachteiligt werden, gar nicht einmal un- recht“, so Galler. Insgesamt zeigt sich der J.P.- Morgan-AM-Stratege gelassen: „Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass die An- kündigungen härter ausfallen als die gesetzten Taten.“ Galler sieht zwei Auswirkungen, die aber eher auf langfristige und nicht so sehr auf schockartige Konsequenzen hinauslau- fen: „Entweder die Welt senkt die Zöl- le, oder die USA heben die Zölle. Letzteres wäre aber kein Krieg. Das Szenario würde nur auf ein protektio- nistischeres Umfeld hinauslaufen“, so der Manager. Nur lautes Bellen? Ins selbe Horn stößt Ross Teverson, Manager des Jupiter Global Emerging Markets Equity Unconstrained Fund bei Jupiter Asset Management: „Trump bellt lauter, als er beißt – trotz jüngster Meldungen ist ein Handels- krieg auf breiter Front zwischen den USA und China unwahrscheinlich. Zwar beobachten wir derzeit viel protektioni- stische Rhetorik, aber letztlich dürfte sich ein vernünftiges Handelsabkommen zwischen beiden Ländern durchsetzen.“ Auch andere Player am Finanzmarkt sehen die Lage relativ entspannt. Bei Wells Fargo sieht beispielswei- se Senior-Portfoliomanagerin Margie Patel keine Gefahren für Konjunktur und Märkte: „Ich glaube, am Ende werden alle Effekte die- ses sogenannten Handelskrieges wegverhan- delt werden. Deshalb habe ich keine wie auch immer gearteten Auswirkungen im Aufbau meines Portfolios berücksichtigt.“ Siehe Griechenland Doch was, wenn sich die Gelassenheit als Nachlässigkeit herausstellt? Es wäre nicht das erste Mal, dass theoretisch vernachlässigbare ökonomische Risiken große Bewegungen an den Finanzmärkten auslösten – siehe der Crash der Miniatur-Volkswirtschaft Griechen- land und seine katastrophalen Auswirkungen auf die Märkte. Auch Beobachter, die mitunter sehr dicht am Verhandlungsprozess stehen, sehen die Situation eher nicht tiefenentspannt. Ebenso wird die Prognose, dass alles „wegverhandelt wird“, nach dem Scheitern der zweiten Ver- handlungsrunde zwischen China und den USA Anfang Mai des Jahres nicht überall rückhaltlos geteilt. Nahtoderfahrungen So ortet Shane Oliver, Head of Investment Strategy bei AMP Capital Investors in Syd- ney, tiefgreifende Probleme: „Unstimmigkei- ten über Handelspraktiken, die sich über zwei Jahrzehnte aufgebaut haben, lassen sich nicht einfach so in zwei Tagen lösen.“ Er meint zwar, dass eine Beilegung des Streits letzten Endes am wahrscheinlichsten ist, warnt aber recht eindringlich vor Rückschlägen: „Die Verhandlungen werden sicherlich die eine oder andere Nahtoderfahrung machen.“ Ernsthafte Warnungen kommen vom Chi- na-Experten Brain Jackson, der für Medley Global Advisors als China Director tätig ist. „Die USA haben sich in eine enorm schwie- rige Position begeben, weil sie mit zu hohen Forderungen in die Verhandlungen gegangen sind.“ Wenn man verlangt, dass innerhalb kürzester Zeit eine Handelsbilanz um 200 Milliarden Dollar korrigiert werden soll, „dann ist das für China ein Deal-Breaker“, so der Polit-Berater. Aus chinesischer Sicht stellt sich das so dar: „Wenn jemand mit derart extremen Positionen in eine Verhandlung geht, ist es unmöglich, zu einem vernünftigen Resultat zu kommen.“ Alarmierte Exporteure Dass auch in Deutschland eher Skepsis vorherrscht, haben die zu Re- daktionsschluss vorliegenden Ifo-Zah- len zu den Exporterwartungen im ver- arbeitenden Gewerbe gezeigt – hier zeigt der Chart nach Höchstständen im Vorjahr relativ deutlich nach unten. Ebenfalls zu Redaktionsschluss be- reiteten sich die Verhandlungsteams aus den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik auf eine Fortsetzung der Handelsscharmützel vor, und zwar vor den Gremien der Welthandelsorga- nisation WTO in Genf – Fortsetzung folgt. HANS WEITMAYR | FP Erste Sorgen Der Optimismus unter den deutschen Exporteuren nimmt ab. Der Rückgang des deutschen Exportoptimismus erfolgt zwar von einem sehr hohen Niveau, ist aber nichtsdestotrotz markant. Quelle: ifo 0 5 10 15 20 25 Indexpunkte 2014 2015 2016 2017 2018 ifo Exporterwartungen im verarbeitenden Gewerbe Tilmann Galler von J.P. Morgan AM weist auf indirekte Handelshemmnisse hin, die schon seit Jahren bestehen. Foto: © Manjit Jari | J.P, Morgan 118 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 markt & strategie I handelskonflikt

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