FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018
weil von 2011 bis 2016 die Containerpreise rückläufig gewesen seien. „Trotz der sich ver- schlechternden Wirtschaftslage hatten die P&R-Gesellschaften den Anlegern in den letz- ten Jahren weiterhin die bei Vertragsschluss prognostizierten hohen Rückkaufspreise be- zahlt. Dabei wurden die vorhandenen stillen Reserven aufgebraucht“, so P&R. Außerdem habe sich der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar nachteilig entwickelt. Die Begründung klingt einigermaßen plau- sibel und ist dennoch überraschend: Denn einerseits rühmt sich P&R damit, seit über 40 Jahren für Anleger erfolgreich tätig zu sein. Andererseits ist das Containergeschäft schon immer zyklisch. Ein so erfahrenes Unter- nehmen sollte also eigentlich dazu in der Lage sein, auf Marktschwankungen mit Routine und Übersicht zu reagieren. Wem gehört was? Bei Redaktionsschluss waren die brennen- den Fragen noch offen. Es ist unklar, wie groß die Containerflotte ist. P&R sprach zuletzt von 1,25 Millionen 20-Fuß-Einheiten (TEU). Besonders knifflig ist der bevorstehende Streit, wer die Eigentümer der Container sind. Nach Angaben der vorläufigen Insolvenz- verwalter haben weniger als zehn Prozent der Anleger für die finanzierten Container Eigen- tumszertifikate erhalten. Diese mussten von den Investoren nämlich selbst angefordert werden. Nun ist unklar, ob und in welcher Weise den Anlegern die bezahlten Container zugeordnet werden können. P&R hatte jedenfalls den Willen, dass die Anleger das Eigentum erwerben. Das geht eindeutig aus den Verkaufsprospekten der jüngsten Direktinvestments hervor. Die Inves- toren tragen einerseits wirtschaftliche Risiken, wenn etwa ihre Container für ein Schadens- ereignis verantwortlich sind. Dann könnten die Anleger bei fehlendem Versicherungs- schutz „persönlich haftbar“ gemacht werden, heißt es im Prospekt. Außerdem besteht jedenfalls theoretisch das Risiko, dass die Investoren für nicht bezahlte Standgebühren von unvermieteten Containern aufkommen müssen. Andererseits gibt es eine Absiche- rung, wenn die vertraglichen Mieten nicht gezahlt werden: „Der Anleger ist nach den Bestimmungen des Kauf- und Mietvertrags berechtigt, die (…) Erlöse aus dem Untermiet- verhältnis mit der P&R Equipment & Finance Corp. geltend zu machen und einzuziehen.“ Eine der entscheidenden Fragen ist, ob die deutschen P&R-Gesellschaften rechtmäßige Eigentümer der Container waren, die an die Anleger verkauft wurden. Offen ist auch, ob den P&R-Kunden rechtmäßig das Eigentum übertragen wurde. Zur Klärung der Ansprüche der Anleger wird – womöglich in einem lan- gen Rechtsstreit – geprüft, inwieweit es recht- liche Gründe gab, die der wirksamen Eigen- tumsübertragung entgegenstanden. Dabei müssen auch ausländische Rechtsordnungen berücksichtigt werden, weil die Container im Ausland hergestellt, ausgeliefert und vermietet wurden und weil P&R die Container in der Schweiz verwaltet. Zerschlagen oder behalten? In den ersten Wochen der Insolvenz geht es auch um die Stabilisierung des Geschäfts- betriebs. Die Container verdienen nur Geld, wenn sie störungsfrei im Einsatz sind. Nach Abschluss der Bestandsaufnahme muss geklärt werden, wie es mit der Containerflotte weitergeht. Zu ihren Plänen haben sich die vorläufigen Insolvenzverwalter noch nicht geäußert. Für die Entscheidung, ob die Con- tainer zügig verkauft oder zunächst weiter gemanagt werden sollen, sind Sachverstand und Weitblick notwendig. „Deshalb gehören in die Gläubigerausschüsse idealerweise insolvenzrechtliche Expertise und profunde Kenntnisse des Containermarktes“, meint Rechtsanwalt Daniel Blazek, Partner der Kanzlei BEMK Rechtsanwälte. Die Anleger können die Gläubigerausschüsse nach Eröff- nung der Insolvenzverfahren wählen. Die Gläubigerversammlung dürfte aber erst im Herbst stattfinden. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Daniel Blazek, Rechtsanwalt: „Es sind insolvenzrechtliche Expertise und profunde Marktkenntnisse gefragt.“ Die Chronologie der P&R-Insolvenz Februar 2017: P&R bringt das erste Container-Direktinvestment mit einem Prospekt gemäß Vermögensanlagengesetz auf den Markt. Sommer 2017: P&R verlängert bei den laufenden Investments die Frist für die Auszahlung der Mieten an die Anleger von 30 auf 60 Tage. Private Placements sollen davon ausgenommen gewesen sein. 2. März 2018: FONDS professionell ONLINE berichtet als erstes Fachmedium über einen Zahlungsverzug bei P&R. 8. März 2018: P&R stellt den Vertrieb der aktuellen Produkte ein. 15. März 2018: Die P&R Container Leasing GmbH, die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs GmbH und die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs GmbH melden Insolvenz beim Amtsgericht München an (Az. 1542 IN 727/18, Az. 1542 IN 728/18 und Az. 1542 IN 726/18). 19. März 2018: Das Gericht bestellt die Rechtsanwälte Michael Jaffé und Philip Heinke (beide Kanzlei Jaffé Rechtsanwälte) als vorläufige Insolvenzverwalter. 19. März 2018: Nach wochenlanger Funkstille gibt P&R eine schriftliche Presseerklärung ab. Das Unternehmen berichtet von mehr als 51.000 betroffenen Anlegern. 21. März 2018: Die Staatsanwaltschaft München I leitet von Amts wegen ein sogenanntes Vorprüfungsverfahren ein. Geprüft wird das Vorliegen eines Anfangsverdachts der Insolvenzverschleppung. Mitte April 2018: Das Gericht bestellt die vorläufigen Gläubigerausschüsse für die drei insolventen Gesellschaften. 17. April 2018: Die vorläufigen Insolvenzverwalter berichten, dass sie von den vorläufigen Gläubigerausschüssen in ihren Ämtern bestätigt worden seien. Die Bestandsauf- nahme und die Analyse der Zahlen würden angesichts der großen Zahl an Containern und der rechtlichen Komplexität noch einige Zeit in Anspruch nehmen. 26. April 2018: Die P&R Transport-Container GmbH, die seit 2017 Emittentin der neuen Direktinvestments nach dem Vermögensanlagengesetz ist, und die P&R AG melden Insolvenz an (Az. 1542 IN 1127/18 und 1542 IN 1128/18). Das Gericht bestellt wieder die Rechtsanwälte Michael Jaffé und Philip Heinke als vorläufige Insolvenzverwalter. 27. April 2018: Die vorläufigen Insolvenzverwalter erklären, dass von den weiteren Insolvenzen rund 14.900 Anleger betroffen seien. 95 Prozent dieser Investoren hätten auch Verträge mit den seit März insolventen Gesellschaften. Quelle: P&R AG München, eigene Recherche 159 www.fondsprofessionell.de | 2/2018
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